Kurz erklärt: Spahns Pläne zur Masern-Impfpflicht

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Die Masern ausrotten – das ist das Ziel des Gesundheitsministers. Gegen eine „fortschreitende Impfmüdigkeit“ will Jens Spahn verpflichtende Impfungen für Kinder setzen. Andernfalls drohen empfindliche Sanktionen.

Aktualisiert am 2. März 2020:

Das Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention trat am 1. März 2020 in Kraft. Alle, die am 1. März 2020 bereits in den betroffenen Einrichtungen betreut werden oder tätig sind, müssen den Nachweis bis zum 31. Juli 2021 vorlegen.

Alle Fragen zum Masernschutzgesetz verständlich und offiziell beantworten die FAQ zum Masernschutzgesetz des Bundesgesundheitsministeriums.

 

Der ursprüngliche Artikel:

Jens Spahn macht Ernst. Der Bundesgesundheitsminister will verpflichtende Masern-Impfungen für Kita- und Schulkinder in Deutschland – von März 2020 an. Wird nicht geimpft, drohen satte Geldstrafen. Kinder könnten außerdem von einem Kita-Besuch ausgeschlossen werden.

Warum will Spahn eine Impfpflicht?

Der CDU-Politiker hatte Vorschläge angekündigt, nun legt er konkrete Pläne vor. Masern gehörten zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen, heißt es im Gesetzentwurf. Sie brächten hohe Raten an Komplikationen und Folgeerkrankungen mit sich. „Eine Masern-Infektion ist damit anders, als vielfach angenommen, keine harmlose Krankheit.“ Um die Zirkulation von Masern zu verhindern, seien Impfraten von mehr als 95 Prozent erforderlich. „Diese werden in Deutschland nicht erreicht.“ Die angestiegenen Fallzahlen seien auf „fortschreitende Impfmüdigkeit“ zurückzuführen. „Die bisherigen freiwilligen Maßnahmen zur Stärkung der Impfbereitschaft greifen nicht durch.“ Unter anderem in Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen sei es in den letzten Jahren zu großen Ausbrüchen gekommen. Allein bis Anfang März 2019 seien dem Robert-Koch-Institut bereits 170 Masernfälle gemeldet worden.

Wie genau sehen die Pläne Spahns aus?

Ziel des Ministers ist es, Kinder besser vor Masern zu schützen. „Deswegen sollen alle, die eine Kita oder Schule besuchen, gegen Masern geimpft sein. Wer dort neu aufgenommen wird, muss das nachweisen“, sagte Spahn der „Bild am Sonntag“. Alle Eltern sollten sicher sein können, dass ihre Kinder nicht von anderen mit Masern angesteckt und gefährdet werden.

Wer schon in einer Schule oder einer Kita betreut werde, müsse den Nachweis bis zum 31. Juli nächsten Jahres nachreichen. Dieser soll über den Impfpass oder eine Impfbescheinigung erfolgen. Das soll auch für Erzieher und Lehrer gelten. Auch in medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Arztpraxen soll das Personal eine Impfung nachweisen oder beweisen, die Krankheit bereits durchlitten zu haben und damit immun zu sein. Ziel ist es, Patienten zu schützen.

Kinder ohne Impfschutz sollen künftig vom Kita-Besuch ausgeschlossen werden können. „Schließlich sind in Kitas auch Kinder unter zehn Monaten, die noch nicht geimpft werden dürfen und damit besonders gefährdet sind“, so Spahn. Bei Schulen sei dies nicht möglich, da dort die Schulpflicht gelte. „Aber wer sein Kind nicht impfen lässt, dem drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 2500 Euro.“ Diese würden durch die Gesundheitsämter veranlasst.

Warum genau sind Masern so gefährlich?

Bei Infizierten wird das Immunsystem geschwächt, es kann zu Komplikationen wie Mittelohr- und Lungenentzündungen kommen. Eine ursächliche Therapie gibt es nicht. Es sei keine harmlose Kinderkrankheit, hatte Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert Koch-Instituts im März gesagt. „Wir sehen bei 1000 Erkrankten einen Todesfall.“ Manchmal führt die Krankheit erst nach Jahren zum Tod, etwa bei der Masern-Gehirnentzündung SSPE – wer im Säuglingsalter an Masern erkrankt, ist besonders gefährdet.

Seit wann wird gegen Masern geimpft?

Der erste Impfstoff wurde 1967 in Deutschland zugelassen. In der DDR wurde 1970 eine Pflichtimpfung eingeführt, in der Bundesrepublik eine Impfung ab 1974 empfohlen. Seit 1991 wird eine zweifache Impfung für alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahren empfohlen. Die aktuelle Empfehlung lautet, die erste Impfung im Alter von elf bis 14 Monaten und die zweite Impfung im zweiten Lebensjahr durchführen zu lassen.

Wie geht es weiter mit den Plänen Spahns?

Spahn hat sein Vorhaben in der Koalition abgestimmt, SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach begrüßte die Pläne. Der Referentenentwurf soll dem Vernehmen nach noch vor der Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden. Bis Jahresende soll der Bundestag zustimmen. Das Gesetz soll dann am 1. März 2020 in Kraft treten.

Wie lautet Kritik an den Plänen?

Aus Sicht der EU-Kommission ist eine Impflicht kein Allheilmittel zur Eindämmung der Masern und anderer Infektionskrankheiten. „Zwang ist nicht die einzige Lösung“, sagte Vizepräsident Jyrki Katainen zuletzt der Deutschen Presse-Agentur und anderen europäischen Medien in Brüssel. „Es kann in einigen Ländern funktionieren, aber andere Organisationsformen des Impfens scheinen genauso wirksam zu sein.“ Kinderärzte hatten sich bereits dafür ausgesprochen, gleich die Dreifachimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln zur Pflicht zu machen – anstatt im Zuge einer Masern-Impfpflicht zu Einfachimpfstoffen zurückzukehren.

Von Andreas Hoenig (dpa)