Der Tod ist zu wichtig, um die Beerdigung anderen zu überlassen. So denken immer mehr Menschen in Deutschland – und kümmern sich selbst um ihre letzte Ruhe.
Ihren Grabstein hat sie bereits ausgesucht. „Er ist aus Marmor in einem warmen Braun”, sagt die 90-Jährige in Trier. Als Urne hat sie ein Kupfermodell mit betenden Händen ausgewählt. Ihre 92 Jahre alte Schwester hat sich für eine Urne mit abgebildeten Flammen entschieden. „Wir wollen zusammen in ein Grab”, sagen die Schwestern,
die gerade ihre Bestattung planen. Auch an den Blumenschmuck und das Lokal für den Kaffee nach der Beerdigung denken sie. „Wir machen das, weil wir in Trier keine Verwandten haben, die sich später darum kümmern können.” Außerdem könne man alles nach seinen eigenen Wünschen planen. „Das ist doch beruhigend”, meint die 90-Jährige.
Die Schwestern sind alles andere als ein Einzelfall. Die Zahl der Menschen, die ihre eigene Bestattung organisieren und dazu einen Vorsorgevertrag abschließen, nimmt ständig zu, sagt Bestatter Norbert Schmidt in Trier. „Sie wollen selbst bestimmen, wie ihre Beisetzung ausgeführt wird.” Dabei gehe es zunächst um Grundsätzliches: Beispielsweise ob eine Erd- oder Feuerbestattung gewünscht ist. Oder ob man auf einem Friedhof, auf See oder im Ruheforst beigesetzt werden möchte.
„Es ist nicht bloß Angst, dass andere es nachher anders machen könnten, als man es gewollt hat”, erzählt der 59-Jährige. „Es hat auch mit Selbstbestimmung und Gründlichkeit zu tun, die letzten Dinge noch zu regeln.” Viele wollten Kinder und Angehörige entlasten, die dann nichts mehr entscheiden müssten. Denn was in einem Vorsorgevertrag festgelegt ist, das gilt.
Die Beerdigung bis ins letzte Detail geplant
Viele Vorsorgen seien sogar „bis ins letzte Detail” geplant, sagt Schmidt. Nicht nur Urne oder Sarg sind ausgesucht, auch das Sterbebildchen gewählt, die Trauerdrucksachen fertig, die Todesanzeige steht. „Es fehlt nur noch das Datum des Todes.” Und die Kleider, die angezogen werden sollen, hängen an einer Stelle im Schrank. Manche legen auch die Musikstücke für die Trauerfeier und das Kuchengedeck für den Kaffee danach fest.
Als Schmidt vor 35 Jahren im Job anfing, war Bestattungsvorsorge „kein Thema”, sagt er. Seit ein paar Jahren aber habe das Thema „an Gewicht gewonnen”, jede Woche komme heute mindestens ein Kunde zu ihm. Angehörige seien bei einem Todesfall meist erleichtert, wenn sie erfahren, dass alles schon fix und fertig geregelt sei.
Rund 90 Prozent der Vorsorgen sind auch schon bezahlt. Das Geld liegt auf einem Treuhandkonto – und wird zur Bestattung abgerufen. „Vorher kann keiner ran”, betont der Bestatter. Eine Feuerbestattung mit Urnengrab koste im Schnitt etwa 4000 Euro, eine Erdbestattung in normaler Ausstattung zwischen 4000 und 5000 Euro.
Gibt es Vorlieben? Ja: „Beim Sarg suchen ältere Leute eher Eiche rustikal aus, Jüngere mögen Pappel Hochglanz”, sagt er und zeigt auf einen helleren Sarg in seinem Ausstellungsraum. Bei den Urnen sei klar das Kupfermodell mit betenden Händen darauf der Renner bei Älteren, der jüngeren Generation gefalle eine Version mit schwarzem
Samt und Strass-Perlen.
Angehörige werden entlastet, eigene Wünsche berücksichtigt
Der Bundesverband Deutscher Bestatter geht davon aus, dass bereits bei fünf bis sechs Prozent der Beisetzungen Vorsorgen abgeschlossen sind. „Sie dienen der Eigenverantwortung und Entlastung von Angehörigen”, sagt Sprecher Oliver Wirthmann in Düsseldorf. Noch hätten aber viele Menschen Angst davor, zum Bestatter zu gehen. „Der Tod ist immer noch ein Tabu-Thema.” Jedes Jahr werden in Deutschland 870.000 Menschen beigesetzt.
Es sind nicht nur Senioren, die ihre Beerdigung planen. „Es gibt welche, die sind 30”, sagt Schmidts Ehefrau Martina (55). Die meisten seien zwischen 60 und 70 Jahre alt. „Und mehr Frauen.” Alle Wünsche werden notiert: Von einer Frau etwa, die unbedingt die Lippen rot geschminkt bekommen wolle, bevor sie beigesetzt werde, erzählt sie. Andere hätten Wünsche zu Beigaben in den Sarg geäußert: Ein bestimmtes Parfüm, Fotos oder ein Stofftier. „Alles Dinge, an denen den Menschen etwas liegt.”
Angst vor dem Tod haben die beiden Trierer Schwestern nicht. „Wir hoffen nur, dass es kurz und schmerzlos geht”, sagt die 90-jährige frühere Bilanzbuchhalterin. Ob es schade sei, dass sie ihre gut geplante Bestattung nicht mehr selbst erleben könne? „Ich glaube, dass ich sie noch von oben sehen werde.”
Von Birgit Reichert (dpa)