Expertin: Enges Einwickeln in Tücher könnte Baby-Hüften schaden 

Das enge Einwickeln mit Tüchern bis zum Hals soll Säuglinge beruhigen. Es kann nach Angaben einer Expertin jedoch auch zu Hüftschäden führen. Eltern sollten beim Pucken daher auf eine bestimmte Bewegungsfreiheit der Kinder achten.

Gefährliche Einschlafhilfe? Durch das enge Einwickeln von Säuglingen in Tücher steigt aus Sicht einer Expertin das Risiko für Fehlstellungen der Hüfte. „Wir haben mittlerweile eine ganze Menge an guter Literatur, die zeigt, dass das Pucken ein Problem ist“, sagte die Kinderorthopädin Tamara Seidl, Expertin der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (Degum), der Deutschen Presse-Agentur. Bei dem Einwickeln von den Füßen bis zum Hals wirkten Kräfte auf die Hüfte, die deren natürliches Wachstum einschränkten. Das Gelenk reife dann nicht normal aus. Unbehandelt könne es sein, dass die Kinder später hinken.

Die Wickeltechnik soll helfen, Babys zu beruhigen. Befürworter argumentieren, die Kinder fühlten sich an die Zeit im Mutterleib erinnert. Neu ist die Technik nicht. Seidl sagte, in den vergangenen Jahren hätten Hebammen sie verstärkt wieder Eltern von Schreikindern empfohlen. An Ärzten sei das weitgehend vorbeigegangen.

In der Türkei gingen Hüftprobleme nach besserer Aufklärung

Seidls Kritik richtet sich gegen das komplette Einwickeln des Babys in Tücher, wobei die Beine gestreckt aneinandergedrückt werden. Unbedenklich sei die Verwendung eines Puck-Sackes, der nur am Oberkörper eng anliege, den Beinen aber ausreichend Bewegungsfreiheit lasse. Blieben die Beine in leicht abgespreizter, gebeugter Position, könne die Hüfte problemlos ausreifen.

In Deutschland fehlt es nach Seidls Angaben bislang an Daten zu dem Thema. Sie beruft sich auf Erfahrungen aus Japan und der Türkei: Dort sei belegt, dass verschiedene Hüftprobleme bei Säuglingen nach großen Aufklärungskampagnen deutlich seltener aufträten. Auch in einer aktuellen kanadischen Studie zu verspätet diagnostizierten Hüftluxationen (ausgerenkten Hüften) auf drei Kontinenten werde das Pucken als großer Risikofaktor gesehen, so Seidl.

Seit 1996 werden die Hüften von vier bis fünf Wochen alten Säuglingen laut Degum routinemäßig bei der dritten Vorsorgeuntersuchung (U3) per Ultraschall auf mögliche Fehlstellungen überprüft. „Das Problem ist: Wenn eine Mutter nach der U3 anfängt zu pucken, kriegen wir es in der Regel nicht mehr mit“, sagte Seidl.

Pucken ist nicht gleich pucken

Im Osten Deutschlands wurde Hüftproblemen bei Babys früher mit Spreizhosen und sogenanntem breitem Wickeln, zum Beispiel mit zwei Windeln, vorgebeugt. Das sei unbedenklich gewesen, so Seidl. Aus kinderärztlicher Sicht waren Kinder jedoch überversorgt: „Es hat einfach jeder eine Therapie bekommen, auch wenn sie gar nicht nötig war“, sagte der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske.

Einen Anlass, das Pucken zu verteufeln sieht er bislang nicht: „Pucken ist nicht gleich pucken“, sagt Maske. Solange dem Kind nicht jegliche Bewegungsfreiheit genommen werde, gebe es eher Vorteile: „Das Pucken kann hilfreich sein, zum Einschlafen und Durchschlafen zum Beispiel.“

Quelle: dpa