Was früher die orangefarbene Notrufsäule am Straßenrand war, ist heute das Smartphone – ein schneller Weg, um im Notfall Hilfe zu rufen. Dabei helfen Telefonbucheinträge, Notfallpässe, GPS und sogar die Smartphonekamera.
Früher wurde im Notfall Hilfe von der Telefonzelle oder einer Notrufsäule aus gerufen. Heute hat nahezu jeder ein Telefon in der Tasche. Moderne Smartphones können dabei nicht nur Helfer alarmieren. Auch wichtige Daten über Angehörige oder den eigenen Gesundheitszustand können auf ihnen gespeichert werden.
Es ist schnell passiert: Man ist unterwegs – etwa auf Wander – oder Radtour, kommt zu Fall, ist möglicherweise nicht mehr ansprechbar. Wer vorsorgt, kann in seinem Telefon schon Hinweise für Passanten und Helfer speichern. „Beinahe schon obligatorisch sind die sogenannten ICE-Daten auf dem Smartphone“, sagt Manolito Leyeza von der Björn-Steiger-Stiftung. Sie beschäftigt sich seit dem Unfalltod ihres Namensgebers im Jahre 1969 mit dem Rettungswesen. ICE steht für „In Case of Emergency“, also „Im Notfall“. Das können Telefonnummern von Angehörigen sein oder auch Hinweise auf Allergien, Blutgruppe oder mögliche Unverträglichkeiten.
Wo bin ich? Per Whatsapp-Messenger seinen Standort verschicken
Während Helfer früher leicht an die Telefonbucheinträge oder Notizen herankamen, ist das in Zeiten von Codesperren für Smartphones deutlich schwieriger geworden. Hier liegt die Schwäche des ICE-Systems. Einfach die drei Buchstaben vor einen Telefonbucheintrag schreiben, reicht nicht mehr. Apple hat hier vorgesorgt. Seit iOS 8 können Notfalldaten in der Health-App gespeichert werden. „Neben Kontakten können auch Informationen über chronische Krankheiten oder Medikamentenunverträglichkeit gespeichert werden“, sagt Leyeza. Der Vorteil: Der Pass ist auch bei gesperrtem Telefon zugänglich. Unter Android oder Windows Phone kann diese Funktion bislang nur durch zusätzliche Apps nachgerüstet werden.
Häufig kommt es auch vor, dass Menschen in Not gar nicht genau wissen, wo sie sind. Retter haben dann Probleme, sie zu finden. In den Rettungsleitstellen kann häufig zumindest ungefähr bestimmt werden, von wo aus jemand anruft. Während diese Funkzellenordnung in Städten mit vielen Mobilfunksendemasten gut funktioniert, kann ihre Genauigkeit in ländlichen Gebieten laut Manolito Leyeza um einige Kilometer abweichen. Genauer sind die GPS-Empfänger, die mittlerweile in den meisten Smartphones stecken.
Ein Beispiel aus Düsseldorf: Ein Maler fällt dort während der Arbeit von der Leiter. Am Telefon kann er der Feuerwehr zwar von seinen starken Schmerzen erzählen, die genaue Adresse seines Arbeitsortes kennt er aber nicht. Allerdings kann er der Rettungsleitstelle per Whatsapp-Messenger seinen Standort schicken und bekommt Hilfe. Eine andere Möglichkeit nennt Karl-Heinz Knorr, Leiter der Feuerwehr Bremen. „Ortsunkundige Menschen können durch das Senden eines Fotos ihrer Umgebung per MMS mit entsprechenden Landmarken den Rettungsdiensten bei der Suche helfen“, erklärt er. Die Leitstellenmitarbeiter können dann häufig erkennen, wo sich jemand in etwa befindet. Gerade in Städten und Gebieten mit gut ausgebautem Mobilfunknetz funktioniert das ziemlich gut.
Notfall-Apps sind nicht unumstritten
Notfalldaten, Fotos und Positionsangaben helfen aber nicht weiter, wenn das Smartphone nicht mehr sendebereit oder außer Reichweite ist. Etwa wenn es bei einem Sturz auf den Boden fällt oder bei einem Autounfall quer durch die Fahrgastzelle geschleudert wird. „Aus unseren Crashtests wissen wir: Selbst wenn ein Auto schnurgerade auf die Wand fährt, habe ich fast immer eine Drehbewegung, die das Handy unberechenbar durchs Auto fliegen lässt“, sagt Arnulf Thiemel von ADAC. Schutzhüllen und Autohalterungen helfen, die sensiblen Telefone intakt und in Reichweite zu halten. Bei Geräten mit austauschbaren Akkus hat eine gute Schutzhülle auch den Vorteil, dass der Akku sich bei einem starken Aufprall nicht vom Telefon löst und es unbrauchbar macht.
Weitere Hilfe versprechen verschiedene Notruf-Apps. Doch uneingeschränkt empfehlen kann Manolito Leyeza sie nicht. „Einige kostenfreie Apps stellen zum Beispiel die Geokoordinaten auf dem Display zur Verfügung und wählen dann auf Tastendruck den Notruf. Die Daten muss man dann aber noch telefonisch durchgeben“, sagt er. Andere Apps informieren per SMS die Angehörigen auf der Liste über den Unfallort – aber eben nicht die Notrufzentralen. Kostenpflichtige Apps verbinden den Verunglückten meist mit einem Call Center, das dann wiederum erst die öffentlichen Leitstellen informiert. Ohne direkten Kontakt zur Notfallleitstelle der Feuerwehr geht so viel Zeit verloren.
Von Tobias Wienke (dpa)