Bei Kindern sind Fehlstellungen etwa an den Füßen und Beinen nicht selten. Viele wachsen sich ganz natürlich wieder aus. In anderen Fällen kann man mit speziellen Übungen gegensteuern. Manchmal ist eine OP aber unausweichlich.
Erst ist das Baby winzig, über die Jahre hinweg entwickelt es sich – und wächst. Doch in dieser Wachstumsphase kann es mitunter zu Fehlstellungen kommen. „Wichtig ist, dass Kinder regelmäßig an medizinischen Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen“, sagt Hermann Josef Kahl vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Denn werden Fehlstellungen frühzeitig erkannt und behandelt, bestehen in den meisten Fällen gute Aussichten, dass keine Schäden bleiben. Ein Überblick:
Hackenfuß: Der Fuß ist nach oben abgeknickt, und die Fußsohle richtet sich nach außen. Neugeborene haben häufig Hackenfüße. „In der Regel verschwinden sie in den ersten Lebenstagen von selbst“, erklärt Frauke Mecher. Sie ist Physiotherapeutin in Braunschweig und Beiratssprecherin im Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK). Bleiben die Hackenfüße aber über die ersten Lebenstage hinweg bestehen, sollte man möglichst bald mit Krankengymnastik und vorsichtigen Dehnungen beginnen. „Orthopäden oder Physiotherapeuten zeigen Eltern, wie es geht“, sagt Mecher.
Sichelfuß: Nach Angaben von Mecher ist der Sichelfuß eine der häufigsten Fußfehlstellungen bei Babys. Dabei sind die Fußspitzen nach innen gedreht. „In aller Regel sind auch solche Fälle harmlos“, betont sie. Oft verschwinden die Fehlstellungen entweder von alleine oder durch gezielte Dehnungen und Aktivierung der Fußmuskulatur in Korrekturrichtung. Die weitere Entwicklung der Füße sollte aber weiter beobachtet werden.
Knick- und Senkfuß: Die Fußsohle ist deutlich abgeflacht, die Fersen richten sich im Stand nach außen – das ist ein Knick- und Senkfuß. „Er wächst sich aber in den allermeisten Fällen aus“, erklärt der Aachener Orthopäde Nils Lynen. Im Gegensatz zu früher werden den jungen Patienten in aller Regel keine Einlagen für die Schuhe verordnet. „Um den kindlichen Fuß zu trainieren, ist Barfußlaufen enorm wichtig“, betont Lynen.
Helfen kann auch spielerische Fußgymnastik, bei der das Kind mit Zehen einen Stift greift oder auf den Zehen und auf den Fersen geht. Wenn das Kind Schmerzen hat oder es ihm schwerfällt, in den Zehenstand zu gehen, kann eine weitergehende Therapie oder in sehr seltenen Fällen eine Operation erforderlich sein. „Grundsätzlich sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kinder keine zu kleinen Schuhe tragen“, empfiehlt Kahl.
Klumpfuß: Bei dieser Art von Fehlstellung ist der Fuß bei knöcherner Veränderung und Gelenkdeformation vermindert beweglich. Der Klumpfuß tritt relativ häufig auf. „Die Aussichten für eine vollständige Korrektur sind in aller Regel gut“, erklärt Lynen. Schon wenige Tage nach der Geburt sollte mit der Behandlung begonnen werden. Dabei werden die kleinen Füße in spezielle Gipsverbände gepackt. Einmal in der Woche wird der Verband gewechselt. Diese Gips-Therapie dauert normalerweise sechs bis acht Wochen.
Der Klumpfuß geht oft mit einer Spitzfußstellung im oberen Sprunggelenk einher. Ursache hierfür ist eine Verkürzung der Achillessehne und des Wadenmuskels. Da sich dies mit dem Gips nicht ausreichend ausgleichen lässt, ist oft nach Abschluss der Gipsbehandlung eine kleine Operation nötig. Dabei wird die Achillessehne durchtrennt.“Im Säuglingsalter ist ein solcher operativer Eingriff mit keinen Risiken verbunden“, erklärt Lynen.
X-Beine oder O-Beine: Diese Fehlstellungen sind bei Kindern nicht ungewöhnlich. In aller Regel wachsen sich X- oder O-Beine bis zum zehnten Lebensjahr wieder aus. „Schienen zur Begradigung der Beine oder das Tragen von Einlagen in den Schuhen haben sich in diesem Zusammenhang nicht als wirksam erwiesen“, sagt Lynen. Sind die X- oder O-Beinstellungen über eine längere Zeit betrachtet ungewöhnlich stark ausgeprägt, muss nach den Ursachen gesucht werden. „Häufig haben betroffene Kinder Übergewicht und bewegen sich zu wenig“, erklärt der Orthopäde. Dann kann mitunter Abnehmen sowie Sport helfen. „Auch Vitamin-D-Mangel oder Hormonstörungen können zu Bein-Fehlstellungen führen“, erläutert Kahl.
Symmetriestörungen: Bei Säuglingen wird mitunter ein muskulärer Schiefhals festgestellt. Dabei ist die Halsmuskulatur an einer Seite verkürzt und die Bewegung des Kopfes eingeschränkt. Betroffene haben die Neigung, sich zu einer Seite hin mehr zu bewegen als zur anderen Seite. Je früher dies erkannt wird, desto größer sind die Chancen, dass die Fehlhaltung nicht dauerhaft bestehen bleibt und keine weiteren Auswirkungen zum Beispiel auf Wirbelsäule und Kopfform hat. „Oft hilft es, wenn mit Babys spezielle Krankengymnastik gemacht wird“, sagt Mecher.
Außerdem sollte laut Lynen das Kleinkind von der Seite, die durch die Fehlstellung betroffen ist, abgelenkt werden – etwa durch Musik oder ein interessantes Bild. Tritt auf diese Weise keine Besserung ein, kann gegebenenfalls eine Operation helfen.
Von Sabine Meuter (dpa)