Diabetes: Blutzucker außer Kontrolle

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Die Stoffwechselstörung Diabetes ist längst zur Volkskrankheit geworden. Mit viel Disziplin können Betroffene die Erkrankung in den Griff kriegen. Sie kann den Alltag aber ziemlich durcheinanderwirbeln.

Es ist eine Diagnose, die den Alltag eines Menschen entscheidend verändert. Dabei kann Diabetes mellitus in vielen – aber nicht in allen – Fällen verhindert oder zumindest hinauszögert werden. Mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Diabetes Gesellschaft unter der Stoffwechselstörung, die inzwischen längst zur Volkskrankheit geworden ist. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Unbehandelt kann Diabetes zum Beispiel Blutgefäße und Organe wie Niere, Herz oder die Augen schädigen. Im schlimmsten Fall führt dies etwa zu Erblindung bis hin zum Nierenversagen.

Was ist Diabetes mellitus genau?

Im Blut spielen Zucker und das Hormon Insulin eine wichtige Rolle. Der Zucker ist der Energielieferant für die Zellen des Körpers. Das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin sorgt dafür, dass die Zellen für den Zucker aufnahmebereit sind und transportiert ihn ins Innere der Zelle. Bei Diabetes sind die Zuckerwerte im Blut zu hoch – daher auch die umgangssprachliche Bezeichnung „Zuckerkrankheit“. „Im Blut sind dann Zucker und Insulin nicht mehr im Gleichgewicht, der Stoffwechsel ist gestört“, erläutert Professor Dirk Müller-Wieland, Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Im Ergebnis produziert die Bauchspeicheldrüse entweder zu wenig oder gar kein Insulin mehr.

Was bedeutet Diabetes mellitus Typ 1?

In diesen Fällen produziert der Körper quasi null Insulin. „Häufig erkranken Betroffene schon als Kind oder Jugendlicher“, sagt der Mediziner Felix Gundling, Oberarzt am Klinikum München-Bogenhausen. Die Erkrankung kann auch im jungen Erwachsenenalter auftreten. Auslöser ist eine Störung des körpereigenen Immunsystems, die zur reduzierten Insulinproduktion führt. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel an. Um dies auszugleichen, müssen Betroffene Insulin spritzen. Die Ursachen für Typ-1-Diabetes sind noch nicht komplett erforscht. Vermutet werden erbliche und umweltbedingte Faktoren sowie Infektionen und Ernährungseinflüsse.

Und was heißt Diabetes mellitus Typ 2?

Zu dieser Diabetes-Form kann es durch Übergewicht, Bewegungsmangel und unausgewogene Ernährung kommen. Auch erbliche Faktoren begünstigen das Erkrankungs-Risiko. Übergewicht und Bewegungsmangel tragen dazu bei, dass das Insulin in den Zellmembranen nicht voll zur Wirkung kommt. In der Folge erreicht der Zucker die Zellen nicht. Dadurch sind die Blutzuckerwerte erhöht. „Der allergrößte Teil der Patienten mit Diabetes leidet am Typ 2“, sagt Müller-Wieland.

Wie macht sich Diabetes bemerkbar?

Anzeichen, die auf einen Diabetes mellitus Typ 1 hindeuten können, sind oft ein starker Harndrang und ein permanentes Durstgefühl. „Betroffene klagen auch häufig darüber, dass sie ständig müde und abgeschlagen sind“, erklärt Apotheker Werner Heuking. Das Tückische an Diabetes mellitus Typ 2: In vielen Fällen bleibt die Krankheit jahrelang unbemerkt. „Erhöhte Blutzuckerwerte machen keine Schmerzen“, sagt Müller-Wieland. Nach seinen Angaben können auch Missempfindungen etwa in den Füßen, eine trockene und juckende Haut oder eine schlechte Wundheilung Anzeichen für Diabetes sein.

Welche Therapien brauchen Typ-1-Betroffene?

Beim Typ 1 müssen sich Betroffene regelmäßig selbst Insulin spritzen. Das geschieht heutzutage mit Hilfe eines sogenannten Pens (englisch für Stift). Die Insulinpens erinnern vom Aussehen her an einen Füller. „Mehrmals täglich muss außerdem der Blutzucker bestimmt werden“, erläutert Müller-Wieland. Dabei stechen sich Patienten mit einer Lanzette in die Fingerkuppe. Der dabei gewonnene Blutstropfen wird mit einem Messgerät, das Betroffene immer bei sich tragen, auf den aktuellen Zuckerwert hin untersucht. Patienten vom Typ 1 sollten außerdem auf eine ausgewogene Ernährung achten. Sie müssen exakt ihre Broteinheiten berechnen und so ihren Insulinbedarf steuern.

Und welche Therapien benötigen Typ-2-Betroffene?

Zunächst wird über einen Zeitraum von mehreren Monaten mit Gewichtsreduktion, körperlicher Bewegung und einer grundlegenden Ernährungsumstellung versucht, den Blutzucker zu regulieren. Wenn dies nicht zum Erfolg führt, bekommt der Patient zusätzlich Medikamente und gegebenenfalls auch Insulin verschrieben.

Gibt es für Diabetiker Schulungen?

Ja. „Sie müssen grundlegend lernen, mit der Krankheit umzugehen“, sagt Heuking. Sogenannte Diabetikerkurse bieten niedergelassene Ärzte, aber auch Schwerpunktpraxen oder Diabetes-Ambulanzen in Krankenhäusern an. Bei den Schulungen geht es um Themen wie etwa ausgewogene Ernährung, den richtigen Umgang mit Insulinpens oder das korrekte Vorgehen beim Blutzuckermessen.

Kann man etwas tun, damit man nicht an Diabetes erkrankt?

Wer Übergewicht vermeidet und regelmäßig Sport treibt kann das Risiko mindern, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. „Beim Typ 1 kann vorbeugend nichts getan werden“, erklärt Gundling. Wichtig ist, Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen und Blutzuckerwerte kontrollieren zu lassen. „Je früher Diabetes diagnostiziert wird, desto besser für die Gesundheit des Betroffenen“, betont Müller-Wieland.

Von Sabine Meuter (dpa)