Schnelle Facharzt-Termine auch für Kassen-Patienten?

Eigentlich wollten die Ärzte nicht so richtig ran an das Thema. Sie lehnen die ihnen vom Gesetzgeber aufgedrückten Terminservicestellen ab. Politik und Krankenkassen wollen deshalb genau beobachten, wie die Neuerung für Kassen-Patienten anläuft.

Am Montag geht’s los. Dann müssen die neuen Terminservicestellen der 17 regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen gesetzlich Versicherten innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem Facharzt verschaffen – wenn die Patienten das wünschen. Mit Spannung wird erwartet, ob die Ärzteschaft die ungeliebte Regelung vernünftig umsetzt.

Wie funktionieren die Terminservicestellen?

Der Patient braucht eine ärztliche Überweisung mit einer Codenummer für eine Behandlung bei einem Facharzt. Dann ruft er die Servicestelle seiner regionalen Kassenärztlichen Vereinigung an. Die Mitarbeiter nennen ihm innerhalb einer Woche einen Termin bei einem Experten, wobei zwischen Anfrage des gesetzlich Versicherten und dem Facharzttermin maximal eine Wartezeit von vier Wochen liegen darf.

Die Telefonnummer und die Sprechzeiten der Terminservicestelle erfahren Patienten von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte bei einer Umfrage Ende vergangener Woche noch etwas Wirrwarr festgestellt. So schwanken die Öffnungszeiten zwischen 10 und rund 50 Stunden in der Woche.

Und wenn es doch nicht klappt?

Sollte die Terminservicestelle in den vorgegebenen Zeiträumen keinen Termin bei einem niedergelassenen Facharzt anbieten können, vermittelt sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem Krankenhaus.

Wer darf sich an die Servicestelle wenden?

Es gibt keine Pflicht für Patienten, sich an die Stelle zu wenden. Nach wie vor kann jeder direkt beim Facharzt Termine machen. Der neue Service ist für Kassen-Patienten gedacht, die dringend eine fachärztliche Behandlung brauchen und selbst keinen zeitnahen Termin bekommen können. Ein Anspruch, zu einem bestimmten Arzt vermittelt zu werden, besteht nicht. Wer den Service also nutzt, verwirkt sein Recht auf freie Arztwahl. Fachärzte ihrerseits sind nicht gezwungen, bei den Kassenärztlichen Vereinigungen ihre freien Termine anzugeben.

Bagatellerkrankungen und Routineuntersuchungen sind ausgenommen. Für Zahnärzte, Kieferorthopäden und Psychotherapeuten gibt es keinen Vermittlungsservice. Und für einen Termin bei einem Frauen- oder Augenarzt braucht man keine Überweisung, darf aber trotzdem den Service in Anspruch nehmen.

Wie weit darf der Facharzt entfernt sein?

Für die allgemeine fachärztliche Versorgung darf der Weg in der Regel maximal 30 Minuten länger sein als zum nächstgelegenen Fachkollegen. Darunter fallen: Augenarzt, Frauenarzt, Hautarzt, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Neurologe, Orthopäde, Urologe, Chirurg. Für bestimmte Spezialisten, etwa Radiologen, gilt die Zeit bis zum nächstgelegenen Facharzt plus 60 Minuten. Wird diese sogenannte zumutbare Zeitgrenze überschritten, muss auch hier ein Behandlungstermin in einem Krankenhaus angeboten werden.

Wie lange sind die Wartezeiten für Patienten derzeit?

Die KBV spricht von einem deutschen „Luxusproblem“: „Während in Deutschland nur sieben Prozent der Patienten länger als zwei Monate auf einen Facharzttermin warten mussten, sind es in Schweden und Norwegen rund ein Drittel.“

Was bemängeln die Kritiker?

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und ihre regionalen Gliederungen leisteten lange Widerstand gegen die Vermittlung. Jetzt sicherten sie zu, am Montag rechtzeitig an den Start zu gehen. Sie gehen aber davon aus, dass eine bessere Steuerung der Arztbesuche Terminvergabestellen überflüssig mache. Die Wartezeiten entstünden, weil es viele Patienten gebe, die wegen einer Beschwerde zu zwei, drei oder gar mehr Fachärzten gingen.

Was sagen die Befürworter?

Solange es für Ärzte lukrativer sei, Privat-Patienten zu behandeln, würden gesetzlich Versicherte bei der Terminvergabe benachteiligt. Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) halten daher die Servicestellen für richtig. Sie wollen den Start genau beobachten. „Sollte es mehr als vereinzelte Probleme geben, müsste ernsthaft über eine systematische Überprüfung nachgedacht werden“, sagte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, der dpa.

Von Sandra Trauner und Ruppert Mayr (dpa)