Keine Babysprache im Umgang mit Demenzkranken

Alzheimer macht aus dem Patienten einen anderen Menschen: Der Alltag wird für die Angehörigen zu einer Herausforderung. Mit ein paar Tipps können sie die ein bisschen besser meistern.

Diagnose: Alzheimer. Ein herber Schlag für die gesamte Familie. Wie sollen Angehörige und Freunde damit umgehen? Susanna Saxl von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft erklärt, wie Angehörige den Alltag mit der Krankheit meistern können.

Betroffene sind Erwachsene, „auch wenn sie sich mit der Zeit wie Kinder verhalten“, sagt Saxl. Und wie Erwachsene muss man sie auch behandeln – Babysprache ist da absolut fehl am Platz. „Das ist entwürdigend.“ Sie rät, möglichst einfach und ohne Verniedlichungen zu sprechen. Auch einzelne, konkrete Anweisungen helfen beim Verständnis. „Wenn man aufträgt, den Tisch zu decken, kann das überfordernd sein. Lieber in einzelne Arbeitsschritte teilen.“

Zeigen statt erklären

Worte können mit der Zeit zu einer unüberwindbaren Hürde für die Kranken werden. Zum Beispiel können sie alltägliche Begriffe nicht mehr der richtigen Sache zuordnen: Wer das Wort Gabel nicht mehr versteht, dem kann es helfen, diese gezeigt zu bekommen.

Gesten oder Nähe helfen ebenfalls im Umgang mit Betroffenen weiter. „Auch im fortgeschrittenen Stadium haben sie ein Gespür für Emotionen. Liebe und Nähe sind da sehr wichtig.“ Auch wenn der Betroffene seine Frau nicht mehr erkennt oder seine Tochter mit „Mama“ anspricht – Saxl ist überzeugt, dass ihm sein Gegenüber nicht fremd ist: „Er spürt, dass ihm die Person lieb und teuer ist. Er weiß nur nicht mehr genau, wer sie ist.“

Betroffene am Alltag teilnehmen lassen

Schöne Erlebnisse beflügeln den Kranken und geben ihm Lebensenergie – Tanzen ist beispielsweise eine Möglichkeit: „Musik bleibt lange im Gedächtnis. Dazu die Gemeinsamkeit und Nähe.“ Nicht nur in der Freizeit tut Beschäftigung Demenzkranken gut. Einfache Aufgaben zu Hause lassen sie am Alltag teilnehmen: „Wenn jemand zum Beispiel viel mit Akten zu tun hatte, lässt man ihn Papier lochen und abheften.“ Dabei sollte nicht das Ergebnis im Fokus stehen – Hauptsache die Freude ist da. „Vor allem sollte man nie auf Defizite hinweisen, sondern immer sagen, was noch alles funktioniert.“

Die Wohnung sollte immer gut ausgeleuchtet sein, denn Demenzkranke haben eine andere optische Wahrnehmung. „Türschwellen können manchmal wie tiefe Schluchten erscheinen.“ Mit der Zeit werden sich die Patienten auch nicht mehr in ihrer eigenen Wohnung orientieren können. „Da helfen Symbole auf den einzelnen Zimmertüren oder ein Leuchtband auf dem Boden, was nachts zur Toilette führt.“ Viele Angehörige machen sich permanent Sorgen, ob der Betroffene den Weg nach Hause findet oder den Herd ausschaltet. „Mittlerweile gibt es so viel technische Hilfe, dass die Angst minimiert werden kann.“

Sich eingestehen, wenn es nicht mehr geht

Irgendwann kommt der Punkt, dass es zu Hause einfach nicht mehr geht. „Dafür muss man sich keine Vorwürfe machen. Viele versprechen, dass der Patient nie ins Heim muss.“ Wenn aber die eigene Gesundheit darunter leidet, ist der Zeitpunkt erreicht, etwas zu ändern. Gereiztheit, Überforderung und Erschöpfung sind deutliche Anzeichen. „Man muss offen mit sich selbst umgehen“, rät Saxl. „Das heißt ja nicht, dass man sich im Heim nicht mehr kümmert.“ Ohne den Kampf um das tägliche Waschen und Pflegen können beide Seiten schöne gemeinsame Momente erleben.

Von Nora Wanzke (dpa)