Schon heute hat fast jeder fünfte Mensch in Deutschland einen Migrationshintergrund. Dazu kommen Geflüchtete. In interaktiven Texten, Bildern und Grafiken zeigen zwei Journalisten der Süddeutschen Zeitung, warum Gesundheit und Integration zusammenhängen und wie Geflüchtete in Deutschland versorgt werden.
Wie steht es um die medizinische Versorgung von Geflüchteten in Deutschland? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Integration? Und wie gut sind Menschen aus der Türkei, Russland oder den Philippinen, die schon lange in Deutschland leben, ins medizinische System integriert? Diesen Fragen gehen die Journalisten Kerstin Hoppenhaus und Kai Kupferschmidt in vier kurzen interaktiven Essays mit dem Titel „Integration: Vergessene Patienten“ nach.
Fakt ist: In Deutschland leben rund 17 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, also etwa jeder fünfte Einwohner. Das Problem: Die Menschen aus dieser Gruppe gehen seltener zur Krebsfrüherkennung, lassen weniger oft ihre Zähne kontrollieren, gehen häufig zu spät zum Arzt, wenn sie krank sind – Menschen mit Migrationshintergrund nehmen die Leistungen des Gesundheitssystems also insgesamt seltener in Anspruch. Gründe hierfür sind kulturelle und sprachliche Barrieren sowie Erfahrungen von Diskriminierung, schreibt das Robert Koch-Institut in seinem Bericht „Gesundheit in Deutschland“ (2015). Gesundheit und Integration, so Hoppenhaus und Kupferschmidts Fazit des ersten Essays – gehören also zusammen.
Ein weiteres Essay widmet sich der medizinischen Versorgung von Geflüchteten. In einer Fotostrecke veranschaulichen die beiden Journalisten etwa, wie das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) in Berlin-Wilmersdorf den allgemeinen Gesundheitszustand eines jungen Mannes aus Afghanistan erfasst – vom sorgfältigen Abhören der Bronchien über den Test auf Tuberkulose bis hin zur Schutzimpfung. Nur sind solche Reihenuntersuchungen tatsächlich sinnvoll? Diese Frage greifen Hoppenhaus und Kupferschmidt in einer interaktiven Grafik auf. Hier erklären sie, was ein „falsch-positiv-Befund“ ist und warum solche Standard-Screenings manchen Menschen mehr schaden als nützen. Eine andere Frage, die die Journalisten Hoppenhaus und Kupferschmidt umtreibt, ist: Sind die Reihenuntersuchungen überhaupt ethisch zulässig? Denn über die Ergebnisse werden viele Geflüchtete kaum informiert.
Das journalistische Projekt „Integration: Vergessene Patienten“ ist im Rahmen des „Kartographen-Stipendien-Programms für JournalistInnen“, einer Initiative des Vereins „Fleiß und Mut“ und gefördert durch die Stiftung Mercator, entstanden. Es wurde im April 2017 auf Süddeutsche.de veröffentlicht. Ein wirklich sehens- und lesenswertes Projekt.