Gesetz gegen korrupte Ärzte

Es ist der zweite Anlauf, umfassend per Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen vorzugehen. Der Bundesgerichtshof hatte vor drei Jahren erhebliche Lücken festgestellt.

Die Ärzteschaft war nicht sonderlich erbaut, als die große Koalition den Kampf gegen Korruption im Gesundheitswesen wieder auf die Tagesordnung setzte. Von Generalverdacht gegen eine Berufsgruppe war die Rede. Justizminister Heiko Maas (SPD) hält dem entgegen, es gebe nun mal einige “Schwarze Schafe”. Und nur gegen diese richte sich sein Entwurf. Im Übrigen gebe es auch für andere Berufsgruppen wie Richter spezielle Korruptionstatbestände.

Wer kann sich im Gesundheitswesen künftig strafbar machen?

Der Gesetzentwurf erfasst grundsätzlich alle Heilberufe. Dazu gehören laut Justizministerium neben Ärzten, Zahnärzten und Apothekern auch Tierärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder-Psychotherapeuten sowie Gesundheitsfachberufe wie Gesundheits- und Krankenpfleger, Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten. Auf der Geberseite – etwa Pharmafirmen oder Medizingerätehersteller – riskiert künftig jeder eine Strafverfolgung, der besticht.

Was ist künftig strafbar?

Der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes von 2012 lag ein Fall zugrunde, bei dem eine Pharmareferentin Vertragsärzte durch Prämien zur bevorzugten Verordnung von Präparaten veranlassen wollte. Die Prämienzahlungen wurden als angebliches Honorar für wissenschaftliche Vorträge dargestellt. Laut Ministerium können sich Patienten in solchen Fällen “nicht darauf verlassen, dass die Verordnungsentscheidung tatsächlich auf medizinischen Erwägungen beruht”. Auch verstoße dies gegen den Wettbewerb.

Wann nimmt man unerlaubt einen Vorteil?

Die Annahme von Vorteilen soll laut Ministerium künftig erst dann bestraft werden, wenn sie Gegenleistung für eine Bevorzugung ist. “Es ist also stets eine Verknüpfung von Vorteil und Pflichtverletzung erforderlich.” Beispiele sind eben Zahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte für die bevorzugte Verordnung von Medikamenten oder “Kopfgelder” für die Zuweisung von Patienten an ein bestimmtes Krankenhaus.

Niedergelassene Ärzte dürfen aber weiterhin Geschenke von Patienten für eine erfolgreiche Behandlung annehmen.

Das Ministerium stellt ausdrücklich klar, dass Vorteile, die im Rahmen zulässiger beruflicher Kooperationen gewährt werden, auch künftig nicht strafbar sind. Etwa wenn ein niedergelassener Arzt mit einem Krankenhaus vertraglich geregelt hat, dass er dort ambulant operieren kann.

Wer darf Strafantrag stellen?

Bestechlichkeit und Bestechung werden nur auf Strafantrag verfolgt – es sei denn, es liegt ein besonderes öffentliches Interesse vor, dann kann auch ein Einschreiten der Behörden von Amts wegen geboten sein.

Strafanträge können die Patienten selbst sowie Wettbewerber, Kammern und Berufsverbände stellen. Auf Betreiben von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wurde der Kreis auf die gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegekassen erweitert.

Zahnloser Tiger?

In den Heilberufen ist es grundsätzlich sehr schwer, einen Fehler nachzuweisen oder eben auch Bestechung. War das Arzneimittel nötig oder hätte es auch ein anderes getan? Hat der Arzt einen Vorteil gehabt, hat ihn der Pharmavertreter gelockt? Fragen, die nicht so leicht zu klären sind. Gleichwohl kann man davon ausgehen, dass das Gesetz abschreckende Wirkung hat. Wenn erst einmal die Staatsanwaltschaft vor der Tür steht, kann es unangenehm für Arzt, Apotheker oder Pfleger werden. Die Neuregelungen sollen also ein Signal sein, dass Korruption im Gesundheitswesen nicht mehr straflos bleiben, sagt Maas.

Von Ruppert Mayr (dpa)