Mit geriatrischer Reha länger selbstständig bleiben

© picture alliance/chromorange

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Möglichst ohne fremde Hilfe auskommen, am besten in der eigenen Wohnung: So wollen die meisten Senioren leben. Erkrankt ein älterer Mensch, droht das den Plan zu durchkreuzen. Eine geriatrische Reha hilft, wieder auf die Beine zu kommen.

Meist beginnt es mit einem Sturz – beim Einsortieren der frischen Wäsche oder auf dem Weg in den Keller. Bei älteren Menschen kann es leicht passieren, dass dabei zum Beispiel der Oberschenkelhals kompliziert bricht. Nach der Operation fällt jede Bewegung schwer, ans Zurückkehren in die eigene Wohnung ist gar nicht zu denken. Statt einer normalen Reha können ältere Patienten dann eine geriatrische Reha beantragen. Sie hat viele Vorteile. Doch die meisten wissen gar nicht, dass es so etwas gibt.

Die Geriatrie, auch Altersmedizin genannt, ist erst seit 30 Jahren in Deutschland etabliert. Sie befasst sich mit den speziellen Erkrankungen oder Unfallfolgen von älteren Menschen. „In einer geriatrischen Klinik richtet ein Team von Experten den Blick nicht nur auf die eine Erkrankung des Patienten, sondern gesehen werden der Mensch und sein Umfeld als Ganzes“, erklärt Dirk van den Heuvel, Geschäftsführer des Bundesverbands Geriatrie. So können sich etwa hinter dem Sturz eines Patienten viele gesundheitliche Probleme verbergen: Manch einer sieht nicht mehr gut, andere haben Gehprobleme.

Patienten haben einen Rechtsanspruch auf eine geriatrische Reha

Was genau zum Beispiel zu einem Sturz geführt hat, wird im Rahmen einer geriatrischen Reha von verschiedenen Fachleuten ausgelotet. Dazu muss der Patient Fragebögen ausfüllen und an Tests teilnehmen. Anhand der Ergebnisse wird entschieden, wie es mit der Behandlung weitergeht. Unter dem Dach einer geriatrischen Klinik arbeiten viele Experten zusammen – angefangen von Ärzten und Pflegern über Physiotherapeuten und Ergotherapeuten bis hin zu Psychologen, Sozialarbeitern und Logopäden. Stellt sich beispielsweise heraus, dass die Einnahme von mehreren Medikamenten unerwünschte Nebenwirkungen hat, die Stürze begünstigen, dann passen Ärzte den Medikamentenplan des Patienten an.

„Ziel einer Behandlung in einer geriatrischen Klinik ist es, die Selbstständigkeit eines Patienten zu erhalten beziehungsweise wieder herzustellen“, betont der Mediziner Michael Musolf. Er ist Chefarzt in der Klinik für Geriatrie und Physikalische Medizin am Evangelischen Amalie Sieveking-Krankenhaus in Hamburg. Es geht also nicht nur um das akute Problem. Die Fachleute schauen auch, wo der Patient noch gefördert werden muss, um so selbstständig wie möglich in den Alltag zurückzukehren. „Ist der Patient etwa infolge eines Sturzes behindert, dann werden ihm Wege aufgezeigt, wie er damit umgehen kann“, erklärt Musolf. Psychologen helfen, sich mit der neuen Situation zu arrangieren.

Patienten mit altersbedingten Krankheiten und Beeinträchtigungen haben einen Rechtsanspruch auf eine geriatrische Reha, sagt Bettina Sauer von der Stiftung Warentest in Berlin. Allerdings wissen ihr zufolge die wenigsten, dass es sie überhaupt gibt. Eine geriatrische Reha kann ambulant, stationär oder mobil erfolgen. Im letzten Fall kommen die Therapeuten direkt zum Patienten nach Hause. Beantragen kann eine geriatrische Reha, wer älter als circa 70 Jahre ist und zum Beispiel eine Herz-Kreislauferkrankung oder eine Atemwegserkrankungen hat. Auch schmerzende Gelenke oder Parkinson wären Gründe, genauso wie Probleme bei der Körperpflege oder im Haushalt. „Meist kommt aber ein akuter Anlass hinzu, ein Herzinfarkt, Schlaganfall, Bruch oder Gelenkersatz“, sagt Sauer.

Die Einrichtung sollte wohnortnah sein

Wer nicht genau weiß, ob eine solche Reha infrage kommt, kann das mit dem Hausarzt besprechen. Ohnehin muss ein Arzt die Reha verordnen. „Im Antrag sollte ausdrücklich ‚geriatrische Reha’ stehen“, rät Sauer. Die unterscheidet sich nämlich durch ihren ganzheitlichen Ansatz von einer normalen Reha. Außerdem muss genau drinstehen, welche Krankheiten und Einschränkungen der Patient hat.

Weil die geriatrische Reha vergleichsweise teuer ist, wird sie manchmal von den Krankenkassen abgelehnt. „Dann hilft ein Anruf beim Sachbearbeiter“, sagt Sauer. Der Patient kann auch formal Widerspruch einlegen – mit Unterstützung des antragstellenden Arztes, des Sozialdienstes der Klinik oder der gewählten Reha-Einrichtung. „Bei der Wahl einer Wunsch-Klinik sollten Patienten darauf achten, dass der ärztliche Leiter ein Geriater, mit Altersmedizin also bestens vertraut ist»“ rät van den Heuvel. Die Einrichtung sollte zudem wohnortnah sein – denn so lässt sich am besten mit ambulanten Dienstleistern die Zeit nach der Reha organisieren.

Von Sabine Meuter (dpa)