TV-Tipp: „Frau Roggenschaubs Reise“

Das Alter lässt so manchen Menschen zum Zyniker werden. Rosemarie Roggenschaub (Hannelore Hoger) lebt allein in einem gutbürgerlichen Haus in Hamburg und arbeitet schon seit einer Ewigkeit für eine Reederei im Kundenservice. Bis sie eines Tages gefeuert wird.

So beginnt der Film „Frau Roggenschaubs Reise“. Sie wird also entlassen und nicht nur das: Auch ihr Mann Klaus (Christian Redl) ist ausgezogen und will nun mit seiner jetzigen Freundin Carola (Michaela May) in eine Alten-WG ziehen. Rosemarie sinnt auf Rache und will nun all seinen Plunder in der Wohnung an einen jungen Mann verkaufen, den sie zufällig auf der Straße trifft und abschätzig als „Zigeuner-Hippie“ bezeichnet. Auf seine Frage, ob ihr Gatte denn verstorben sei, antwortet sie: „So was Ähnliches“.

Keine Menschenfreundin

„Frau Roggenschaubs Reise“ zeigt eine verschrobene, missmutige, ja schon fast böse ältere Dame, eine Misanthropin und Intrigantin, die niemandem über den Weg traut und voller Vorurteile steckt. Zu Beginn telefoniert sie in der Firma und spricht: „I talked with the Transportabteilung, a colleague named Roland Umschlag“, den die Mitarbeiterin in Indien prompt als Roland Envelope bezeichnet – woraufhin Frau Roggenschaub verächtlich vor sich hin murmelt: „Warum müssen indische Frauen bloß in so geschmacklose Tücher gewickelt sein?“

© ZDF / Hardy Brackmann

© ZDF / Hardy Brackmann

Zum TV-Film:

„Frau Roggenschaubs Reise“ ist am Montag, den 14. Dezember 2015, um 20:15 Uhr im ZDF zu sehen – und online abrufbar in der ZDFmediathek.

Weiter schimpft sie über Südländer, Mütter, Kinder und alles Mögliche – und sie benutzt dabei schon sehr diskriminierende Worte. Es geht dann am Rande noch um das Schicksal der Sinti und Roma unter den Nazis, um die Hamburger Sturmflut von 1962 – ach ja, und um Mehlwürmer, die als ebenso missmutige Holzböcke getarnt, angeblich ganze Dachstühle auffressen.

Der gelungene Film (Regie: Kai Wessel) vereint geschickt Elemente von Komödie und Tragödie: Eine einsame Frau entdeckt, was Familie bedeuten kann. Im Vordergrund steht die Suche nach einer verschwundenen Gitarre. Das ist aber im Grunde völlig egal – geht es doch vielmehr um Werte wie Familie, Freundschaft, Nächstenliebe und Akzeptanz – etwas, was Frau Roggenschaub scheinbar alles nicht kennt und erst ganz zum Schluss im Ansatz schätzen lernt, als sie mit einem Wohnwagen aufbricht, auf eine Reise zu sich selbst. 

Von Klaus Braeuer (dpa)