Unter Druck: Wie sich Wundliegen vermeiden lässt

© picture alliance/chromorange

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Pflegebedürftig und schwer krank: Wer sich nicht bewegen kann, läuft Gefahr, dass sich ein Wundliegegeschwür entwickelt. Dann gehört er in die Hände eines Experten. Ein solcher Dekubitus kann jedoch oft verhindert werden.

Langes Sitzen, ständiges Liegen – das tut dem Körper nicht gut. Und wer pflegebedürftig und schwer krank ist, kann meist nicht selbst etwas dagegen tun. Im schlimmsten Fall entwickelt sich ein Wundliegegeschwür. In der Fachsprache ist dann von einem Dekubitus die Rede. Das ist schmerzhaft – und mitunter nicht einfach zu behandeln.

Konkret handelt es sich dabei in der Regel um eine lokal begrenzte Schädigung der Haut beziehungsweise des darunterliegenden Gewebes, erläutert Gonda Bauernfeind. Sie ist Leiterin eines Pflegedienstes in Windeck und Mitglied des Beirats der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung (DGfW). „Ein Dekubitus kann aber auch ein Muskelschaden bei intakter Haut sein“, ergänzt Jan Kottner von der Charité Universitätsmedizin Berlin. Er ist wissenschaftlicher Leiter einer Expertenarbeitsgruppe, die derzeit die Leitlinien zur Dekubitusprophylaxe in der Pflege aktualisiert.

Vier Dekubitus-Kategorien

Ein Dekubitus wird in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. In der Kategorie eins ist die Hautstelle gerötet, bei der Kategorie zwei liegt ein Defekt der Haut vor. Bei einem Dekubitus der dritten Kategorie geht der Defekt bis in das Fettgewerbe, und bei der Kategorie vier ist der Gewebedefekt mindestens im Muskel – Knochen, Sehnen und Bänder können sichtbar werden. Bei der Behandlung sollte man sich nicht auf Hausmittel verlassen oder selber herumdoktern. Die Versorgung ist Sache von Ärzten und Pflegefachkräften.

Zu wenig Unterhautfettgewebe

Oft entwickelt sich ein Wundliegegeschwür über knöchernen Vorsprüngen als Folge von anhaltendem Druck, der durch Sitzen oder Liegen entstehen kann. „Am häufigsten ist das an Ferse und Fußknöchel, seitlich im Beckenbereich, an der Wirbelsäule und an den Ohrmuscheln“, erklärt Johanna Knüppel vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) in Berlin. Auch die Kreuzbeingegend kann betroffen sein.

Besonders gefährdet sind ältere, aber auch pflegebedürftige Menschen mit Mehrfacherkrankungen. Als Risikofaktoren für einen Dekubitus gelten unter anderem eingeschränkte Beweglichkeit und Bettlägerigkeit – und damit verbunden ein zu geringes Unterhautfettgewebe sowie eine zu geringe Muskulatur, die als Polster dienen könnten. Vor allem Menschen, die sich nicht alleine drehen oder im Stuhl ihr Gewicht verlagern können, droht ein Dekubitus.

Dazu muss es nicht kommen. Angehörige oder Pflegekräfte sollten einem Gefährdeten so häufig wie möglich bei einem Positionswechsel helfen. Auch ansonsten gilt: „Mobilisation ist die allerbeste Vorbeugung“, betont Knüppel. Das bedeutet, dass Pflegebedürftigen so oft wie möglich zur Bewegung angeregt werden.

Hilfsmittel zur Druckentlastung

Dazu kann zum Beispiel gehören, es jemandem im Liegen nicht zu leicht zu machen, indem man alles ans Bett schiebt. Beim Griff zur Fernsehzeitschrift etwa darf sich der Pflegebedürftige ruhig einmal recken – sofern er das eigentlich noch gut kann. Außerdem sollte man ihn so oft wie möglich aus seinem Bett oder seinem Sessel holen und etwa dazu motivieren, zum Essen an den Tisch zu gehen.

Wer einen Angehörigen im Pflegeheim hat, sollte sich mit dem Personal dort darüber austauschen, wie mobil die zu betreuende Person ist, wie viel Zeit sie im Bett verbringt und welche andere Liege- beziehungsweise Sitzpositionen toleriert werden. Es gibt aber auch Hilfsmittel zur Druckentlastung. Dazu gehören etwa Wechseldruckmatratzen oder spezielle Sitzkissen. Um ein Wundliegegeschwür zu verhindern, sollte man auch auf eine ausgewogene Ernährung, ausreichendes Trinken sowie schützende Hautpflege achten.

Zur Vorbeugung sollte man vor allem die knöchernen Vorsprünge eines Pflegebedürftigen beobachten. „Warnsignale für einen Dekubitus sind in erster Linie anhaltende Hautrötungen und Schmerzen an den betreffenden Körperstellen“, sagt Kottner. Weit verbreitet ist ein sogenannter Fingertest. Dabei will man herausfinden, ob sich eine Rötung per Finger „wegdrücken“ lässt. Ist dies nicht der Fall, dann geht man von einem Dekubitus aus. Kottner hält davon nichts. „Dieser Test ist extrem ungenau und führt zu keinen besseren Präventionsergebnissen“, betont er.

Von Sabine Meuter (dpa)