Gewalt im Job: Viele Pflegekräfte schweigen aus Scham

Ein Patient kratzt, droht oder beißt: Viele Pflegekräfte haben so etwas schon einmal erlebt. Für die Betroffenen ist das unangenehm. Nach besonders schlimmen Vorfällen will mancher gar nicht mehr zur Arbeit gehen. Wie geht man mit so etwas am besten um?

Es ist nach wie vor ein Tabu: Alten- und Krankenpfleger erleben immer wieder Gewalt am Arbeitsplatz. Manchmal drohen Patienten, mitunter werden sie aber auch handgreiflich. „Viele schweigen nach so einem Vorfall“, sagte Deeskalationstrainer Christian Otto im Gespräch. Er coacht etwa das Personal in Altenheimen zum Thema. Die Betroffenen schämen sich, und viele haben auch die Sorge, etwas falsch gemacht zu haben. Dabei ist es seiner Erfahrung nach wichtig, sich mit den Kollegen zu besprechen. Das entlastet, und gemeinsam lässt sich auch häufig besser analysieren, woran es in der bestimmten Situation gelegen hat, dass es so weit kommen konnte.

Gefragt sind aber auch die Vorgesetzten. Häufig komme es zu solchen Situationen, wenn die Abteilung völlig überlastet und die Zeit knapp ist, sagte Otto. Gibt es dann Schwierigkeiten mit einem Patienten, weil der zum Beispiel deutlich länger für etwas braucht, als dafür Zeit eingeplant war, wird das Personal ungeduldig – und der Patient wiederum wertet das als mangelnde Wertschätzung. Dann kann die Situation eskalieren. Die Vorgesetzten sollten deshalb dafür sorgen, dass der Dienstplan von Anfang an verhindert, dass es solche Überlastungssituationen gibt.

Kommt es zu einem Übergriff, sollten sich Betroffene nicht scheuen, das Thema mit psychologischer Hilfe aufzuarbeiten. Das verhindert mitunter, dass sie ein Trauma entwickeln. Arbeitnehmer könnten sich etwa an die Berufsgenossenschaft wenden, riet Otto.

Wer sich für das Thema interessiert, findet Tipps zum Thema auch in einer neuen Broschüre der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege unter www.bgw-online.de/gewalt.

Quelle: dpa