Der Orthopäde Samuel Okae will Gutes tun, und er weiß auch wie. Seit fünf Jahren baut der vierfache Familienvater ein Krankenhaus in seiner Heimat Ghana. Rund 200.000 Euro hat er bereits aus eigener Tasche gezahlt.
Er hebt jedes Stückchen Mullbinde auf, sammelt jedes noch so kleine Pflaster. Denn der Orthopäde und Unfallchirurg Samuel Okae weiß: Was in seiner Klinik in Dortmund nicht mehr gebraucht wird, könnte in seinem Heimatland Ghana Leben retten. Seit fünf Jahren baut der 37-Jährige an einem Krankenhaus für seine Landsleute – aus eigenen Mitteln.
Bis heute hat der vierfache Familienvater rund 200.000 Euro in sein Projekt gesteckt. Das fertige Gebäude soll 2700 Quadratmeter groß werden und Platz für rund 200 Betten bieten. Das Erdgeschoss und ein Teil der ersten Etage stehen bereits.
Dieser Traum wurde Okae in die Wiege gelegt. Schon im Kindesalter wurde er von seiner Familie und Freunden mit „Herr Dr.“ angesprochen. Musste er selber ins Krankenhaus, war die Begeisterung groß. „Meine Mutter erzählt mir immer, wie toll ich die weißen Kittel fand und dass ich schon damals den Menschen helfen wollte“, erinnert sich der 37-Jährige.
Verletzte müssten oft stundenlang auf eine Behandlung warten
Mit dem Wunsch, ein guter Arzt zu werden, begann er 2002 sein Medizinstudium in Berlin. Ein paar Jahre später kehrte er für ein Praktikum nach Ghana zurück. Erst dieser direkte Vergleich beider Länder habe ihm bewusst gemacht, wie unzureichend die medizinische Versorgung in seinem Heimatland sei.
Immer noch sterben viele Frauen in Ghana bei der Geburt. Im Jahr 2015 waren das nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 319 von 100.000 Frauen. In Deutschland dagegen waren es sechs Frauen.
Die Wege zu einem Arzt oder Krankenhaus seien mitunter einige Hundert Kilometer lang, Verletzte müssten stundenlang auf eine Behandlung warten, sie lägen oder säßen derweil auf dem Boden. Eine Krankenversicherung habe nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. „Krankenhäuser in Deutschland sind dagegen wie Hotels, jeder kriegt ein gemütliches Zimmer mit Fernseher“, sagt der Arzt.
Auch Sonja Liggett-Igelmunde kennt die Situation in Ghana. Die Hebamme aus Köln hat die Hilfsorganisation „Meeting Bismarck“ gegründet und reist einmal pro Jahr nach Ghana. Den Krankenhäusern vor Ort fehle es an sauberen Tüchern, Essen und Medizin. Und das sei nicht das einzige Problem. „Besonders in kleineren Dörfern sind die Menschen sehr schicksalsgläubig. Sie nehmen eine Verletzung einfach hin, anstatt zum Arzt zu gehen“, erklärt die Kölnerin.
Auch daran möchte Okae etwas ändern. Um sich seinen Traum zu erfüllen, fing er schon während seines Studiums an zu sparen. „Meine Wohnung im Studentenwohnheim war schön billig, und Partys waren eh nie mein Ding“, sagt 37-Jährige schmunzelnd. Vor sechs Jahren war es dann soweit. Okae kaufte ein Grundstück in einem Vorort von Accra, der Hauptstadt Ghanas.
Auch die Eltern und seine Schwester helfen mit
Vieles organisiert der Familienvater von Dortmund aus, schickt Seecontainer mit Baumaterialien und Mobiliar nach Ghana. Aus einer ausrangierten Klinik in Bad Säckingen an der schweizerischen Grenze durfte er Fensterrahmen, Türen und Handläufe ausbauen.
Die Bauaufsicht vor Ort hat ein befreundeter Ingenieur aus Ghana. Auch seine Eltern und seine Schwester haben ein Auge auf die Baustelle. Am liebsten ist es Okae aber, wenn er selber vor Ort sein kann. Jedes Jahr opfert er einen Teil seines Urlaubs, um selber zuzupacken und die Baustelle voranzutreiben.
Vor zwei Jahren hat Okae den Förderverein „Krankenhausbau in Ghana“ gegründet. Jetzt fehlen noch einmal circa 200.000 Euro, dann kann das Krankenhaus fertig gestellt werden. Bis zu 100 Ärzte, Krankenschwestern und Pflegeleute sollen später dort arbeiten. Auch Okae will dann mit seiner Familie zurück nach Ghana ziehen.
Für die Eröffnung des Krankenhauses habe ihm das Dortmunder Klinikum bereits 25 Krankenbetten zugesichert. Auch eine Kooperation sei bereits in der Planung. „Für ein bisschen verrückt halte ich ihn schon… aber auch für unglaublich engagiert. Herr Okae steckt zu 120 Prozent hinter diesem Projekt, das kann man nur unterstützen“, sagt Kliniksprecher Marc Raschke.
Von Lena Feuser (dpa)