Gelenkschonend Sport treiben – So geht’s! 

Gelenkschonend Sport treiben – So geht's!

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Nicht zu hart, nicht zu heftig, nicht zu plötzlich: Stoßbelastungen sind für die Gelenke Gift. Doch mit der richtigen Umsetzung, der nötigen Vorsicht und der einen oder anderen Abwandlung ist sportliche Aktivität auch bei Gelenkschmerzen möglich.

Handgelenk, Fußgelenk, Schultern, Knie, Hüfte, Ellenbogen, Wirbelsäule: Der menschliche Körper besteht aus gut 140 Gelenken. Bei vielen Menschen funktionieren sie einwandfrei. Wo solche Strukturen verbaut sind, können sie aber auch Schaden nehmen. Arthrose und Rheuma sind die bekanntesten Gelenkerkrankungen. Aber auch Überlastung kann den Gelenken schaden. Die gute Nachricht: Sport ist trotzdem meist möglich. „Der Gelenkknorpel darf und soll belastet werden, aber auf die richtige Weise“, erklärt Professor Sven Ostermeier von der Orthopädischen Gelenk-Klinik Gundelfingen bei Freiburg.

Man müsse sich den Knorpel vorstellen wie einen mit Wasser gefüllten Schwamm. „Nicht nur Jesus kann auf Wasser gehen, wir tun es jeden Tag!“ Sobald jemand ein Gelenk belastet, wird der Schwamm minimal zusammengedrückt, etwas Flüssigkeit tritt in den Gelenkspalt: „Das wirkt wie ein Schmiermittel und ermöglicht uns das Laufen“, erklärt der Orthopäde und Sportmediziner. Das Problem: Je länger sich der Schwamm in einer Position befindet, desto mehr wird er ausgedrückt. „Wenn der Knorpel an einer Stelle immer wieder belastet wird, geht er kaputt.“

Viele Menschen haben ein „Problemgelenk“

Harte, unvermittelte Stoßbelastungen sowie Sportarten, die das Gelenk zu lange in einer Position belassen, sind daher ungünstig. Wer bereits Arthrose oder andere Gelenkschädigungen hat, sollte sich Sportarten aussuchen, bei denen wenig belastende Bewegungen ausgeführt werden. Das Paradebeispiel: Schwimmen. „Das verringert das eigene Körpergewicht, entlastet die Gelenke also noch“, sagt Ostermeier.

Für Übergewichtige sei auch Aquagymnastik die perfekte Sportart, rät Professor Daniel Kaptain von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken. Durch den Wasserwiderstand ist es sehr effektiv, ohne die Gelenke zu sehr zu belasten.

Doch auch außerhalb des Wassers kann man gelenkschonend fit bleiben: „Fahrradfahren, Übungen mit dem Theraband, Gymnastik“, zählt Melanie Krieg auf, Physiotherapeutin aus Neu-Isenburg und Geschäftsführerin der Rheuma-Liga Hessen. Sie weiß, dass viele Menschen ein „Problemgelenk“ haben. In dem Fall klären sie am besten mit dem Arzt, wie ernsthaft das schmerzende Gelenk eingeschränkt ist. Dann gilt es Sportarten zu meiden, die genau dieses Gelenk belasten: „Beim Knieschmerz Joggen oder bei Schulterschmerzen Schlagsportarten wie Tennis.“

Die Gelenke selbst lassen sich nicht trainieren, stellt die Physiotherapeutin klar. Aber die umgebenden Strukturen zu stärken, tut auch dem Gelenk selbst gut. „Es gibt spezielle Übungen, die diese Strukturen kräftigen, die das Gelenk entlasten, verkürzte Muskeln dehnen und eine verkrampfte Muskulatur lockern“, sagt Krieg.

Wer seine angestammte Sportart nicht aufgeben möchte, kann sie bei Gelenkproblemen auch modifizieren. Bei Knieproblemen sei zum Beispiel Walken oft die bessere Wahl als Joggen, sagt Sportwissenschaftler Kaptain. Wer partout nicht aufs Joggen verzichten will, dem empfiehlt Ostermeier, auf den richtigen Untergrund zu achten. Bei Asphalt fehle der Federeffekt, was die Kniegelenke stark belaste. Beim Waldboden könnten Wurzeln zum Umknicken führen. „Perfekt wäre ein Feldweg, der Federung bietet, aber nicht zu viele Hindernisse bereithält.“ Bei Arthrose sei Laufen generell nicht so geeignet, sagt Kaptain.

Gerätetraining ist besser als sein Ruf

Manch einer hat aber auch ohne bekannte Ursache nach jeder Laufrunde Knieschmerzen. In dem Fall kann eine Analyse Klarheit schaffen. Ab wann beginnen die Schmerzen? Ist das Knie instabil? Ist vielleicht die Technik fehlerhaft? Um dem Schmerz auf die Spur zu kommen, rät Kaptain, langsam zu starten: zwei Minuten joggen, zwei Minuten gehen, insgesamt unter dreißig Minuten. Wer dreißig Minuten ohne Schmerzen absolviert hat, kann in der nächsten Woche 31 Minuten laufen, dann 32 – bis der Körper an die Belastung gewöhnt ist.

Was beim Joggen das Knie ist, sind beim Yoga oft die Handgelenke: Schwachpunkte nämlich, die gefährlich werden können. Die Beweglichkeit ist auch abhängig von der persönlichen Gelenkstruktur – darum stößt jeder früher oder später an seine persönlichen Grenzen. „Sobald man merkt, dass es weh tut, sollte man aufhören“, appelliert Kaptain. „Die Dosis macht das Gift.“ Am besten fragt man den Trainer, wie sich die Übung abändern lässt, damit die Handgelenke nicht schmerzen.

Besser als sein Ruf für Gelenke ist das Gerätetraining im Fitnessstudio. „Ausgeführt werden sollte es nur mit fachlicher Begleitung durch Trainer oder Therapeuten“, sagt Physiotherapeutin Krieg. Ein gutes Fitnessstudio, eine gute Anamnese und eine gute Betreuung: Diese Voraussetzungen sieht auch Daniel Kaptain als Muss. Dann könnten alltagstaugliche Bewegungsmuster wie das richtige Heben, Tragen von Lasten, Kniebeugen auf diese Weise trainiert werden.

Denn für den Sportwissenschaftler steht fest: „Es gibt kaum einen körperlichen Zustand, in dem man sich auf lange Sicht nicht bewegen darf.“ Entscheidend sei die Dosierung. Und: „Dass man merkt, es geht mir hinterher besser als vorher.“

Von Ines Schipperges (dpa)