Ein neues Transplantationsregister ist eigentlich eine gute Sache. Doch Krankenkassen und Patientenschützer üben Kritik. Unter anderem ist nicht geklärt, wer nach welchen Kriterien über die Verteilung der knappen Organe entscheidet.
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat den geplanten Aufbau eines Transplantationsregisters grundsätzlich begrüßt, einzelne Regelungen aber kritisiert. „Dieses Gesetz ist die Chance auf eine echte Qualitätsverbesserung bei der Transplantationsmedizin. Allerdings sehen wir ein gravierendes Defizit: Es erlaubt keine Zusammenführung von bestehenden Spender- und Empfängerdaten”, sagte der Leiter der Krankenhausabteilung beim GKV-Spitzenverband, Wulf-Dietrich Leber, der Deutschen Presse-Agentur. Zudem baue es auf einer Art „Einwilligungslösung” auf.
GKV-Spitzenverband kritisiert Trennung von Spender- und Empfängerdaten
„Beides zusammengenommen führt dazu, dass das Transplantationsregister die nächsten zehn Jahre keine relevanten Ergebnisse liefern wird – und danach verfälschte”, sagte Leber. Weil bestehende Daten nicht genutzt werden sollten und bei neuen keine Vollständigkeit garantiert sei, „wird das Register seine wichtigste Funktion nicht erfüllen können: Lebensjahre retten.”
Das vor einem Monat vom Kabinett verabschiedete Gesetz zur Einrichtung eines Transplantationsregisters steht am Donnerstag in erster Lesung auf der Tagesordnung des Bundestages.
Die Aufnahme in das Register sollte nicht freiwillig sein, sagte Leber. Denn die Fallzahlen im Transplantationsbereich seien extrem klein. Schon wenige fehlende Daten könnten die Ergebnisse stark verfälschen, so dass am Ende falsche Schlussfolgerungen für die Organzuteilung gezogen würden. Das Register müsse vollständig sein, so dass auch politisch brisante Fragen – wie etwa „Bekommen Privatversicherte die besseren Organe?” – zweifelsfrei beantwortet werden könnten. „Das ist mit dem jetzigen Gesetz nicht sichergestellt”, sagte Leber.
Patientenschützer: Frage der Verteilungsgerechtigkeit bleibt ungeklärt
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte den Aufbau des Registers grundsätzlich. „Es bringt Transparenz in die Qualität der Versorgung schwerstkranker Organempfänger. Aber die zentrale Frage der Verteilungsgerechtigkeit wird nicht beantwortet”, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der dpa. „Nach welchen Regeln erhalten Schwerstkranke ein Organ? Dieser ethischen Frage hat sich der Deutsche Bundestag nicht gestellt.” Daher müsse sich das Parlament nun mit den Verteilungskriterien beschäftigen, wenn es ein Transplantationsregister einrichten wolle.
Der Gesetzgeber hatte 1997 im Transplantationsgesetz zwei Kriterien benannt, die sich jedoch widersprächen: Dringlichkeit und Erfolgsaussicht. Bei der Dringlichkeit stünden Organempfänger im Fokus, die akut vom Tode bedroht seien. Bei der Erfolgsaussicht gehe es in der Regel um Menschen, die zwar schwere Symptome hätten, die aber nicht lebensbedrohlich seien. Bisher gewichtet die „private Organisation Bundesärztekammer” die gegensätzlichen Kriterien Erfolgsaussicht und Dringlichkeit, mit Bevorzugung der Dringlichkeit. Dies wird sich nach Überzeugung Bryschs mit dem Register dahingehend ändern, dass die Erfolgsaussicht wichtiger werde, dass also schwerkranke Menschen mit einem neuen Organ länger leben könnten.
Quelle: dpa