Wer mit einem Schnarcher das Bett teilt, hat ein schweres Los gezogen: Nacht für Nacht wird gesägt, an Schlaf ist nicht zu denken. Aber auch der Schnarcher selbst hat sein Päckchen zu tragen. Denn der eigenen Gesundheit kann das Schnarchen ebenfalls schaden.
Drei Uhr nachts, und es geht wieder los: Erst lautes Atmen. Schnell anstupsen, vielleicht hilft es. Nein, das Pfeifen beim Ausatmen fängt an. Jetzt ist eigentlich alles verloren. Und richtig: Schon setzt das nervtötende Sägen ein – mit Rütteln und Rufen ist jetzt nichts mehr zu holen. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Aufgeben und auf die Couch umziehen ist oft die beste Chance auf Schlaf, wenn man das Bett mit einem Schnarcher teilt. Aber auch der Schnarcher selbst hat es nicht leicht. Trockener Mund, Schwitzen, Schläfrigkeit, das sind nur einige der Probleme, die Betroffene haben. Schwierigkeiten mit der Konzentration, weniger Lust auf Sex und Kopfschmerzen am Morgen sind weitere Folgen.
Vibrierender Atem
Das Schnarch-Geräusch entsteht durch die Vibration von Weichteilen in den oberen Atemwegen, häufig durch das erschlaffte Gaumensegel und Zäpfchen. Die Vibration erhöht sich, wenn die Muskelspannung beim Einschlafen abnimmt. Dabei kann es zu einer Verengung (Obstruktion) der oberen Atemwege kommen. Auch anatomische Besonderheiten wie große Mandeln, ein enger Rachen oder ein kleiner Unterkiefer können das Schnarchen verursachen, sagt Prof. Ingo Fietze vom Schlafmedizinischen Zentrum der Charité Berlin.
Beim rhythmischen Schnarchen flattert das Zäpfchen bei jedem Atemzug hin und her wie ein Segel im Wind, wie Michael Herzog von der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC) erklärt. Für den Partner ziemlich lästig, aber immerhin nicht gefährlich für den Schnarcher. Dagegen führe unrhythmisches Schnarchen, ein Symptom der obstruktiven Schlafapnoe, mit regelmäßigen Atemaussetzern zu einem erhöhten Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und Bluthochdruck.
Starkes Schnarchen kann auch Verspannungen auslösen, erklärt Hartmut Rentmeister vom Allgemeinen Verband Chronische Schlafstörungen Deutschland (AVSD). Beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) verschließen sich die oberen Atemwege für mindestens zehn Sekunden mehr als zehnmal pro Stunde. Das Gehirn reagiert auf den sinkenden Sauerstoffgehalt: Das Herz schlägt schneller, und der Betroffene rutscht vom Tiefschlaf in einen leichteren Schlaf. Dabei spannt sich die Muskulatur an, und die Atemwege öffnen sich, erklärt Herzog. Wer über Monate oder Jahre die Tiefschlafphase nicht erreicht, ist ständig müde und hat ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das Schnarchen ist häufig eine Vorstufe zur Schlafapnoe. Während 30 bis 40 Prozent der Männer mit 40 Jahren schnarchen, sind es mit 60 rund 60 Prozent, schätzt Herzog. Frauen schnarchen nach der Menopause laut Rentmeister ähnlich häufig. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) leiden rund fünf Prozent der Erwachsenen am obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom.
Im Zweifel: Schlaflabor
Schnarchen allein sei kein Grund, zum Schlafmediziner zu gehen, sagt Fietze. Erst wenn der Schlaf dauerhaft nicht erholsam ist oder sich der Bettnachbar beklagt und sogar Atemstillstände bemerkt, sollten Schnarcher handeln. Ansprechpartner sind Schlafmediziner wie Lungenärzte, Internisten, Neurologen, Psychiater und HNO-Ärzte.
Durch eine ambulante Schlafuntersuchung, die Polygraphie, lässt sich klären, ob der Patient eine schlafbezogene Atmungsstörung hat. Das Gerät misst etwa die Atembewegung, den Sauerstoffgehalt im Blut, den Puls und die Schlafposition in der Nacht. Standardtherapie des OSAS ist die pneumatische Schienung, eine im Schlaflabor angepasste Maskenbeatmung für die Nacht. Die kontinuierliche Überdruckbeatmung (CPAP) übt so viel Druck auf die oberen Atemwege aus, dass die Muskulatur im Schlaf nicht zusammenfällt.
Eine Schlafendoskopie kann helfen, die Ursache des Schnarchens herauszufinden. In einem nachgeahmten Tiefschlaf untersucht der Schlafmediziner, wo genau die Vibration stattfindet. Liegt die Engstelle etwa am Gaumen oder an den Mandeln, kann eine Operation infrage kommen. “Der Erfolg hängt aber von der Anatomie ab”, sagt Fietze. Nach zwei bis drei Jahren können die Beschwerden wiederkommen.
Beim rhythmischen Schnarchen oder einer leichten Schlafapnoe durch das Zurückfallen der Zunge kann eine sogenannte Protrusionsschiene das Schnarchen in den meisten Fällen verringern. Die Schiene hält den Unterkiefer in Position oder schiebt ihn vor, das wirke einer Verengung der Atemwege entgegen, sagt Rentmeister. Er empfiehlt, sich zunächst von einem Zahnarzt oder Kieferchirurgen beraten zu lassen, ob Zähne und Oberkiefer der Belastung standhalten. Eine günstigere Variante ist eine selbst gebastelte Kinnbinde, die den Mund geschlossen hält. Helfen können zudem spezielle Rucksäcke, die verhindern, das man auf dem Rücken schläft. Auch den Oberkörpers bis zu 30 Grad hochlegen, ist eine Möglichkeit.
Auf Alkohol, Rauchen, Schlafmittel und übermäßige Mahlzeiten vor dem Schlafen sollten Schnarcher verzichten. In rund neunzig Prozent der Fälle seien die OSAS-Patienten übergewichtig, sagt Herzog. Ihnen rät er, nachts die Atemmaske zu nutzen und tagsüber Sport zu treiben. “Viele haben nach dem Abnehmen kein Schlafapnoe-Syndrom mehr.”
Von Mareike Witte (dpa)