Schulen sollen träge Kinder in Bewegung bringen

Eltern wissen, dass Bildschirme ihren Nachwuchs magisch anziehen. Auch wegen des gestiegenen Medienkonsums sind immer mehr Kinder zu inaktiv – und zu dick. Die Ganztagsschulen könnten hier gegensteuern, sind die niedersächsischen Sportärzte überzeugt.

Stillsitzen statt rennen und klettern: Die niedersächsischen Sportärzte beklagen, dass in den Schulen die Bewegung zu kurz kommt. Gerade wegen der Ganztagsbetreuung sei es sinnvoll, Bewegung und Belastung in den Schulalltag zu integrieren, sagte Uwe Tegtbur, Direktor des Instituts für Sportmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover. “Abends setzen sich viele Jugendliche nur noch an den Rechner.”

Der Medienkonsum von drei bis vier Stunden am Tag sowie die Abkehr vom Vereinssport führt den Sportmedizinern zufolge zu erheblichen gesundheitlichen Schäden. Kinder, die lieber daddeln als Fußball spielen, neigen zu Übergewicht. In Deutschland sind 15 Prozent aller 3- bis 17-Jährigen zu schwer, jeder zweite bis dritte davon ist sogar stark übergewichtig. Bluthochdruck und Stoffwechselstörungen sind häufige Folgen. Wege aus der Misere diskutierten Mediziner, Lehrer und Schulleiter am Mittwoch beim 13. niedersächsischen Sportärztetag in Hannover.

Wissenschaftlich belegt ist, dass Bewegungsprogramme in der Schule Übergewicht vorbeugen. Gleichzeitig steigern sie den Lernerfolg der Jungen und Mädchen und erhöhen ihre Konzentrationsfähigkeit. Bei der Göttinger Initiative Fit für Pisa zum Beispiel bieten die teilnehmenden Grundschulen zusätzlichen Sportunterricht an, darüber hinaus gibt es Ernährungs- und Kochkurse. Ein Patenarzt ist auch für Eltern Ansprechpartner in Gesundheitsfragen.

Kinder für Bewegung begeistern

Der Landessportbund plädiert bereits seit Jahrzehnten für eine Ausweitung des Sportunterrichts. Bisher stehen nur zweimal 45 Minuten pro Woche auf dem Stundenplan. Bei der Gestaltung des Ganztages sind die Vereine ein wichtiger Partner. Der Landessportbund hat 17 Koordinierungsstellen für alle Regionen Niedersachsens eingerichtet. Hier wird gebündelt, welche Sportangebote mit welchen Partnern in den Schulen möglich sind. Für Ende Januar ist ein Gespräch mit Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) geplant. “Es gibt noch Defizite”, sagte der Chef des Landessportbundes Reinhard Rawe.

Rund 80 Prozent der 6- bis 10-jährigen Kinder betreiben Sport. Die Vereine beklagen aber massenhafte Austritte im Pubertätsalter. Wenn Schulen am Nachmittag Trendsport anbieten, könnten Jugendliche zurückgewonnen werden, sagt Hermann Städtler. Der Beauftragte des Kultusministeriums für das Projekt Bewegte Schule – gesunde Schule Niedersachsen ist Leiter der Fridtjof-Nansen-Schule in Hannover. Dort gibt es auf den Fluren Kletterwände und Schlaufen zum Hangeln.

“Grundsätzlich wohnt in jedem Kind Bewegungsfreude”, ist Städtler überzeugt. Es gehe darum, die Generation Bildschirm aus der Trägheitsfalle zu locken.

Quelle: dpa