Erstmals gewinnt eine Rollstuhlfahrerin einen Tony Award. Die Verleihung der Theaterpreise in New York wird auch zu einem Appell für mehr Vielfalt und Chancengleichheit.
Das Musical „Hadestown“ ist bei den Tony Awards, den wichtigsten Theaterpreisen der Welt, mit acht Auszeichnungen als großer Sieger hervorgegangen – für den emotionalsten Moment bei der Gala am Sonntagabend in New York sorgte aber die Schauspielerin Ali Stroker: Als erster Mensch im Rollstuhl gewann sie einen Tony. Die 31-Jährige wurde für ihre Rolle der Ado Annie in dem Musicalrevival „Oklahoma!“ ausgezeichnet.
„Dieser Preis ist für jedes Kind mit einer Behinderung oder Einschränkung, das heute Abend zuschaut und darauf gewartet hat, sich in dieser Halle vertreten zu sehen“, sagte Stroker in ihrer Dankesrede. Nach einem Bericht der „New York Times“ erlitt sie im Alter von zwei Jahren bei einem Autounfall eine Rückenmarksverletzung und sitzt seitdem im Rollstuhl.
Acht Tony Awards räumte das Musical „Hadestown“ über den griechischen Mythos von Orpheus und Eurydike ab. Darunter waren der Preis für das beste Musical und für die beste Regie, der an Rachel Chavkin ging. Die Juroren der Verleihung in der Radio City Music Hall in New York City überzeugte die wilde Mischung von „Hadestown“ aus Südstaaten-Dixie-Jazz, Folk und Soul, mit der das Schauspiel den griechischen Mythos im Look von Fritz Langs „Metropolis“ erzählt.
„Ich wünschte, ich wäre nicht die einzige Frau, die in dieser Saison ein Musical am Broadway inszeniert“, sagte Regisseurin Chavkin in ihrer Dankesrede und forderte laut „New York Times“ mehr Vielfalt unter Theaterkünstlern und Kritikern.
Schauspielerin Ali Stroker sagte Reportern, dass Broadway-Theater zwar für Zuschauer mit einer Behinderung zugänglich seien, dies gelte aber nicht für Künstler mit Behinderung. „Ich möchte Theaterbesitzer und Produzenten bitten zu prüfen, wie sie den Backstage-Bereich zugänglich machen können, damit Künstler mit Behinderung sich dort ohne Einschränkung bewegen können.“
Als bestes Theaterstück des Jahres wurde das aus dem Londoner Westend übernommene IRA-Familiendrama „The Ferryman“ ausgezeichnet, das schon vor der Verleihung als Favorit galt. Der Preis für den besten Schauspieler in einem Theaterstück ging an „Breaking Bad“-Star Bryan Cranston in „Network“.
Für die Branche um die 41 Broadway-Theater war die Saison von Ende Mai 2018 bis Ende Mai 2019 von neuen Rekorden geprägt. Umsatz und Besucherzahl stiegen um je rund zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr, beides sind neue Bestwerte. Insgesamt verkauften die Theater laut Zahlen des Branchenverbands Broadway League rund 14,8 Millionen Tickets. Erlöst wurde so ein Umsatz von etwa 1,8 Milliarden US-Dollar (1,6 Milliarden Euro).
Quelle: dpa