Mehr als eineinhalb Jahre nach dem verheerenden Bombardement ihres großen Traumazentrums im nordafghanischen Kundus hat Ärzte ohne Grenzen dort wieder eine Klinik eröffnet. Sie habe am Samstagmorgen die ersten Patienten empfangen, bestätigte die Leiterin der Afghanistan-Mission, Silvia Dallatomasina.
Die neue Einrichtung sei kein Ersatz für das zerstörte Traumazentrum, betonte Dallatomasina. Es würden in der Klinik, die nur tagsüber offen sei, kleinere Verletzungen, Verbrennungen und chronische Wunden behandelt. Dort arbeite internationales und afghanisches Personal.
Ärzte ohne Grenzen sei willens, in Kundus wieder ein Traumazentrum für Schwerverletzte zu eröffnen, sagte Dallatomasina. „Wir wissen, wie groß der Bedarf dort ist.“ Das könne möglicherweise schon 2018 geschehen – „aber nicht, bevor wir nicht mit allen Konfliktparteien über unsere Arbeit und ethischen Prinzipien einig sind.“
Ärzte ohne Grenzen habe seit dem Bombardement der US-Luftwaffe im Oktober 2015, bei dem mehr als 40 Ärzte, Patienten und andere getötet worden waren, rund 100 Treffen in Kundus, Kabul und den USA gehabt, sagte Dallatomasina. Ziel sei gewesen, Garantien von den Taliban, der afghanischen Regierung und den internationalen Streitkräfte zu bekommen, dass die Organisation Verletzte aller Seiten behandeln könne, ohne angegriffen zu werden. Die Klinik war bombardiert worden, weil die US-Luftwaffe sie – möglicherweise auf absichtlich falsche Weisung des afghanischen Militärs hin – für eine Talibanstellung gehalten hatte.
Kundus ist mit Helmand, Baghlan und Urusgan eine der am schwersten umkämpften Provinzen des Landes. Die US- und die afghanische Luftwaffe fliegen weiter viele Luftangriffe auf Talibanstellungen.
Quelle: dpa