Kinderwunsch trotz Krebs: Ein Überblick

Kinderwunsch trotz Krebs: Diese Möglichkeiten haben Betroffene

Foto: Antoine Arraou/picture alliance/Photo Alto

Wer jung ist und an Krebs erkrankt, für den bricht meistens eine Welt zusammen. Neben der erschreckenden Diagnose kommt für viele aber noch ein weiteres Problem hinzu: Wie geht man mit dem Thema Kinderwunsch um?

Die Diagnose Krebs bedeutet heute in vielen Fällen kein Todesurteil mehr. Deshalb kommt für junge Patienten neben der Angst um die eigene Gesundheit noch eine Frage hinzu: Möchte ich irgendwann Kinder haben? Auch wenn das in dem Moment zweitrangig erscheint, sollte man das Thema nicht abtun. Bestrahlung, Chemotherapie oder Operationen können unfruchtbar machen. Doch es gibt Möglichkeiten, sich den Kinderwunsch später trotzdem noch zu erfüllen.

Hauptproblem sind die Kosten – meist müssen Betroffene fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen selbst bezahlen. Laut Professor Mathias Freund, Kuratoriumsvorsitzender der Deutschen Stiftung junge Erwachsene mit Krebs, wird das Thema für 80 Prozent der Krebspatienten zwischen 18 und 39 Jahren relevant, denn so viele Betroffene können geheilt werden. „Wer darüber nicht nachgedacht hat, bereut das später oft.“

Schon die Möglichkeit, später doch noch schwanger werden zu können, wirke sich zudem positiv auf die Heilungschancen aus, ergänzt Prof. Sara Brucker, Expertin der Deutschen Krebshilfe und ärztliche Direktorin des Forschungsinstituts für Frauengesundheit am Uniklinikum Tübingen. Deshalb ist es wichtig, schon bei der Diagnose über das Thema zu sprechen. Ist das nicht der Fall, sollten sich Patienten selbst informieren. Warten müsse man in der Regel nicht, sagt Brucker: „Wer mit einer solchen Diagnose kommt, bekommt sofort einen Termin.“

Am besten wendet man sich an das Kinderwunschzentrum einer Uniklinik, empfiehlt Professor Christian Thaler, Experte des Berufsverbandes der Frauenärzte und Leiter des Hormon- und Kinderwunschzentrums am Klinikum der Ludwig Maximilians Universität München. Über die Homepage des „Netzwerkes für fertilitätsprotektive Maßnahmen“ www.fertiprotekt.com kann man sich ebenfalls informieren. Die Möglichkeiten und Kosten im Überblick.

1. Eizellen oder Spermien einfrieren

Während früher nur befruchtete Eizellen eingefroren werden konnten, ist das heute auch mit unbefruchteten Eizellen möglich. Allerdings braucht man reife Eizellen. Dafür bedarf es einer hormonellen Stimulation, die etwa zehn bis zwölf Tage dauert – Zeit, die nicht jede Betroffene hat. Nach der Behandlung werden die Eizellen entnommen, eingefroren und gelagert. Die Stimulation und Entnahme kostet laut Thaler bis zu 2500 Euro, ungefähr 1500 Euro fallen für Medikamente an, und das Einfrieren und Lagern kostet jährlich 400 bis 800 Euro.

Der spätere Erfolg hängt auch vom Alter der Betroffenen ab, sagt Thaler. „Bei einer 25-Jährigen hat man für eine einzelne unbefruchtete Eizelle eine Wahrscheinlichkeit von etwa fünf Prozent, dass daraus eine intakte Schwangerschaft entstehen wird.“ Bei einer 40-Jährigen stünden die Chancen auf eine Schwangerschaft pro Eizelle nur noch bei einem Bruchteil dieser Größenordnung.

Bei Männern bedarf es keiner hormonellen Vorbehandlung, erklärt Freund. Das Sperma wird gewonnen, eingefroren und gelagert. Die Kosten liegen bei einmalig etwa 500 Euro für das Einfrieren und bei rund 300 Euro jährlich für die Lagerung.

2. Eierstock- oder Hodengewebe einfrieren

In einem minimalinvasiven Eingriff wird Eierstockgewebe entnommen, eingefroren, gelagert und nach der Krebsbehandlung wieder in den Bauchraum eingesetzt. Dadurch sollen Frauen wieder ihren normalen Zyklus haben und auch ein Kind bekommen können. Obwohl dieses Verfahren unter anderem in Tübingen erfolgreich angewandt wurde, gilt es als noch experimentell. Laut Thaler liegen die Kosten bei mehreren tausend Euro.

Bei Männern kommt es vor, dass durch die Erkrankung nicht genügend Spermien vorhanden sind. Dann kann auch Gewebe aus dem Hoden entnommen und eingefroren werden, erklärt Freund. Darin sind Spermien enthalten, die dann später für eine künstliche Befruchtung verwendet werden können.

3. Eierstöcke „deaktivieren“

Hierbei handelt es sich um eine Hormonbehandlung, die die Eierstöcke in eine Art Winterschlaf versetzt. Die Idee ist, dass sie dadurch während einer Chemotherapie weniger massiv angegriffen werden, erklärt Thaler. Diese Behandlung kann auch mit anderen Maßnahmen, etwa mit dem Einfrieren von Eizellen, kombiniert werden. Die Kosten liegen monatlich bei etwa 180 Euro.

4. Eierstöcke verlegen

Wenn der Tumor sich im Bereich des Beckens befindet und bestrahlt werden muss, ist es möglich, die Eierstöcke im Bauchraum an eine Stelle zu verlegen, wo sie den Strahlen weniger ausgesetzt sind. Das Verfahren kann ihre Funktion allerdings beeinträchtigen. Findet die Verlegung im Rahmen eines notwendigen Eingriffs wegen der Krebserkrankung statt, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten in der Regel.

Von Elena Zelle (dpa)