Den Körper gegen Krankheiten abhärten. Bringt das was?

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Sauna, Wechselbäder, Sport in der Kälte: Den Körper extremen Reizen auszusetzen soll helfen, weniger anfällig für Infekte zu sein. Volksweisheiten rund ums Abhärten haben gerade zur Grippe-Saison Hochkonjunktur. Aber lässt sich der Körper wirklich stählen?

Rechtzeitig vor dem Winter öfter mal in eine Wanne voller Eis steigen, im Regen herumspazieren oder in der Sauna schwitzen: Es gibt angeblich viele Methoden, sich abzuhärten, so dass man im Winter nicht krank wird. Aber ist es so einfach? Das menschliche Immunsystem ist zumindest sehr komplex: Ein wichtiger Bestandteil sind bestimmte Blutzellen. Darunter die Lymphozyten, eine Gruppe der weißen Blutkörperchen. Sie sind wesentlich an der Abwehr von Viren und Bakterien beteiligt. Damit sie möglichst effektiv ihre Arbeit verrichten können, müssen sie dorthin transportiert werden, wo Krankheitserreger in den Körper eindringen, in die Schleimhäute beispielsweise.

Darauf können regelmäßige Saunagänge Einfluss nehmen – über Umwege. Finnische Forscher haben herausgefunden, dass diese zu einer erhöhten Lebenserwartung führen, wenn nach dem Saunagang ein Kaltbad folgt. „Die starken Temperaturschwankungen regen das kardiovaskuläre System an und wirken ähnlich wie ein leichtes sportliches Training“, erklärt Professor Herbert Löllgen, Facharzt für Innere Medizin und Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP).

Saunagänge verbessern die Thermoregulation des Körpers

Das hat auch Auswirkungen auf die Infektanfälligkeit: „Durch die verbesserte Durchblutung werden auch mehr Lymphozyten in die Schleimhäute transportiert und mehr Abwehrstoffe produziert. Dadurch können Viren direkt abgewehrt werden“, sagt Joachim-Michael Engel, Experte der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und ärztlicher Direktor der Epikur Rheumapoliklinik in Bad Liebenwerda. Zudem kann der Körper bei guter Durchblutung besser auf einen Mangel an Abwehrzellen in den Schleimhäuten reagieren. Engel betont jedoch, das wichtigste seien Geduld und Konsequenz: „Wer nur zu Beginn der Grippesaison drei Mal in die Sauna geht, wird sicherlich keinen Effekt erwarten können.“

Warm-Kalt-Reize wie beim Saunagang verbessern langfristig auch die Thermoregulation des Körpers. Je besser die Thermoregulation, umso besser kann der Körper mit kalten Temperaturen umgehen. „Heute leben wir ja fast überall in regulierten Temperaturen um die 25 Grad – im Haus, im Auto, im Büro. Natürliche Kältereize sind verloren gegangen“, beklagt Engel. Die Folge: Man friert schneller.

Bei täglichen kalten Duschen hingegen konnten niederländische Forscher keine Effekte auf die Infektabwehr feststellen. Trotzdem: „Tägliches kaltes Abduschen ist zumindest für die Gefäße in den Beinen gut und fördert die Venen- und Arterienfunktion“, so Professor Löllgen von der DGSP.

Wissenschaftlich am besten nachgewiesen sind die Effekte von Sport auf die Infektabwehr. „Wir wissen, dass im Blut von Sportlern nicht nur mehr funktionelle Immunzellen zu finden sind, sondern diese sind auch effektiver in der Bekämpfung von Bakterien“, so Karsten Krüger von der Universität Gießen. Der Biologe und Sportwissenschaftler untersucht in seiner Arbeit den Einfluss von Sport auf das Immunsystem. Und auch Löllgen sagt: „Ein regelmäßiges moderates Training stärkt das Immunsystem. Einen Effekt spürt man jedoch frühestens nach vier bis sechs Wochen.“

Infektanfälligkeit nimmt bei Überanstrengung zu

Wer langfristig etwas für seine Infektabwehr tun möchte, sollte ganzjährig aktiv sein. „Man kann auch im Winter draußen trainieren. Allerdings sollte man sich längere Aufwärmphasen gönnen und die Beine warmhalten. Andernfalls droht Verletzungsgefahr“, sagt der Sportmediziner Löllgen. In kurzer Hose bei Eiseskälte zu joggen, ist also keine sinnvolle Abhärtungsmethode, sondern riskant für die Sehnen.

Zudem raten Ärzte Menschen über 40 Jahren oder mit Vorerkrankungen am Herzen, sportliche Aktivitäten oder Saunagänge mit einem Arzt zu besprechen. „Je höher die Belastung durch Kältereize, Hitze oder Sport, umso weniger kann ein vorerkranktes Herz damit zurechtkommen“, warnt Engel. Zudem rät Krüger: „Man sollte immer relativ zu den eigenen Fähigkeiten trainieren und sich zwischen den Trainingseinheiten genügend Zeit zur Regeneration gönnen. Viel hilft viel stimmt in dem Fall nicht.“ Denn: Der positive Effekt von Sport auf das Immunsystem kehrt sich bei Überanstrengung um und die Infektanfälligkeit nimmt zu. „Das ist zum Beispiel nach einem Marathon der Fall“, sagt Sportwissenschaftler Krüger.

Eine ausgewogene Ernährung unterstützt das Immunsystem zusätzlich. Stress hingegen ist ein schwächender Faktor. „Da man in der Sauna das Handy draußen lassen muss und sich auch anschließend Ruhe gönnen sollte, ist Stressprophylaxe ein zusätzlicher Nebeneffekt eines Saunagangs“, meint Löllgen. Es gibt also durchaus Möglichkeiten, die eigene Infektabwehr zu stärken. Kurzfristige Rosskuren sind jedoch nicht hilfreich.

Von Mira Fricke (dpa)