Krampfadern sind mehr als ein kosmetisches Problem. Unbehandelt werden sie immer größer, können sich entzünden und zu offenen Beinen führen. Aber es gibt viele Behandlungsmöglichkeiten.
Wie ein Regenwurm schlängelt sich die Vene in mehreren Windungen das Bein entlang. Sie ist dunkelblau, fast schwarz, und wölbt sich aus der Haut heraus. Viele finden sie vermutlich hässlich. Doch sie ist vor allem eines: ein gesundheitliches Problem. Denn es handelt sich um eine fortgeschrittene Krampfader – medizinisch Varikose genannt.
Normalerweise fließt das Blut in den Venen vom Fuß bis zum Herzen. Venenklappen sorgen dafür, dass das Blut von einer Klappe zur nächsten transportiert wird und nicht zurückfließt. „Bei Krampfadern sind diese Klappen kaputt, so dass das Blut gerade bei längerem Stehen und Sitzen von oben ins Bein versackt und sich unten in der Vene staut“, erklärt Professor Markus Steinbauer, Sekretär der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin in Berlin. „Das führt dazu, dass sich die oberflächlichen Beinvenen erweitern.“
Krampfadern entwickeln sich nicht von allein zurück
Bevor die ersten Krampfadern sichtbar werden, sind die Beine oftmals geschwollen und fühlen sich schwer an. „Meist werden sie abends dick und jucken in manchen Fällen auch“, erläutert Steinbauer. Abends beim Sockenausziehen erkennt man die Beinschwellung häufig daran, dass die Socken die Haut einschnüren.
Wahrscheinlich wird eine Venenschwäche in vielen Fällen vererbt. „Krampfadern treten häufig familiär gehäuft auf“, erläutert Professor Hans-Henning Eckstein, Leiter der Gefäßchirurgie des Klinikums rechts der Isar an der Technischen Universität München. Frauen sind überdurchschnittlich betroffen. „Das hängt mit dem Hormonhaushalt und Schwangerschaften zusammen.“ Sitz- und Stehberufe mit Bewegungsmangel sowie Übergewicht verstärken die Krampfaderneigung. Ein ausgeprägtes Krampfaderleiden findet sich in der Regel bei Menschen ab 50 Jahren.
Um eine Behandlung kommen Betroffene früher oder später nicht herum. „Unbehandelt werden Krampfadern immer größer. Und sie entwickeln sich auch nicht von selbst zurück“, sagt Steinbauer. Langfristig können sich Krampfadern entzünden und zu bläulich-schwarzen Ablagerungen in der Haut, Hautverdickungen am Bein und schließlich zu offenen Beinen führen. Eine Behandlung im Frühstadium hingegen ist oft nicht notwendig. „Aber spätestens wenn Schmerzen hinzukommen, muss die Behandlung beginnen.“
Venen „veröden“
Zunächst kommt in der Regel die Kompressionstherapie zum Einsatz. „Kompressionsstrümpfe drücken auf die Venen und verhindern, dass sie sich durch einen Blutrückstau weiten können“, erläutert Norbert Frings von der Capio Mosel-Eifel-Klinik für Venenerkrankungen in Bad Bertrich. Betroffene sollten die Strümpfe in der Regel täglich von morgens bis abends tragen. Besonders gut wirken die Kompressionsstrümpfe in Kombination mit regelmäßiger Bewegung. „Durch Muskelbewegungen wird das gestaute Blut aus den Venen zurückgepumpt, oder es kann sich gar nicht erst in den Venen sammeln.“
Jede Form von Ausdauerbewegung hilft – etwa schnelles Gehen, Joggen, Fahrrad fahren oder Schwimmen. „Entscheidend ist, dass die Patienten täglich 20 bis 30 Minuten Sport treiben“, rät Frings. Konsequent umgesetzt führt das zum Erfolg: „Durch die Kompressionstherapie in Kombination mit regelmäßiger Bewegung bekommt man viele Patienten im Früh- oder Mittelstadium beschwerdefrei.“
Wenn nur kleinere Seitenvenen betroffen sind, dann eignet sich die sogenannte Sklerosierung. „Indem man meist ein aufgeschäumtes Verödungsmittel in die Seitenvenen injiziert, wird eine akute Venenentzündung erzeugt, so dass die Venenwände von innen miteinander verkleben und sich verschließen“, erklärt Eckstein. Als Nebenwirkung können gelegentlich braune Streifen in der Haut zurückbleiben. „Indem man das Verödungsmittel aufschäumt, braucht man eine geringere Dosis, und das Risiko wird erheblich reduziert, ausschließen kann man es aber nicht“, erläutert Eckstein. Sehr häufig sind mehrere Behandlungen pro Bein notwendig.
Klappen reparieren
Um lange Stammvenen zu behandeln, kommt die Radiowellen- oder Lasertherapie zum Einsatz. „Die Vene wird mit einer Nadel leicht angestochen, dann wird eine Sonde in die Vene eingeführt und bis zur Leiste hochgeschoben, und schließlich wird unter Ultraschallkontrolle von einem Radiowellen- oder Lasergerät kontrolliert Hitze auf die Veneninnenwand abgegeben“, erklärt Hans-Georg Liesaus, Facharzt für Gefäßchirurgie an der Ullsteinhausklinik in Berlin. Durch die Hitze verklebt die Veneninnenwand, die Vene schrumpft zusammen, und das verbliebene Blut gerinnt. „Der nichtdurchblutete Venenstrang wird vom Körper über die Zeit abgebaut.“ Nach der Behandlung müssen die Patienten für zwei Wochen Kompressionsstrümpfe tragen.
Wenn eine Stammvene zu breit und zu geschlängelt ist, kommt eine Operation infrage. „Beim etablierten Stripping-Verfahren legt man die betroffene Stammvene mit zwei kleinen Schnitten frei. Dann wird eine Sonde in die Vene eingeführt, mit der die Stammvene aus dem Körper heraus gezogen wird“, erklärt Liesaus. Eine neue Klappenkorrektur-Technik erhält die Stammvenen: „Dabei näht man kleine Kunststoffmanschetten um die defekten Venenklappen, so dass sie wieder schließen und die Stammvene erhalten bleibt“, erläutert Frings. „Sollte Jahre später eine Bypass-Operation am Herzen notwendig sein, rettet diese Stammvene ein Leben.“
Von Martin Faber (dpa)