Wenn der Herzschlag aus dem Takt gerät, leiden Betroffene oft an Schwindel, Atemnot, Herzrasen und Druckgefühlen in der Brust. Oder sie merken nichts, bis sie plötzlich ohnmächtig werden. Oft können nur noch Stromschläge den normalen Herzschlag wiederherstellen.
Unser Herz kennt keine Pausen. Ununterbrochen zieht es sich zusammen und erschlafft wieder. Dadurch pumpt das faustgroße Organ Tag für Tag rund 7000 Liter Blut durch unseren Körper. Bei Herzrhythmusstörungen ist der Herzschlag aus dem Takt: Schwindel, Atemnot und Druckgefühle in der Brust oder auch plötzliche Ohnmacht können die Folgen sein.
„Die normale Herzfrequenz liegt in Ruhe zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute. Abweichungen davon werden als Herzrhythmusstörung bezeichnet, also zu langsame, zu schnelle und auch unregelmäßige Herzschläge”, sagt Prof. Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung in Frankfurt am Main. Doch nicht alle Herzrhythmusstörungen sind gefährlich. „Unregelmäßigkeiten des Herzschlags, zum Beispiel Zusatzschläge im Rahmen von Herzstolpern, sind zu einem gewissen Grad normal.”
Gefährlichkeit von Herzrhythmusstörungen vom Kardiologen beurteilen lassen
Typisch für krankhafte Herzrhythmusstörungen ist ein schlagartiges Umspringen des Pulses auf eine sehr hohe oder sehr niedrige Herzfrequenz. Sie sind meist die Folge von Herzkrankheiten wie einer Herzmuskelentzündung oder Einengung der Herzkranzgefäße, sagt Meinertz. Neben diese Ursachen treten weitere Risikofaktoren. „Dazu gehören besondere psychische und körperliche Belastungen, Übergewicht, Magnesium- und Kaliummängel, zu wenig Schlaf sowie zu viel Kaffee-, Alkohol- und Nikotinkonsum.”
Ob eine Herzrhythmusstörung Beschwerden verursacht oder nicht, ist kein Gradmesser für ihre Gefährlichkeit. „Auch bedrohliche Herzrhythmusstörungen können von den Betroffenen lange Zeit unbeachtet bleiben”, betont Meinertz. Das lässt sich nur mit einer Untersuchung beim Kardiologen klären. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Laut Schätzungen der Deutschen Herzstiftung gibt es hierzulande zwei Millionen Betroffene.
Im rechten Herzvorhof erzeugt der Sinusknoten normalerweise elektrische Impulse, die zunächst die Muskeln der Vorhöfe und dann die Muskeln der Herzhauptkammern aktivieren. „Beim Vorhofflimmern kreisen aber stattdessen andere elektrische Impulse in den Vorhöfen, so dass es zu unkoordinierten Erregungen der Vorhofmuskulatur kommt. Dadurch ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr regelmäßig zusammen und befördern das Blut nicht mehr aktiv in die Herzkammern”, erklärt Felix Gramley von der Heidelberger Privatklinik für Kardiologie. In manchen Nischen des Vorhofes droht das Blut zu stagnieren und Gerinnsel zu bilden. Die Folge ist ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko.
Medikamente halten die Herzfrequenz im Normalbereich
Betroffene bekommen deshalb blutverdünnende Medikamente und sogenannte Antiarrhythmika wie Betablocker. „Sie helfen gerade Patienten mit geringen Beschwerden dabei, ihren Herzrhythmus zu kontrollieren und vermeiden zu hohe und zu niedrige Herzfrequenzen”, sagt Gramley. Das Vorhofflimmern als solches bleibt aber bestehen. Bei ausgeprägten Beschwerden wird zusätzlich auch häufig die sogenannte elektrische Kardioversion angewandt. „Dabei geben zwei Elektroden auf den Brustkorb unter kurzer Narkose einen gezielten Stromschlag Richtung Herz ab, wodurch das Vorhofflimmern zurückgesetzt wird und der normale Herzrhythmus wieder einsetzt.”
Wenn das auf Dauer keinen Erfolg zeigt, kann eine Katheter-Ablation weiterhelfen. „Dünne Sonden werden über die Leiste bis zum Herz vorgeschoben und veröden durch Hochfrequenzstrom oder Kälte bestimmte Stellen im Herzgewebe, die für das Vorhofflimmern verantwortlich sind”, beschreibt Gramley. Die entstehenden Narben verhindern schließlich, dass Störimpulse weitergeleitet werden.
Eine weitere gefährliche Herzrhythmusstörung ist das Kammerflimmern. „Mit über 300 Schlägen pro Minute pocht der Herzmuskel so schnell, dass er kaum Blut und Sauerstoff durch den Körper pumpen kann”, sagt Philipp Sommer vom Herzzentrum Leipzig. „Herz und Kreislauf stehen faktisch still in dem Moment.” Schlagartig werden Betroffene ohnmächtig und haben keinen Puls mehr. „Schon innerhalb von zehn Minuten sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um mehr als 50 Prozent, und das Risiko einer Hirnschädigung steigt aufgrund des Sauerstoffmangels drastisch an.”
Im Ernstfall helfen Herzdruckmassage oder Defibrillator
Passanten müssen deshalb sofort reagieren, die Atmung prüfen und eine Herzdruckmassage beginnen. „Man sollte mit gestreckten Armen und beiden Handballen den entblößten Brustkorb einige Zentimeter eindrücken – und zwar mit einer Frequenz von etwa 100 Druckbewegungen pro Minute”, sagt Sommer. So besteht die Chance den Blutfluss etwas aufrecht zu erhalten. Ein Kammerflimmern kann letztlich nur durch einen Defibrillator unterbrochen werden. „Dieser bringt das Herz durch einen Stromstoß kurz zum Stillstand, damit es anschließend wieder seinen normalen Rhythmus findet”, sagt Sommer. An vielen öffentlichen Plätzen sind auch für Laien sogenannte AEDs (Automatisierte Externe Defibrillatoren) angebracht, welche die Reanimation mit Sprachanweisungen unterstützen.
Wenn Betroffene das plötzliche Kammerflimmern überlebt haben, wird ihnen in der Regel ein kleiner Defibrillator implantiert. Er ist über ein Kabel mit dem Herzen verbunden und analysiert jeden Herzschlag automatisch. Bei erneutem Kammerflimmern gibt er innerhalb weniger Sekunden Elektroschocks ab. „Wenn die Patienten wach sind, empfinden sie das zwar als schmerzhaft, es rettet aber ihr Leben.”
Von Martin Faber (dpa)