Aids-Organisationen fordern Ende der Diskriminierung HIV-Infizierter

Um die Ansteckungsgefahr bei HIV ranken sich immer noch Vorurteile – auch bei Ärzten. Dabei reichen, so Experten, die üblichen Hygienestandards bei der Behandlung aus.

ein Termin beim Arzt oder ein sichtbarer Vermerk auf der Krankenakte: Führende Aids-Organisationen fordern ein Ende der Diskriminierung von HIV-Infizierten in Arztpraxen oder Kliniken. Die Patienten dürften keine Nachteile bei Zugang und Versorgung haben, heißt es in einem am Mittwoch beim Deutsch-Österreichischen Aids-Kongress in Düsseldorf veröffentlichten Appell. In Deutschland leben nach Schätzungen rund 80.000 Menschen mit HIV oder Aids.

“HIV-positive Patienten können behandelt werden wie alle anderen”, erklärte der Präsident der Deutschen Aids-Gesellschaft, Prof. Georg Behrens. “Wenn die normalen Hygienevorschriften eingehalten werden, ist eine HIV-Übertragung im medizinischen Alltag ausgeschlossen.”

Die Organisationen verlangten von Ärztekammern und Verbänden mehr Fortbildungen zu HIV und Aids. Bundesärztekammer und Bundeszahnärztekammer hätten das Problem erkannt und bereits zu einem vorurteilsfreien Umgang mit HIV-Infizierten aufgerufen.

Betroffene bekommen nach Angaben der Aids-Organisationen oft keinen Termin beim Arzt oder Zahnarzt. Nach einer Umfrage der Aids-Hilfe von 2012 wurde jedem fünften HIV-Positiven schon einmal eine medizinische Behandlung verweigert. Infizierte bekämen häufig auch nur den letzten Arzttermin des Tages mit der Begründung, es seien besondere Desinfektionsmaßnahmen erforderlich. Die Infektion werde nicht immer vertraulich behandelt. Maßnahmen wie Operationen oder Entbindungen HIV-positiver Frauen würden oft nicht durchgeführt, weil das Personal nicht ausreichend über den Aids-Erreger HIV informiert sei.

Vielen Ärzten mangelt es auch an Wissen zum Umgang mit HIV-positiven Patienten. Laut einer Umfrage des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) von 2014 fühlten sich nur 30 Prozent der befragten Ärzte kompetent bei der Aids- und HIV-Beratung. 14 Prozent fürchteten, sich im Berufsalltag zu infizieren.

Die Aids-Organisationen verwiesen darauf, dass Menschen mit HIV bei entsprechender medizinischer Behandlung eine nahezu normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität hätten. Die meisten seien auch erwerbstätig. Dennoch litten Infizierte nach wie vor unter beruflicher und gesellschaftlicher Ausgrenzung.

Unterzeichner des Appells sind die Deutsche Aids-Gesellschaft (DAIG), die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) und die Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä).

Deutschland ist eines der Länder mit der geringsten Rate von HIV und Aids. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) wissen aber rund 14.000 der etwa 80.000 Menschen in Deutschland mit dem Virus gar nicht, dass sie infiziert sind. Nach der aktuellsten Modellrechnung des RKI haben sich 2013 rund 3200 Menschen mit HIV infiziert – davon etwa 2700 Männer. Die Zahl der Neuinfektionen pro Jahr ist demnach abgesehen von kleinen Schwankungen seit 2006 konstant.

Quelle: dpa