Gefährliche Situationen mit dem Rollator meistern

© Ihre Gesundheitsprofis MAGAZIN

© Ihre Gesundheitsprofis MAGAZIN

Dahinter stellen und losschieben: So einfach lässt sich der Rollator nicht bedienen. Spätestens beim Einsteigen in den Bus oder beim Manövrieren an engen Stellen haben Senioren häufig Probleme. Abhilfe schaffen spezielle Trainings. Dieser Artikel bietet Hinweise und Tipps wie selbst heikle Situationen gut gemeistert werden können.

Für viele bedeutet er mehr Mobilität: der Rollator. Wer nicht mehr sicher unterwegs oder sogar schon gestürzt ist, für den ist die Gehhilfe mit Rädern oft die einzige Möglichkeit, ohne fremde Hilfe aus dem Haus zu kommen. Die Handhabung von Rollatoren ist aber bei weitem nicht so einfach, wie es den Anschein haben mag. Viele stürzen mit dem Rollator erst recht – weil sie auf abschüssiger Fläche nicht rechtzeitig bremsen, im Bus ins Schleudern geraten oder sich die Räder im Gullydeckel verhaken. Spezielle Rollator-Trainings können daher sinnvoll sein, sie beinhalten einen Führerschein für die Gehhilfe.

Für Ursula Maslowski bedeutete ihr Rollator in der Tat ein Stück mehr Lebensqualität. “Davor saß ich im Rollstuhl”, erzählt die 84-Jährige, die seit fünf Jahren im St.-Mauritius-Stift in Bochum lebt. Mit dem Rollator kann sie immerhin kurze Strecken gehen, sie benutzt ihn jeden Tag. Vor einer Weile hat sie an einem Rollator-Training teilgenommen, das die Polizei angeboten hat. Vor allem beim Bremsen und beim Überwinden von Bordsteinen sei sie sicherer geworden. Busfahren traut sie sich mit dem Rollator aber nicht alleine zu: “nur in Begleitung”.

In den Trainings wird meist ein Parcours aufgebaut, den die Älteren mit dem Rollator begehen. Fast immer sind es die gleichen Stolperfallen, die Probleme machen. Ein Überblick zeigt, was die kritischen Stellen sind – und wie man sie mit dem Rollator bezwingt.

An der Ampel

Kaum ist die Fußgängerampel auf Grün gesprungen, springt sie auch schon wieder auf Rot um. Wer in einer größeren Menge von Menschen steht, kommt mit dem Rollator deshalb sicher nicht rüber. “Wichtig ist, sich gleich ganz vorne hinzustellen und auf sich aufmerksam zu machen”, sagt Cornelia Brodeßer. Sie arbeitet mit der Verkehrswacht Bonn zusammen und bietet Rollator-Trainings an. Am einfachsten geht das mit einer Klingel, die an der Gehhilfe befestigt wird. “Da brauche ich keine spezielle, am besten gehe ich ins Fahrradgeschäft.”

Über Kopfsteinpflaster

Die harten Pflastersteine schütteln den Fahrer ordentlich durch – denn die Gehhilfe hat keine Stoßdämpfer. Wer regelmäßig auf unebenem Untergrund unterwegs ist, wählt am besten weichere Reifen. Komfortabler sind auch große Räder: “So wird nicht jeder Hubbel eins zu eins weitergegeben”, erklärt Brodeßer. Auch im Park kann eine andere Bereifung sinnvoll sein, etwa wenn die Wege mit Kiesschotter gestreut sind, ergänzt Professor Clemens Becker, Chefarzt der Klinik für Geriatrische Rehabilitation am Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart.

Mit dem Rollator in Bus oder Bahn

Brodeßer nennt das Zurechtkommen in diesen beiden Verkehrsmitteln “die Königsdisziplin”. Viele Busse seien nicht abgesenkt, deshalb müssten Senioren wissen, wie sie den Rollator zum Einsteigen richtig ankippen und mit der Bremse stabilisieren. Ein weiteres Problem ist der Boden im Bus: Häufig rutschen die Rollatoren bei jeder Kurve oder jedem Bremsen weg. Wirklich sicher mache hier nur viel Übung. Bei einem Rollator-Training erfahren Ältere auch, dass es in Bussen häufig Druckknöpfe mit einem Rollstuhlsymbol gibt: Das signalisiere dem Fahrer, dass er länger halten soll, weil jemand nicht so schnell ein- oder aussteigen kann.

In den eigenen vier Wänden

Nicht nur draußen, auch drinnen in der Wohnung gibt es mit dem Rollator Probleme. “Weniger als zehn Prozent der Wohnungen sind barrierefrei”, erklärt Professor Becker. Die Folge: Bei den meisten Zimmern kommt man nur schwer durch Türen oder um Ecken herum. Oft gehen die Türen auch nur nach innen auf: “Dann müsste ich eigentlich zur Seite gehen, die hinteren Räder sind aber nicht lenkbar – das heißt, ich muss den Rollator hochheben.” Das sei für viele eine große Herausforderung. Auch das Rückwärtsgehen, beispielsweise um sich auf einen Stuhl zu setzen, bereite vielen Schwierigkeiten.

Die meisten Sturzunfälle mit Gehhilfen passierten, weil Senioren nicht richtig gelernt haben, sie zu bedienen. “Oder die Bremsen sind ganz falsch eingestellt”, sagt Becker.

Rutschige Flächen oder Eis

Bei Matsch, Regen oder Eis wird das Manövrieren mit dem Rollator richtig schwer. “Viele haben dann ein doppeltes Problem, weil sie auch nicht mehr gut sehen”, sagt Brodeßer. Hat sich eine Eisschicht auf den Straßen gebildet, bleibe nur, feste Schuhe mit Spikes anzuziehen. Im Winter und bei Dämmerung bietet es sich grundsätzlich an, Reflektoren am Rollator anzubringen. Diese gibt es etwa im Sanitätsgeschäft zu kaufen.

Effektiv etwas tun können Senioren nur gegen verschmutzte, verklebte Reifen. Vor allem die Stellen, an denen die Bremsen auf den Reifen aufliegen, sollten sie nach jedem Spaziergang bei schlechtem Wetter reinigen. Am besten klappt das mit einer Spülbürste und etwas Wasser, das man beispielsweise in eine leere Sprudelflasche umfüllt.

Bergab mit dem Rollator

Bergab entwickelt der Rollator eine unerwünschte Eigendynamik und wird immer schneller. Vermeiden lässt sich das nur, wenn mit leicht schleifender Bremse die ganze Zeit die Geschwindigkeit gedrosselt wird. “Man kann auch mit der Bremse lenken”, erklärt Brodeßer. Wer beispielsweise ganz leicht links bremse, fahre auch nach links. Schwierig wird es an dieser Stelle aber bei bestimmten Erkrankungen: “Parkinsonpatienten können bergab nicht bremsen”, sagt Professor Becker.

Von Julia Kirchner (dpa)