Gallensteine: Kristalle versperren den Weg

© dpa - Report

© dpa – Report

Gallensteine haben viele Menschen, aber nicht jeder bemerkt sie. Entfernt werden müssen sie erst dann, wenn sie Beschwerden bereiten. Die erfolgversprechendste Therapie in vielen Fällen: eine Operation.

„Die Galle läuft ihm über“ oder „Die Galle kommt ihr hoch“: Solche Sprüche treffen oft Leute, die Wut, Verbitterung und Aggressionen zu lange heruntergeschluckt haben und endlich ihren Gefühlen Luft machen. Kaum ein Organ im menschlichen Körper wird so häufig mit negativen Emotionen in Verbindung gebracht wie die Galle. Dabei hat sie eine überaus wichtige Funktion: Ihr zähflüssiges Sekret sorgt für eine reibungslose Verdauung von Fetten.

„Über ein halber Liter Gallensaft entsteht in der Leber pro Tag“, sagt Professor Frank Lammert. Er ist Direktor der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg. Nach seinen Angaben besteht die Gallenflüssigkeit größtenteils aus Wasser, aber unter anderem auch aus Cholesterin, Kalk und Pigmenten. Diese Stoffe sind normalerweise im Wasser gelöst. Geraten sie aber – aus welchen Gründen auch immer – in ein Ungleichgewicht, bilden sich Kristalle. Es entstehen Gallensteine.

Nicht alle Gallensteine sind schmerzhaft

„Überwiegend bestehen Gallensteine aus Cholesterin“, erklärt Lammert. Er ist auch Vorstand Fort- und Weiterbildung bei der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS). Nicht immer sorgen Gallensteine für Beschwerden. „Rund 75 Prozent der Betroffenen merken hiervon gar nichts“, so der Mediziner. In solchen Fällen ist von „stummen Steinen“ die Rede. Gefährlich werden sie, wenn sie in den Gallengang gespült werden und dort hängenbleiben.

Denn in der Folge staut sich das Gallensekret und kann nicht mehr in den Darm fließen. Dort sorgt die Gallenflüssigkeit – normalerweise – für die Auflösung von Fetten. Das bleibt aus, wenn die Gallenflüssigkeit aufgrund von Steinen nicht mehr in den Darm gelangt. „Im Gallengang festsitzende Steine können Entzündungen der Gallenblase verursachen sowie der Bauchspeicheldrüse“, erklärt Lammert. Bei Nichtbehandlung drohen schwere Schäden der Leber, Blutvergiftung oder Gelbsucht. In Ausnahmefällen kann es zu Gallenblasenkrebs kommen.

Übergewicht und mangelnde Bewegung – diese Faktoren begünstigen die Entstehung von Gallensteinen. „Rund 25 Prozent aller Gallensteinträger sind erblich vorbelastet“, sagt Lammert. Frauen und Männer, die erst rapide abnehmen und dann wieder an Gewicht zulegen, laufen ebenfalls Gefahr, dass sich in ihrem Körper Gallensteine bilden. „Frauen sind eher von Gallensteinen betroffen als Männer“, erklärt der Arzt. Das liegt vor allem daran, dass fünf Prozent aller Schwangeren Gallensteine entwickeln. „Die Antibabypille kann ebenfalls die Entstehung von Gallensteinen begünstigen.“

Sitzen die Steine fest, hilft oft nur noch die Operation

Bemerkbar machen sie sich etwa durch Schmerzen im Oberbauch, Völlegefühl oder Übelkeit. „Die Beschwerden treten oft nach einer großen und fettreichen Mahlzeit auf“, weiß Ursula Sellerberg. Sie ist Apothekerin und stellvertretende Pressesprecherin bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in Berlin. Es kann auch völlig unerwartet zu einer Gallenkolik kommen. „Dabei treten für mindestens 15 Minuten starke Schmerzen im Oberbauch auf, die bis in die Schulter oder in den Rücken ausstrahlen können“, erklärt Lammert.

Auslöser einer solchen Kolik ist in aller Regel, dass ein Stein von der Gallenblase in den Gallengang rutscht und ihn verstopft. Die Muskulatur im Gallengang will nun den Stein weiterschieben, um den Weg für die Gallenflüssigkeit freizumachen – und zieht sich dabei krampfartig zusammen. Das löst in Wellen verlaufende heftige Schmerzattacken aus. Sie können bis zu fünf Stunden andauern und auch zu Schweißausbrüchen führen. Auch wenn die Kolik von selbst wieder vorübergeht, sollten Betroffene zum Arzt gehen.

Wenn Gallensteine zu derartigen Beschwerden führen, sollten sie mitsamt der Gallenblase aus dem Körper herausgelöst werden. „Jedes Jahr werden in Deutschland rund 190 000 Gallenblasen operativ entfernt“, sagt Lammert.

Mit Achtsamkeit vorbeugen

Gallensteine können zwar auch mit Stoßwellen zertrümmert werden. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich danach rasch neue Steine bilden. Gegen Gallensteine können auch Medikamente helfen. „Eine solche Therapie ist aber nur bei sehr kleinen Steinen erfolgreich und dauert in der Regel einige Monate bis Jahre“, sagt Sellerberg.

Wer Gallenbeschwerden vorbeugen will, sollte sich ausgewogen ernähren und sich möglichst viel bewegen. Da Körper und Seele eine Einheit bilden und blockierte Gefühle wie Aggressionen und Wut die Lebensenergie aus dem Takt bringen können, helfen Menschen mit Neigung zu Gallenbeschwerden möglicherweise auch ein Achtsamkeits-Training oder Entspannungsübungen. Dazu rät die Münchner Heilpraktikerin Ursula Hilpert-Mühlig. Sie ist Vizepräsidentin des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker (FDH) mit Sitz in Bonn.

Von Sabine Meuter (dpa)