China importiert jedes Jahr tausende Eselshäute aus Afrika für die traditionelle Medizin. Arme Länder hoffen, ihre Wirtschaft mit dieser Nachfrage ankurbeln zu können. Doch Tierschützer warnen vor dem Aussterben der Esel – und Bauern fürchten um ihre Existenz.
„E Jiao“ war eine Medizinform, die ursprünglich Chinas Königshaus und Herrschern vorbehalten war. Mit dem wachsenden Wohlstand der Mittelschicht wollen immer mehr Chinesen das Wundermittel – aus Eselhaut gewonnene schwarze Gelatine – nutzen. Das teure Präparat soll in Form von Pillen oder als Tonikum dem Altern vorbeugen, Schlaflosigkeit heilen und die Erotik befeuern, so der Glaube.
Die Nachfrage wächst immens – woher all die Esel nehmen? In China hat sich ihre Zahl in den vergangenen 25 Jahren auf etwa sechs Millionen nahezu halbiert. Das Land erwirbt inzwischen 1,8 Millionen Eselshäute pro Jahr anderswo, wie die Tierschutzorganisation Donkey Sanctuary berichtet – und könne locker etwa zehn Millionen gebrauchen.
Illegaler Handel
Längst hat China ein Auge auf Afrika geworfen: Der Kontinent beherbergt etwa 25 Prozent der weltweiten Eselspopulation, elf Millionen Tiere, wie aus Zahlen der UN-Welternährungsorganisation (FAO) hervorgeht. Chinesische Unternehmen lassen in eigens errichteten Schlachthöfen bereits tausende Esel täglich töten. Viele afrikanische Staaten hoffen, damit ihre kriselnde Wirtschaft stärken zu können. Ein Kilo „E Jiao“ koste bis zu 375 Dollar (knapp 350 Euro), sagt Donkey-Sanctuary-Chef Mike Baker.
Mit dem wachsenden Bedarfs Chinas habe zudem in vielen Ländern das illegale Schlachten von Eseln Einzug gehalten. Neben Südafrika gehörten Ägypten und Tansania zum Kreis dieser Staaten, wie die Organisation berichtet. „Esel werden zusammengetrieben, gestohlen, dann weggeschafft und wegen ihrer Haut brutal geschlachtet“, schreibt der Südafrikanische Nationalrat für den Schutz von Tieren (NSPCA) in einer Erklärung. Der Handel mit den Häuten sei „grauenhaft“.
Tierschützer warnen, die hohe Nachfrage werde die Eselsbestände stark schrumpfen lassen. Die Fruchtbarkeit der Tiere sei gering, darum schnelle mit der Nachfrage aus China der Preis für Esel hoch. Das wiederum bedrohe die Existenz armer Gemeinden in Afrika, die die Lasttiere für die schwere Arbeit auf den Feldern brauchen.
„Die derzeitige Nachfrage nach Häuten ist unbarmherzig“, meint Tierschützer Baker. „Gemeinden riskieren, zu verarmen und ihre Unabhängigkeit zu verlieren.“ Einige afrikanische Länder haben mittlerweile den Export von Eselshäuten verboten, um ihre ländlichen Gemeinden zu schützen. Dazu gehören Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger und seit kurzem auch Äthiopien.
In Afrika geht das Schlachten von Esel gegen die Kultur
Niger hatte sich Ende 2016 zu diesem Schritt entschlossen, nachdem alleine in den ersten neun Monaten des Jahres 80.000 Tiere verkauft worden waren – nach 27.000 im gesamten Jahr 2015. Kurz zuvor hatte bereits Burkina Faso ein Verbot verhängt. Dort waren 45.000 Esel in nur sechs Monaten geschlachtet worden. „Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird es 2020 keine Esel mehr in Burkina Faso geben“, warnte Landwirtschaftsminister Soumanogo Koutou.
Als bisher letzte Nation entschloss sich Äthiopien, den Schutz der Esel über den Profit zu stellen und ein Exportverbot zu verhängen. Das Land weist mit fast acht Millionen Eseln nach Zahlen der FAO den größten Bestand der Welt auf.
Das Unternehmen Shandong Dong’e, Chinas größter Produzent von „E Jiao“, bekam kürzlich die Anweisung, den Betrieb auf seinem Schlachthof in Bishoftu südlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba einzustellen. Dort wurden täglich mindestens 100 Esel geschlachtet, wie Manager Aklilu Tefera sagt. Die Häute seien nach China, das Fleisch nach Vietnam gegangen.
Die kleine Gemeinde hatte über soziale Medien eine Kampagne gegen Shandong Dong’e gestartet, jetzt begrüßte sie das Exportverbot. „Niemand hat diesen Schlachthof hier gewollt“, sagt ein Bewohner, Esel zu schlachten „geht gegen unsere Kultur“. In Äthiopien und den meisten afrikanischen Ländern ist es tabu, Eselfleisch zu essen.
Von Kristin Palitza (dpa)