Fingertest und Hautpflege gegen Wundgeschwüre 

Fingertest und Hautpflege gegen Wundgeschwüre

Foto: Oliver Berg/dpa

Pflegebedürftige sind häufig nicht mehr so mobil. Sie sitzen lange oder sind gar bettlägerig. Die Pflegenden stellt das vor besondere Hausforderungen: Sie müssen vermeiden, dass sich der Betroffene wundliegt. Dafür ist nicht nur Mobilisation wichtig.

Über lange Zeit in ein und derselben Position sitzen oder liegen: Das tut Pflegebedürftigen gar nicht gut. Die Gefahr ist groß, dass sich an ihrem Körper ein Wundgeschwür entwickelt. Ein solcher Dekubitus, so der Fachausdruck, ist schmerzhaft und nicht immer einfach zu behandeln. Das Problem: Angehörigen, die zu Hause jemanden versorgen, ist das Risiko oft gar nicht bewusst.

Zu einem Dekubitus kommt es durch Krafteinwirkung – genauer gesagt durch Druck und Scherkräfte. Druck entsteht, wenn sich ein Körperteil lange an derselben Stelle befindet und nicht bewegt wird. Der Körper übt einen Druck auf die harte Unterlage aus. Das Gewebe wird nicht mehr richtig durchblutet, es entstehen kleine Hautschäden.

Fersen und Steiß sind besonders gefährdet

Gefährdet sind vor allem Stellen, bei denen die Knochen dicht unter der Haut liegen. Häufig ist das zunächst am Steiß oder an den Fersen der Fall. „Aber auch Schulterblätter, Hinterkopf, Ohrmuscheln oder die Wirbelsäule sind problematische Stellen“, erklärt Jens Ofiera vom Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB).

Ein Dekubitus kann aber auch entstehen, wenn sich Hautschichten gegeneinander verschieben. Experten sprechen von Scherkräften. Um das zu verdeutlichen: Man sitzt auf einem Stuhl und rutscht auf der Sitzfläche langsam nach vorne. Die obere Hautschicht wird verschoben. Das findet auch ein Nicht-Pflegebedürftiger unangenehm – und setzt sich nach einiger Zeit automatisch in eine bequemere Position. Pflegebedürftige können das häufig nicht mehr eigenständig. Das Gewebe bleibt geschert, was zu winzigen Verletzungen der Haut führt.

Um zu vermeiden, dass es dazu kommt, müssen Angehörige vor allem Bescheid wissen: Wie entsteht ein Dekubitus? Und was kann man vorbeugend tun? Wenn Laien zu Hause einen Angehörigen pflegen, sollten sie deshalb vorher einen Pflegekurs unter professioneller Anleitung absolviert haben, rät Catharina Hansen von der Verbraucherzentrale NRW. „Ein guter und wichtiger Nebeneffekt von Kursen für pflegende Angehörige ist, dass man andere trifft, mit denen man sich austauschen kann“, ergänzt Ofiera.

Heiko Keuchel rät, ab und an einen ambulanten Pflegedienst zuratezuziehen. Die Fachkräfte können die Angehörigen bei einer Einschätzung der Dekubitus-Gefährdung unterstützen, sagt der Vorsitzende des Instituts für Innovationen im Gesundheitswesen und angewandte Pflegeforschung (IGAP). „Eine solche Bewertung muss regelmäßig wiederholt werden oder immer dann, wenn sich am Zustand des Patienten etwas ändert.“

Denn nicht nur langes Ausharren in einer Position kann einen Dekubitus begünstigen. Zu den Risikofaktoren zählt zum Beispiel auch eine Mangelernährung. Schließlich ist eine ausgewogene Ernährung wichtig für eine gesunde Haut. Darauf – und auf ausreichend Flüssigkeit – sollten Pflegende achten.

Aber auch eine falsche Schlafunterlage kann die Entstehung eines Wundgeschwürs begünstigen. „Oft werden Pflegebetten mit sehr einfachen Matratzen ausgeliefert“, so Keuchel. Er rät, bei einer Dekubitus-Gefährdung eine spezielle Anti-Dekubitus-Matratze zu kaufen.

Feuchtigkeitscremes weichen die Haut auf

Eine solche Matratze ersetzt aber nicht das Umlagern von Bettlägerigen. Bis vor kurzem wurde geraten, einen Bettlägerigen alle zwei Stunden in eine andere Position zu legen. „Dies entbehrt jedoch jeglicher medizinischer Grundlage“, sagt Keuchel. Umlagerungsintervalle müssten individuell festgelegt werden. Manche Patienten weisen schon nach einer halben Stunde Druckstellen auf, andere können länger ohne Positionsveränderung liegen. Beim Festlegen der Umlagerungsintervalle gibt der ambulante Pflegedienst Tipps.

Generell gilt: Angehörige sollten einen Pflegebedürftigen dazu ermuntern, sich so viel wie möglich selbst zu bewegen. Ist dies nicht möglich, sollten sie ihn mehrfach am Tag mobilisieren. Man kann den Betroffenen zum Beispiel aus dem Bett heben und in einen Rollstuhl setzen.

Wenn die Haut über der Region, auf der der Pflegebedürftige gelegen hat, beim Umlagern gerötet ist, hätte die Umlagerung vermutlich früher erfolgen sollen. „Hierzu gibt es einen einfachen Test“, sagt Ofiera. Wenn man mit einem Finger auf den geröteten Hautbereich drückt und diese Stelle bleibt rot, dann ist bereits eine Schädigung entstanden.

Auch Hautpflege ist wichtig, um einen Dekubitus zu vermeiden. Feuchtigkeit zum Beispiel ist kritisch. Sie kann die Haut aufweichen, was ein Wundliegen begünstigt. Das Klima im Bett darf daher nicht feucht sein. Was hilft: ein rascher Wechsel der Bettwäsche, wenn das Bett nassgeschwitzt ist, eine Matratze, die Feuchtigkeit absorbiert, und Inkontinenzartikel.

Die Widerstandskräfte der Haut können etwa durch durchblutungsfördernde Waschungen von Rücken und Gesäß gestärkt werden, erklärt Hansen. In Sachen Hautpflege sollten sich Pflegebedürftige individuell beraten lassen. Denn nicht jedes Produkt ist für jeden Hauttyp geeignet.

Von Sabine Meuter (dpa)