„Heilwasser ist ein Arzneimittel“

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Immer wieder heißt es: Bitte mehr trinken. Neben normalem Mineralwasser stehen dafür auch allerhand Heilwässer bereit. Was unterscheidet sie vom Wasser aus der Leitung? Und wer profitiert von ihren Inhaltsstoffen?

Viele vergessen es einfach. Dabei ist regelmäßiges Trinken am Tag ein Muss. Denn der Körper braucht Flüssigkeit, damit er seine Funktionen aufrechterhalten kann. Etwa zwei Liter täglich sind optimal – bei Hitze darf es auch ein Liter mehr sein. Als ideales Getränk gilt Wasser, nicht zuletzt, weil es kalorienarm ist. Manch einer will sich etwas Gutes tun und greift statt zum Leitungs- oder Mineralwasser gleich zu Heilwasser. Aber bringt das wirklich etwas?

Tatsächlich handelt es sich nicht nur um Hokuspokus. Wo Heilwasser draufsteht, muss auch Heilendes drin sein: „Heilwasser ist im Gegensatz zu Mineralwasser, Quell- oder Tafelwasser kein Lebensmittel, sondern ein Arzneimittel“, sagt Heidrun Schubert von der Verbraucherzentrale Bayern in München. Das bedeutet: Heilwasser unterliegt dem Arzneimittelrecht und muss vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen werden.

Sulfat regt die Verdauung an

Wie bei anderen Arzneimitteln muss auch der Abfüller von Heilwasser die Wirksamkeit sowie die Qualität und Unbedenklichkeit des Produkts mit wissenschaftlichen Gutachten nachweisen. „Der Gesetzgeber verlangt dazu eine umfangreiche Prüfung und Dokumentation“, sagt Schubert. Das schlägt sich auch auf den Preis nieder: 73 Cent pro Liter kostet Heilwasser im Schnitt, sagt Corinna Dürr vom Informationsbüro Heilwasser. Zum Vergleich: Mineralwasser beim Discounter ist für rund 13 Cent pro Liter zu haben. Markenwasser kostet rund 50 Cent pro Liter.

Aber was macht Heilwasser aus? Heilwasser stammen aus tiefen Gesteinsschichten. Bis dorthin hat das in den Boden gesickerte Regenwasser einen langen Weg zurückgelegt. Dabei wurde es gefiltert. Zugleich nimmt es je nach Gestein Mineralstoffe auf. Abhängig von den geologischen Bedingungen entwickeln sich unterschiedliche Wässer.

In der Regel haben sie einen hohen Gehalt an Mineralstoffen und Spurenelementen, erklärt Professor Johannes Georg Wechsler, Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM). Mindestens ein Gramm gelöste Mineralstoffe und Spurenelemente müssen enthalten sein. Oft werden größere Mengen Kalzium, Fluorid, Hydrogencarbonat, Magnesium und Sulfat nachgewiesen. „Diese Stoffe liegen in den Wässern bereits gelöst vor, so dass sie vom Körper besonders gut aufgenommen werden können“, erläutert Schubert.

Heilwässer enthalten je nach Herkunft einen Mix aus verschiedenen Mineralstoffen. Das Anwendungsgebiet unterscheidet sich je nach Gehalt bestimmter Stoffe. Wer zum Beispiel viel Kalzium oder Magnesium zu sich nehmen soll, kann das mit Heilwasser tun. „Wässer mit viel Sulfat zum Beispiel regen die Verdauung an“, erläutert Dürr. Heilwässer mit Hydrogencarbonat sollen Sodbrennen lindern. „Heilwasser kann aber auch einfach nur für das eigene Wohlbefinden getrunken werden“, ergänzt Wechsler.

Auf dem Etikett der Heilwasserflasche sind die Anwendungsgebiete und Trinkempfehlungen zu finden. „Der Blick aufs Etikett ist enorm wichtig“, sagt Wechsler. Dort ist die analytische Zusammensetzung des jeweiligen Heilwassers nachzulesen. In diesem sogenannten Analysenauszug ist aufgelistet, wie hoch der Anteil etwa an Kalium, Natrium oder Magnesium ist.

„Dabei sollte unbedingt ein neueres Datum, an dem die Analyse erstellt wurde, stehen“, so Wechsler. Ist das Datum schon älter, dann stimmen womöglich die angegebenen Anteile der Mineralstoffe nicht mehr – denn das aktuell gewonnene Wasser ist womöglich anders als das Wasser von vor einigen Jahren.

Heilwasser gibt es ohne Rezept

Abgefüllt wird das Wasser nahezu unverändert. Allerdings kann Eisen entzogen werden – damit wird das Ausfällen von Eisenoxid vermieden. „Es würde sich sonst als braune Partikel auf dem Flaschengrund zeigen“, so Schubert. Dass Eisen entzogen wurde, muss auf dem Etikett angegeben werden. Dann steht dort der Hinweis „enteisent“.

Auch Schwefelverbindungen oder das giftige Arsen dürfen dem Wasser entzogen werden. Bei entsprechender Kennzeichnung dürfen Abfüller dem Wasser auch Kohlendioxid zusetzen. Generell gelten für Heilwasser die mikrobiologischen Anforderungen der Mineral- und Tafelwasserverordnung.

Ein Muss sind Heilwässer natürlich nicht. Wer keine Lust aufs Kisten-Schleppen hat, ist meist auch mit Leitungswasser gut bedient. Schließlich stecken die meisten Mineralstoffe auch in anderen Lebensmittel. So ist Kalzium in Milch und Magnesium in Bananen enthalten. Einen Vorteil hat das Heilwasser allerdings: Es enthält zwar die Mineralien, aber keine Kalorien.

In der Regel können die in Flaschen verkauften Heilwasser täglich in größeren Mengen getrunken werden – rezeptfrei. Allerdings sollten Menschen, bei denen Herz und Nieren nur eingeschränkt arbeiten, nicht zu viel Flüssigkeit auf einmal aufnehmen.

„Bei bestehenden Erkrankungen kann es sinnvoll sein, die Anwendung mit dem Hausarzt oder mit anderen erfahrenen Gesundheitsfachkräften abzustimmen“, so Dürr. Denn nicht immer ist die Zufuhr bestimmter Stoffe in großen Mengen sinnvoll.

Von Sabine Meuter (dpa)