Nicht immer sind Durchblutungsstörungen harmlos. Im schlimmsten Fall sind sie Vorboten einer lebensgefährlichen Erkrankung. Vorbeugend kann jedoch oft viel getan werden, damit das Blut ungehindert durch den Körper fließen kann.
Die Zehen oder Finger sind ganz weiß und kribbeln: Das kann ein Alarmsignal für eine Durchblutungsstörung sein. Treten solche Symptome dann und wann auf, klingen aber schnell wieder ab, muss man sich keine Sorgen machen. “Häufen sich jedoch solche Beschwerden, sollten Betroffene zur Abklärung der Ursachen einen Arzt aufsuchen”, rät der Hamburger Mediziner Wolfgang Wesiack. Er ist Präsident des Berufsverbandes Deutscher Internisten.
Durchblutungsstörungen kann jeder bekommen. Sie treten nicht nur bei Älteren auf, sondern auch bei Menschen, die ungesund leben und sich zum Beispiel zu wenig bewegen. Wenn das Blut etwa durch verengte oder verstopfte Arterien nicht frei im Körper zirkulieren kann, werden Gewebe und Organe nicht ausreichend mit Sauerstoff und anderen Nährstoffen versorgt. “Zu Durchblutungsstörungen kann es an vielen Stellen im Körper kommen”, erläutert die Apothekerin Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbande (ABDA) in Berlin.
Wenn das Blut nicht fließt
Durchblutungsstörungen sind Erkrankungen der arteriellen oder der venösen Gefäße – oder beides. Nicht selten ist das Blut in den Beinen nicht richtig im Fluss. Viele Betroffene haben ständig kalte Hände und Füße oder Wadenkrämpfe. Durchblutungsstörungen kommen aber auch in der Herzgegend oder im Gehirn vor – dort können sie gravierende Folgen haben. “Dies führt in der Konsequenz zum Schlaganfall oder zum Herzinfarkt”, betont Wesiack. Er warnt davor, Durchblutungsstörungen zu unterschätzen. “Gefäßerkrankungen, die sich daraus entwickeln können, stehen nach wie vor an erster Stelle der Todesfälle, noch vor den Krebserkrankungen”, so der Mediziner. Schlecht durchblutete Gliedmaßen können absterben und müssen dann amputiert werden, wenn die Störung nicht behandelt wird.
Die Warnzeichen sind ganz unterschiedlich: “Schmerzen und ein Engegefühl im Brustbereich können Anzeichen für Probleme in der Herzgegend sein”, sagt die Münchner Heilpraktikerin Ursula Hilpert-Mühlig. Sie ist Vizepräsidentin des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker mit Sitz in Bonn. Wenn zum Beispiel die Arme und Beine taub sind, kann das ein Zeichen für Durchblutungsstörungen im Gehirn sein. “Auch Seh- und Sprachstörungen oder Schwindel können hier Symptome sein”, sagt Sellerberg. Wenn das Blut im Darm nicht mehr richtig zirkuliert, merken Betroffenen das häufig an Bauchschmerzen nach dem Essen.
Weit verbreitet sind nach Expertenangaben Durchblutungsstörungen der Arterien. Etwa an den Beinen können Engstellen oder Verschlüsse auftreten und mitunter für heftige Schmerzen sorgen. In der Fachsprache wird in solchen Fällen von einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) gesprochen. Beim Gehen etwa schmerzen die Beine, wenn man wieder zur Ruhe kommt, wird es besser. Umgangssprachlich ist daher von “Schaufensterkrankheit” die Rede: Wie man beim Einkaufsbummel immer wieder vor den Fenstern der Geschäfte anhält, legen auch die Betroffenen wegen der schmerzenden Beine immer wieder Zwischenstopps ein.
Therapien sind sehr unterschiedlich
Egal, wo im Körper die Durchblutungsstörungen auftreten: “Eine allgemeingültige Therapie gibt es nicht”, betont Hilpert-Mühlig. Denn die Behandlung richte sich immer nach der Ursache. Das können Bluthochdruck oder hohe Blutfettwerte sein – die müssen dann gesenkt werden. “Dies geschieht etwa durch Medikamente, über Bewegung und auch über eine ausgewogenere Ernährungsweise”, sagt Sellerberg.
Bei einem teilweisen oder sogar kompletten Gefäßverschluss kommt neben Arzneimitteln eventuell auch ein operativer Eingriff infrage, damit das Blut wieder freie Bahn hat. Dabei setzt der Operateur beispielsweise einen sogenannten Stent ein. Das ist ein sehr feines Drahtgeflecht, das das Blutgefäß offenhält. Bei Durchblutungsstörungen in den Beinen oder bei Krampfadern verordnet der Arzt dem Betroffenen zum Beispiel Kompressionsstrümpfe.
“Im Falle der Schaufensterkrankheit empfiehlt sich unter anderem auch ein tägliches Gehtraining”, sagt Sellerberg. Für Betroffene heißt das: In raschem Tempo gehen, bis die Beine wehtun. Dann bleiben sie stehen und warten, bis dass die Schmerzen abklingen – und dann geht es wieder los. Der Effekt: Durch den erhöhten Sauerstoffbedarf der Muskulatur bilden sich sogenannte Umgehungsblutgefäße, die die Durchblutung verbessern.
Wer nicht raucht oder damit aufhört, senkt das Risiko für Durchblutungsstörungen. Auch bei Übergewicht, Bluthochdruck, hohen Cholesterinwerten und Diabetes sollte man etwas tun. “Hier ist neben einem Abnehmprogramm auch eine ausgewogene Ernährung mit vielen Vitaminen und Vollkornprodukten und wenig Fetthaltigem ratsam”, erklärt Sellerberg.
Auch die regelmäßige Einnahme von Knoblauchpräparaten, mit denen Gefäße geweitet werden, kann gegen Durchblutungsstörungen wirken – allerdings nur minimal. “Wichtig ist nicht zuletzt täglich möglichst viel Bewegung, wenn es geht, dann an der frischen Luft”, betont Hilpert-Mühlig. Ob nun Spazierengehen, Fahrradfahren oder anderer Sport: Bewegung hält die Gefäße elastisch – und das Blut bleibt im Fluss.
Von Sabine Meuter (dpa)