Fünf vergessene Krankheiten im Schnellcheck

Aus den Augen, aus dem Sinn: Krankheiten wie Syphilis, Tuberkulose oder die Pest gelten gemeinhin als ausgestorben. Tatsächlich gehören sie nicht in die Annalen der Geschichte, sondern treten auch heute noch auf – nicht nur in Entwicklungsländern, sondern gelegentlich auch in Deutschland. Fünf vergessene Krankheiten und ihre Geschichte im Schnellcheck.

1. Syphilis

Syphilis ist eine infektiöse Geschlechtskrankheit, die über das Bakterium Treponema pallidum übertragen wird. Dies geschieht in der Regel beim Sex durch den Kontakt der Schleimhäute. In der Literatur wird Syphilis daher auch die „Lustkrankheit“ genannt. Erste Symptome sind Geschwüre im Genitalbereich oder im Mund, die eine ansteckende Flüssigkeit absondern. Vermutet wird, dass der Entdecker Christopher Kolumbus und seine Mannschaft die Syphilis durch ihre Expeditionen nach Europa einschleppten. In den 1920er Jahren entdeckte Sir Alexander Fleming das Penicillin. Seitdem ist die Infektion gut behandelbar.

„Syphilis“ von Richard Cooper © Wellcome Library, London, Wikimedia Commons, lizenziert unter CC BY 4.0

Heute:
Mit der Ausbreitung von AIDS und großen Kampagnen für Safer Sex in den 1980er Jahren ging die Zahl der Erkrankten immer stärker zurück. Laut dem Robert Koch-Institut steigt die Anzahl der Infizierten seit 2010 wieder kontinuierlich an. Ein Grund sehen Experten darin, dass immer Menschen beim Geschlechtsverkehr keine Kondome mehr benutzen. Gerade in der Partyszene von Großstädten wird auf Safer Sex oft verzichtet.

 

2. Pest

Die Pest wird durch das hoch ansteckende Bakterium Yesinia pestis ausgelöst. Das Bakterium besiedelt meist Flöhe, die auf Ratten leben. Beißen sie den Menschen, übertragen sie die Beulenpest. Die Lymphknoten der Betroffenen schwellen an und durch die Nekrosen verfärbt sich die Haut an der Bissstelle meist bläulich-schwarz. Die Beulenpest wurde daher auch als „schwarzer Tod“ bezeichnet. Ein anderer Übertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch; diese führt zur Lungenpest. Zwischen 1347 und 1352 starb rund ein Drittel der europäischen Bevölkerung an der Pest. Zuverlässige Opferzahlen liegen nicht vor. Schätzungen schwanken zwischen 20 und 50 Millionen Toten. Einen Impfstoff gibt es bis heute nicht. Bei frühen Diagnosen ist die Pest mittlerweile jedoch gut mit Antibiotika heilbar.

„The Pestilence“ von Hugh Breckenridge © Pennsylvania Academy of the Fine Arts, Wikimedia Commons

„The Pestilence“ von Hugh Breckenridge © Pennsylvania Academy of the Fine Arts, Wikimedia Commons

Heute:
Dank besserer Abwassersysteme und Hygienebedingungen werden in Europa kaum noch Fälle von Pest gemeldet. In Ländern wie Madagaskar, Kongo oder Indien tritt die Infektion hingegen nach wie vor auf. Seit einigen Jahren werden Flöhe zudem zunehmend resistent gegen bestimmte Insektizide, die zu der Bekämpfung der Infektion eingesetzt werden.

