Auf der Kinderchirurgie Greifswald wurde das Glück gemessen. Die Studie belegt, dass Klinikclowns kranke Kinder glücklicher machen. Die Verfasser plädieren für den „Kollegen Clown” im Klinikalltag.
Klinikclowns reduzieren die Angst kranker Kinder vor einer Operation, sagen Experten. Wie eine Pilotstudie von Greifswalder und Berliner Wissenschaftlern ergab, ist der Spiegel des Hormons Oxytocin bei Kindern, die vor dem Eingriff mit den Klinikclowns lachen durften, um 30 Prozent höher als vorher. Das auch Kuschelhormon genannte Oxytocin erhöht Studien zufolge unter anderem das Vertrauen zu Mitmenschen und kann Stress abbauen. Bei der Kontrollgruppe, die keine Interaktion mit den Clowns hatten, blieb der Wert konstant.
Auch die Befragung der Kinder, Eltern, Clowns und der Mitarbeiter ergab, dass Kinder mit Clownzuwendung weniger Angst hatten, sagte Winfried Barthlen, Direktor der Kinderchirurgie am Uni-Klinikum Greifswald am Donnerstag bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Die Pilotstudie wurde im Sommer 2015 in der Klinik erstellt. Von 31 Kindern im Alter von 4 bis 13 Jahren wurden 17 von Klinikclowns besucht, 14 nicht. „Wir haben mit der Studie zeigen können, dass sowohl auf der körperlichen wie auch auf der seelischen Ebene positive Effekte nachweisbar sind. Und das ist eine kleine Sensation”, sagte der Arzt Eckart von Hirschhausen, der die Stiftung „Humor hilft heilen” gegründet hat.
Pilotstudie belegt physiologische und psychologische Effekte
Die Wissenschaftler plädieren nun für eine umfangreiche Studie mit größeren Fallzahlen. Clowns sollten auf Kinderstationen ein fester Bestandteil werden, wie es in anderen europäischen Ländern beispielsweise der Schweiz und den Niederlanden bereits üblich sei, so die Forderung.
Die Studie sei die erste Untersuchung, die gleichzeitig die physiologischen und psychologischen Effekte der Wirkung von Klinikclowns gemessen habe und auch belege, sagte die Psychologin Tabea Scheel von der Humboldt-Universität Berlin. Trotz der geringen Fallzahlen seien die Ergebnisse statistisch signifikant. „Wir haben die Parallelität zwischen den physiologischen und psychologischen Daten.” Bei der Interventionsgruppe stieg durch die Begegnung mit den Clowns der durchschnittliche Oxytocin-Wert im Speichel von 60 auf 92 Pikogramm je Milliliter, bei der Kontrollgruppe blieb er dagegen gleich.
Die Clownkinder gaben zudem an, weniger Angst zu haben, während sie bei der Kontrollgruppe konstant blieb. Auch die Eltern der Clownkinder schätzten ein, dass sich ihre Kinder wohler fühlten. Auch würden diese das Krankenhaus eher weiterempfehlen. Den Ergebnissen der Studie zufolge befürworten auch die Stationsmitarbeiter die Clownsvisiten, auch wenn sie für den Stationsablauf eine Zusatzbelastung darstellten.
Klinikclowns könnten Teil der Regelversorgung werden
Die Macher der Studie wünschen sich, dass Clowns in die Klinikteams integriert und als Teil der Regelversorgung finanziert werden. „Wenn es gelingt, die medizinische Prozedur in das Spiel zu integrieren, dann sind Kinder die besten Patienten überhaupt”, sagte Barthlen und sprach sich für Investitionen in den „Kollegen Clown” aus.
Nach Angaben der vor acht Jahren gegründeten Stiftung „Humor hilft heilen” ist die Klinikclown-Szene in Deutschland mit aktuell 50 bis 60 Clownsvereinen stark im Wachsen. Die Stiftung schätzt, dass es rund 500 Klinikclowns gibt. Fast alle arbeiten ehrenamtlich.
Humor und Persönlichkeitsbildung müssten integraler Bestandteil der Ausbildung und Weiterbildung in allen therapeutischen Berufen werden, sagte von Hirschhausen. „Die Welt des Krankenhauses muss wieder ein Raum für Kultur Leichtigkeit und Freude sein”. In den letzten 20 Jahren habe es Veränderungen gegeben, die alle in die Gegenrichtung liefen. An Pflegepersonal und Ärzten werde gespart. „Als ich Medizin studieren durfte, wurden die Begabtesten dem Studiengang zugeordnet, und die Dumpfbacken, die nicht wussten was sie machen sollten, studierten BWL (Betriebswirtschaftslehre). Wer hat heute im Krankenhaus das Sagen? Die BWLer. Das ist die späte Rache der Mittelbegabten.”
Von Martina Rathke (dpa)