Mit Instagram gegen die Selbstzweifel

Mit Instagram gegen die Selbstzweifel

© Lipödem Mode

Nahezu jede zehnte Frau in Deutschland leidet am sogenannten Lipödem, einer chronischen, oft sehr schmerzhaften Fettverteilungsstörung. Mit einer Online-Initiative auf Instagram wollen die Macherinnen des Blogs „Lipödem Mode“ das Selbstbewusstsein der Betroffenen stärken.

„So schaut sie also aus, meine neue Armbestrumpfung“, schreibt die Userin weaselranger93 auf der Social Media-Plattform Instagram. Dazu postet die 23-Jährige ein Selfie, den rot verpackten Arm samt geballter Faust selbstbewusst in Siegerpose. Ihr Fazit: „Ich bin verliebt!“

Die Antwort der Community lässt nicht lange auf sich warten: „Sieht so cool aus und hat ein bisschen was von Superheld“, findet steph_anie_sugarbomb. Justin181199 kommentiert begeistert: „Wow, bewundernswert, dass du so damit umgehen kannst! Hab’ gerade durch Zufall dein Bild gesehen. Meine Mama kämpft auch dagegen an, hat es aber an den Beinen … dir alles Gute! Bleib’ dran. ;-)“

Unterhaltungen und Bilder wie diese findet man, wenn man auf Instagram die Hashtags #lipödemphönix oder #phönixprojekt eingibt. Ins Leben gerufen wurde das Phönix-Projekt von den Bloggerinnen von „Lipödem Mode“. Mit Hilfe der Hashtags wollen sie Menschen mit Lipödem, einer Krankheit, die umgangssprachlich auch das Reiterhosen-Syndrom genannt wird, dazu motivieren, sich miteinander auszutauschen und ihr Selbstwertgefühl zu stärken.

„Viele Frauen sind nach der Diagnose verzweifelt“

Anders als Instagramerin weaselranger93 hat ein Großteil der Betroffenen gehörig mit dem Selbstwertgefühl zu kämpfen. Das weiß auch Melanie Nurtsch vom Verein zur Förderung der Lymphoedemtherapie: „Viele fühlen sich nach der Diagnose erst einmal hilflos.“ Viele seien so verzweifelt, dass sie sich sogar „von Freunden und Familie isolieren.“

Die unterschiedlich festgewebten Kompressionsstrümpfe, die bei der Krankheit getragen werden müssen, empfinden viele Frauen nicht nur als lästig, sondern auch als stigmatisierend. Noch problematischer ist allerdings, dass es oft Jahre dauert, bis die Krankheit überhaupt diagnostiziert wird. Offenbar kennen sich viele Ärzte nur unzureichend mit der Krankheit aus.

Auch Caroline Sprott hat jahrelang unter der Krankheit gelitten. Sprott ist 27 Jahre alt und eine der Initiatorinnen des Phönix-Projekts. „Als das Lipödem plötzlich nicht mehr nur an meinen Beinen, sondern auch an meinen Armen auftrat“, erinnert sich die junge Frau, „habe ich meinen Körper regelrecht gehasst und ständig versucht abzunehmen“ – ein Versuch, der bei dieser Krankheit häufig nach hinten losgeht. Tatsächlich brachten die vielen Diäten ihren Stoffwechsel durcheinander und regten die Vermehrung der Fettzellen zusätzlich an.

Mittlerweile hat Bloggerin Sprott gelernt, ihren Körper und die Krankheit als einen Teil von sich zu akzeptieren. „Meine Beine sind nicht nur meine Schwachstelle, sondern auch meine Stärke“, so Sprott, „sie tragen mich durch die Welt. Und ohne meine Arme wäre ich in meinem Beruf als Mediengestalterin vollkommen aufgeschmissen.“ Eine zusätzliche Hilfe war der Gang zum Psychotherapeuten. „Als die Krankheit plötzlich auch an meinen Armen auftrat, knickte ich psychisch total ein und habe mich sehr alleingelassen gefühlt“, erinnert sie sich. Mit dem Phönix-Projekt will sie anderen Betroffenen Gefühle wie diese ersparen.

Seinen Körper akzeptieren

Dass Sprott und ihre Kolleginnen mit der Kampagne Erfolg haben, zeigt die Resonanz auf Instagram. Anfang Januar 2017 ist das Projekt gestartet und schon jetzt zählen die Fotos, die unter #lipödemphönix und #phönixprojekt gepostet wurden, mehrere Hundert Likes.

Auch der positive Effekt der Community macht sich bereits bemerkbar. Als fitness.mit.lipoedem ihre Beine in einem Betrag als „Stampfer“ bezeichnet, lässt weaselranger93 das so nicht gelten und kommentiert freundschaftlich: „Wir alle haben Beine, mach dich doch nicht selbst so schlecht.“ „Hast ja recht“, antwortet fitness.mit.lipoedem und postet dazu einen Küsse werfenden Smiley.