 

© Basilio Cascella

© Basilio Cascella

3. Tuberkulose

Jahrhundertelang war Tuberkulose (Tbc), früher auch als Schwindsucht bekannt, nicht heilbar. Wer die Infektion durch das Bakterium Tuberculum überlebte, hatte schlichtweg Glück oder ein außerordentlich gutes Immunsystem. Die Krankheit wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und befällt meist die Lunge (pulmonale Tbc). Erste Symptome sind andauernder Husten, Appetitverlust und Müdigkeit. Im Jahr 1882 entdeckte der Arzt und Bakteriologe Robert Koch den Erreger. 1906 entwickelten die Wissenschaftler Albert Calmette und Camille Guérin den ersten Impfstoff gegen die Krankheit, den Bacille Calmette-Guérin (BCG). Allerdings wird die BCG-Impfung aufgrund der umstrittenen Wirksamkeit und der Nebenwirkungen seit 1998 nicht mehr von der Ständigen Impfkommission empfohlen. Stattdessen wird die Krankheit heute mit Antibiotika behandelt.

Heute:
In Indonesien und China treten immer wieder Tbc-Neuinfektionen auf. Auch in Deutschland meldet das Robert Koch-Institut rund 4500 Neuinfektionen pro Jahr; im Jahr 2014 starben etwa 100 Menschen durch Tuberkulose. In Osteuropa, aber auch in Deutschland haben Wissenschaftler zudem die ersten gefährlichen multiresistenten Erregerstämme entdeckt – in solchen Fällen zeigen die bislang bewährten Medikamente keine Wirkung.

 

 

 

4. Krätze

Der Name der Hautkrankheit klingt nach Mittelalter, nach verdreckten Kleidern und ungewaschenen Körpern. Tatsächlich tritt die Krätze auch heute noch regelmäßig auf. Verursacht wird die Krankheit nicht durch mangelnde Hygiene, sondern durch die sogenannte Krätzmilbe Sarcoptes scabiei. Gelangt eine befruchtete weibliche Milbe auf die Haut eines Menschen, gräbt sie sich in die Epidermis, legt dort in Kanälen ihre Eier ab und kotet. Durch die Infektion beginnt die Haut zu jucken und zu brennen. Oft bilden sich auch Pusteln. Verbreiten tut sich die Krätzmilbe meist durch engen Körperkontakt.

Little Boney gone to Pot von George Cruikshank © Wikimedia Commons

Little Boney gone to Pot von George Cruikshank © Wikimedia Commons

Heute:
Weltweit rechnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit bis zu 300 Millionen Infizierten jährlich. Wie viele Fälle es in Deutschland gibt, ist nicht bekannt, da hierzulande nur Gemeinschaftseinrichtungen Ausbrüche der Krankheit melden müssen. Betroffen sind meist Pflege- und Altenheime, aber auch Kindergärten. Mit Medikamenten ist die Krätze heute gut behandelbar.

 

5. Polio

Bis vor 50 Jahren trat die Infektionskrankheit Poliomyelitis, kurz Polio, in Deutschland regelmäßig auf. Verursacht wird Polio durch einen Virus der Familie der Picornaviridae. Das Poliovirus befällt in der Regel die muskelsteuernden Nervenzellen des Rückenmarks, was zu bleibenden Lähmungen oder sogar zum Tod führt. Das Virus wird hauptsächlich fäkal-oral übertragen. Es wird über den Stuhl ausgeschieden. Gelangt es in das Trinkwasser oder in Lebensmittel, kann das Virus über den Mund aufgenommen werden. In den frühen 1960er Jahren entwickelte der Arzt und Virologe Albert Sabin eine wirkungsvolle Schluckimpfung.

Boceto para „Triste herencia“ von Joaquín Sorolla © Sotheby's, London, Wikimedia Commons

Boceto para „Triste herencia“ von Joaquín Sorolla © Sotheby’s, London, Wikimedia Commons

Heute:
Im Jahr 2002 erklärte die WHO Europa für frei von Kinderlähmung. Laut dem Robert Koch-Institut tritt Polio heutzutage gehäuft nur noch in Afghanistan und Pakistan auf. Doch auch in diesen Ländern verzeichnet die WHO für das Jahr 2015 mit 51 Neuinfizierten einen historischen Tiefstand. Bis 2018 will die WHO die Ausrottung der Krankheit weltweit erreichen.