Das Heben und Tragen von mehr oder weniger schweren Gegenständen lässt sich im Alltag kaum vermeiden. Zu viel oder falsches Tragen kann aber auf den Rücken gehen. Die richtige Technik schont die Rückseite.
Eins, zwei, drei und hoch mit der Getränkekiste! Dann noch schnell die Treppe herauf – und schon schießt der Schmerz in den Rücken. Heben und Tragen gehören zum Alltag. Schwere Einkaufstüten müssen nach Hause, die Zimmerpflanze von einer in die andere Ecke. Und natürlich heben Eltern ihre Kinder an. Das an sich ist kein Problem. Damit der Rücken nicht in Mitleidenschaft gezogen wird, gilt es aber einiges zu beachten.
Hebt jemand zum Beispiel einen Eimer Wasser an, werden die Muskeln an den Armen und am Rumpf stark belastet. „Dabei kommt es auf die richtige Körperhaltung an, um die Wirbelsäule zu schonen», sagt Juliane Steinmann, Fachärztin für Arbeitsmedizin bei der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. Die wichtigste Regel: Der Rücken bleibt gerade.
Angehoben wird immer aus den Beinen
Ein gekrümmter oder nach vorne geneigter Oberkörper belastet die Bandscheiben. Der Bandscheibenkern kann sich verschieben und auf die Nerven drücken. Die mögliche Folge: massive Rückenprobleme. Ob es dazu kommt, hängt aber auch davon ab, wie oft etwas Schweres gehoben und getragen wird und wie intensiv dies als körperliche Last empfunden wird.
Wer viel tragen muss und dabei nicht auf seine Körperhaltung achtet, riskiert neben Bandscheiben-Problemen auch Arthrose, also einen vorzeitigen Verschleiß der Gelenke. „Langfristig können sich Fehlformen in der Wirbelsäule, also ein Rundrücken, entwickeln“, erklärt Ulrich Kuhnt, Leiter einer Rückenschule in Hannover.
So weit muss es aber nicht kommen. Grundsätzlich gilt: Zu zweit hebt und trägt es sich leichter. Fasst einer die Getränkekiste rechts und einer links an, tragen beide jeweils nur die halbe Last. Hebt jemand dagegen allein, bewegt er sich oft ruckartig vorwärts. Das belastet die Wirbelsäule zusätzlich.
Ist gerade niemand zur Stelle, können Kisten oder Kartons auch mit Hilfsmitteln wie etwa Rollbrettern oder Sackkarren weggebracht werden. Müssen schwere Gegenstände im Haus auf eine obere Etage, erleichtern sogenannte Treppensteiger oder Sackkarren den Transport.
Aber egal, ob man alleine oder zu zweit etwas Schweres hebt: Angehoben wird immer aus den Beinen und nicht aus dem Rücken, erläutert Michael Preibsch vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK). Die Bauch- und Beckenmuskeln sollten angespannt sein. Wichtig ist auch das bewusste Ausatmen beim Anheben.
„Es ist aber nicht unbedingt ein Drama, wenn der Rücken immer mal wieder gekrümmt oder verdreht wird“, sagt Kuhnt, der Vorsitzender des Direktoriums des Bundesverbands deutscher Rückenschulen (BdR) ist. Ob dies zu Beschwerden führt oder nicht, hängt von den individuellen muskulären Voraussetzungen ab und davon, ob jemand Vorerkrankungen hat.
Eine weitere wichtige Regel: immer nah am Körper tragen. „Dadurch hat das Gewicht der Last und des eigenen Körpers nur einen kurzen Hebel zur Wirbelsäule“, erklärt Steinmann. Wer ein zehn Kilogramm schweres Kind anhebt und trägt, sollte ihm sagen, dass es sich wie ein Äffchen an einen klammern sollte. „Das Kind sollte beim Tragen an einer Seite der Hüfte sitzen“, rät Preibsch. Die Seite dann immer wieder wechseln.
Schwere Einkäufe gehören in den Rucksack
Viele Eltern setzen ihr Kind etwa auf Wandertouren in Tragevorrichtungen. Dann sollten sich beide Elternteile möglichst abwechseln, rät Kuhnt. Wichtig ist, die Trage mal auf dem Rücken und mal vor dem Bauch zu tragen. Bei der Tragevorrichtung ist darauf zu achten, dass der Kopf und die Wirbelsäule des Babys gestützt werden und es in der Trage aufrecht sitzen kann.
Auch beim Tragen von schweren Einkaufstüten gilt: Mal auf der einen, mal auf der anderen Seite tragen. „Hilfreich kann auch sein, die Tüten zwischendurch kurz abzusetzen und eine kleine Verschnaufpause einzulegen“, sagt Preibsch. Für den Rücken ist zudem schonender, das Eingekaufte statt in Tüten in einem Rucksack zu transportieren.
Nach dem Schleppen kommt der Ausgleich. „Auf jeden Fall sollte man sich danach aufrichten und die Muskeln lockern“, empfiehlt Kuhnt. Etwa die Schulter kreisen oder Hände und Beine ausschütteln. Auch Dehnübungen bieten sich an – zum Beispiel, sich entspannt hinstellen, Arme und Schulter hängen lassen und dann Wirbel für Wirbel abrollen, bis die Hände den Boden berühren.
Wer seinem Rücken etwas Gutes tun will, betätigt sich regelmäßig sportlich und steigert seine allgemeine Ausdauerleistung etwa durch Laufen, Radfahren oder Schwimmen. Übrigens kann auch Stress die Muskulatur verspannen und den Rücken belasten, sagt Kuhnt. Um das zu verhindern, helfen neben Sport Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation.
Von Sabine Meuter (dpa)