App soll Therapieerfolg sichern

© smartpatient

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Für jeden Patienten ist es wichtig, seine Medikamente richtig einzunehmen – das gilt vor allem für ältere und chronisch Kranke. Hier hilft die App „MyTherapy“. Sie ist aber weit mehr als nur ein „Tablettenwecker“.

Folgen mangelnder Therapietreue

Jedes Jahr sterben in Europa bis zu 200.000 Menschen früher als nötig, weil sie die Therapievorgaben ihres Arztes nicht richtig oder nur unzureichend befolgen. So eine Schätzung des 2012 abgeschlossenen EU-Projekts „Ascertaining Barriers for Adherence“ (deutsch „Ermittlung von Grenzen der Adhärenz“).

Die Hälfte aller verschriebenen Medikamente wird laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) falsch eingenommen oder sie werden sogar ganz vergessen. Die neue App „MyTherapy“ des Münchner Unternehmens smartpatient will das ändern.

Kreuz für Kreuz ans Ziel

„Wer zehn Tabletten am Tag nimmt und dazu noch seinen Blutdruck im Auge behalten muss“, meint Julian Weddige, einer der Gründer von smartpatient,, „kann schon mal was vergessen.“ Ein Problem, das vor allem ältere und chronisch kranke Menschen betrifft.

„Die App funktioniert wie eine To-do-Liste“, erklärt Weddige „die über den Tag hinweg geleert wird.“ Und dabei geht es nicht nur um die pünktliche Einnahme von Medikamenten. Auch an andere Therapievorgaben wie das Messen des Blutzuckers kann die App erinnern. Hat der Nutzer seine Tablette genommen oder seinen Spaziergang gemacht, setzt er ein Kreuz und die Aufgabe ist erledigt. Vergisst er ein To-do, gibt es einen Vibrationsalarm.

Wenn der Nutzer möchte, kann er die Vitalwerte, die er über die Woche hinweg gemessen hat, auch wie in einem Tagebuch dokumentieren. Die Entwicklung seines Blutdrucks wird dann anhand einer leicht verständlichen Kurve dargestellt. „Das ist eine Funktion, die auch für den Arzt interessant ist“, sagt Julian Weddige: „So sieht er auf einen Blick, ob die Therapie anschlägt oder nicht, und kann mit seinem Patienten das weitere Vorgehen besprechen.“

Eine App für jedes Alter

Um sicherzugehen, dass MyTherapy für jede Altersgruppe geeignet ist, haben smartpatient und die Berliner Universitätsklinik Charité eine Pilotstudie durchgeführt. Über mehrere Wochen hinweg haben Wissenschaftler der in der Forschungsgruppe Geriatrie angesiedelten Arbeitsgruppe „Alter & Technik“ die App gemeinsam mit einer Reihe über 60-Jähriger getestet. Das Ergebnis: Die Patienten nahmen nicht nur ihre Medikamente pünktlich ein, sie fühlten sich auch psychisch besser.

„Durch die Checkliste der App hatten die Teilnehmer das Gefühl, ihre Therapie im Griff zu haben“, erklärt Professor Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Leiterin der Forschungsgruppe der Charité. Viele der Senioren waren so von der App begeistert, dass sie sich im Anschluss selbst ein Smartphone kauften und MyTherapy installierten.

Seit Mai 2015 läuft in der Charité eine weitere Studie. Diese überprüft, ob die App den Patienten auch langfristig nützt. Für Julian Weddige steht das Ergebnis jetzt schon fest: „Bislang haben wir von unseren Nutzern nur Positives gehört“, sagt er, „außerdem entwickeln wir die App täglich weiter.“ Seit Neustem lassen sich in der To-do-Liste auch Pause-Tage einstellen – eine Funktion, die sich vor allem Nutzer mit Parkinson gewünscht haben.

 

Das Unternehmen smartpatient

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Die smartpatient GmbH wurde 2012 von Sebastian Gaede, Philipp Legge und Julian Weddige in München gegründet. Finanziert wird das Start-up durch die Kooperation mit Industriepartnern – mitunter auch Pharmaunternehmen. Daten der Nutzer werden jedoch nicht weitergegeben.

2014 erhielt das Unternehmen smartpatient zusammen mit der Arbeitsgruppe „Alter & Technik“ der Charité Universitätsmedizin Berlin den SilverStar-Förderpreis der Berlin-Chemie AG. 2015 wurde smartpatient gemeinsam mit dem Klinikum rechts der Isar in München mit dem Felix Burda Award für die beste Präventionsidee ausgezeichnet.

„MyTherapy“ kann bei iTunes und Google Play kostenlos heruntergeladen werden.