Gummitwist und Kinderspiele für Erwachsene 

Foto: Moritz Vennemann/picture alliance

Ob Slackline, Hüpfekästchen oder Seilspringen: Was Kinder auf dem Pausenhof machen, ist die ideale Inspiration für ein kleines Erwachsenen-Workout. Denn solche Spiele fördern Konzentration, Koordination und Kondition – in jedem Alter.

Durch Hüpfen, Laufen, Springen oder Balancieren trainieren Kinder ihre Koordination und Ausdauer. Und sie haben Spaß dabei. Doch mit dem Alter rücken beim Sportprogramm häufig andere Prioritäten in den Vordergrund. Warum eigentlich? Viele Kinderspiele eignen sich hervorragend für ein kurzweiliges Fitness-Workout.

Hickelkasten etwa, auch als „Himmel und Hölle“ oder „Hüpfekästchen“ bekannt. Mit Kreide werden dabei Vierecke auf den Boden gemalt und mit Zahlen von eins bis zehn versehen. Die Zahl eins ist in dem Quadrat, das dem Spieler am nächsten liegt. Dieser wirft nun nacheinander einen Stein in die Kästchen und hüpft los. Meist wechselt man dabei von zwei Beinen auf eines. „Am besten schaut der Springer nicht nach unten, sondern versucht, ein Gefühl für die Schrittlänge zu entwickeln“, rät Christine Franke von der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam.

Springen ist gut für die Knochen

„Manchmal darf man den Stein nur mit einer Hand greifen, die andere liegt auf dem Rücken“, erklärt Sandra Gärttner von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. Die genauen Regeln können zwar sehr unterschiedlich sein, sagt Ilona Gerling von der Deutschen Sporthochschule Köln. „Immer ist dabei jedoch ein Gleichgewichts- und damit ein Bewegungssicherheitstraining gegeben.“

Beim Hüpfekästchen stehen laut Franke Kraftausdauer und Koordination im Vordergrund. „Der Spieler darf beispielsweise die Linien nicht treffen oder balanciert auf einem Bein“, sagt die Sport-Dozentin. Das schult das Gleichgewicht und ist eine gute Sturzprophylaxe. Arthrose-Patienten, Menschen mit Knieproblemen oder künstlichen Gelenken raten die Expertinnen aber bei derartigen Spielen zur Vorsicht. Und generell sollte der Boden möglichst eben sein.

Das gilt auch beim Gummitwist. Das konzentrierte Abfangen und Abrollen nach dem Sprung ist hier besonders wichtig und dient als Fußkräftigungsübung. Verschiedene Sprungkombinationen auf einem oder zwei Beinen oder auch Drehungen sind möglich. Den Gummi kann der Anfänger zunächst tief zum Beispiel zwischen zwei Stühle spannen und mit Musik ein kleines Fitnesstraining daraus machen, schlägt Gerling vor. „Das ist wie Zumba.“

Den Expertinnen zufolge ist das Springen für die Knochen sehr wichtig. Die kleinen Kraftstöße dienten dazu, die sogenannte Mineralisierung anzuregen. „Das ist ein guter Schutz vor Osteoporose“, sagt Franke. Als Leistungssteigerung können Hobby-Sportler den Gummi mit der Zeit immer ein Stück höher anbringen. „Ein tolles Kreislauf-, Fußkraft-, Oberschenkel- und Rumpfkrafttraining, sagt Gärttner.

Viele Kinderspiele sind als Erwachsenen-Sport schon so etabliert, dass sie sogar einen eigenen Namen bekommen haben. Das Seilspringen etwa heißt auch in Deutschland oft „Rope Skipping“, meist als Aufwärm- oder Kreislauf-Training. Gerling schlägt vor, für etwas Abwechslung das Seilspringen mit einem Trampolin zu kombinieren: „Das ist gelenkschonender.“ Um die individuelle Länge abzumessen, stellt man sich mittig auf das Seil und zieht es bis unter die Achseln.

Während des Springens sollten die Ellenbogen auf Hüfthöhe und die Oberarme am Oberkörper gehalten werden, das Seil wird nur aus dem Handgelenk gedreht. Der Oberkörper ist aufgerichtet, der Rumpf angespannt. „Man sollte darauf achten, dass man sauber auf den Fußballen aufkommt und die Knie leicht gebeugt und muskulär stabilisierst hält“, rät Gärttner. Mit der Zeit können Sportler die Sprungzeit und die Umdrehungen des Seils erhöhen oder variieren.

Gutes Gleichgewicht beugt Stürzen vor

Wer Beschwerden in den Knien oder Hüften oder Bandscheibenvorfälle hatte, sollte vor dem Seilspringen aber mit seinem Arzt sprechen – und es generell langsamer angehen lassen.

Und auch das Balancieren, das Kinder ganz natürlich gerne machen, hat die Fitness-Welt für Erwachsene neu erfunden – der Slackline sei Dank. Das ist ein etwas dickeres Gurtband, das beispielsweise zwischen zwei Bäume gespannt wird. „Allerdings ist das eher was für Fortgeschrittene“, sagt Franke. Sie rät Anfängern daher, das Seil zunächst recht tief anzubringen oder sich jemanden zur Hilfe zu holen, der einen an den Händen festhält.

Denn hier sind volle Körperbeherrschung, Balance und Orientierungsfähigkeit gefragt, weiß Gärttner. „Gleichgewicht ist die wesentlichste koordinative Fähigkeit und gerade im Alter sehr wichtig zur Sturzprophylaxe“, sagt Gerling.

Um Körperspannung, Beherrschung und Rhythmusgefühl geht es beim Hula-Hoop. „Außerdem muss ich meine Geschwindigkeit immer anpassen, damit der Ring oben bleibt“, sagt Franke. Hula-Hoop ist den Expertinnen zufolge sehr gut für die Rumpfkraft und trainiert die schräge Bauchmuskulatur. Der oft versteifte Körper wird wieder beweglicher, vor allem die tiefere Muskulatur, die die kleinen Gelenke der Wirbelsäule stabilisiert. Die kreisenden Bewegungen fördern die Durchblutung, die Faszien werden gelockert, Verspannungen lösen sich.

Bei Problemen mit der Wirbelsäule und den Bandscheiben ist aber Hula-Hoop nicht zu empfehlen, so Franke: „Das ist eine zusätzliche Stoßbelastung für die Wirbel.“

Von Bernadette Winter (dpa)