Wie Kassenpatienten sinnvoll aufstocken

Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind begrenzt. Und so manche teure Maßnahme wird nicht abgedeckt. Der Wunsch nach einer privaten Zusatzversicherung ist also naheliegend – doch nicht alles, was beworben wird, ist auch sinnvoll.

Passieren kann viel: Die Brille geht zum wiederholten Mal entzwei, Zahnersatz muss her, eine aufwändige Krankenhausbehandlung steht an. Die gesetzliche Krankenversicherung kommt nur für das Nötigste auf und beteiligt sich an den Kosten nur bis zu einer bestimmten Grenze. Kein Wunder, dass das Geschäft mit den Zusatzversicherungen boomt. Im Jahr 2013 hatten nach Angaben des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) Kassenpatienten 23,5 Millionen private Zusatzversicherungen abgeschlossen. Bis Mitte 2007 waren es nur 19 Millionen Verträge.

Doch längst nicht alle Policen sind sinnvoll. Und wer als Kassenpatient für den Fall der Fälle Mehrkosten nicht alleine schultern will, sollte einiges beachten.

Besonnenheit zeigen und Angebote vergleichen

“Keine private Zusatzversicherung – mit Ausnahme der Auslandsreise-Krankenversicherung – ist unbedingt notwendig”, sagt Ulrike Steckkönig von der Stiftung Warentest in Berlin. Sie mahnt Kassenpatienten zur Besonnenheit bei privaten Policen. Zudem bezahlt keine Versicherung alle Leistungen zu 100 Prozent. Bestimmte private Extras könnten aber eine sinnvolle Ergänzung zur gesetzlichen Krankenversicherung sein.

“Interessenten sollten sich in jedem Fall nicht nur ein Angebot vom Kooperationspartner ihrer Krankenkasse erstellen lassen, sondern zum Vergleich mehrere Offerten von verschiedenen Privatversicherungen einholen”, rät Rita Reichard von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. Sie verweist darauf, dass private Policen verschiedener Anbieter sich in ihren Leistungen und Tarifen stark voneinander unterscheiden.

Wahltarife und Zusatzschutz

Manche gesetzliche Krankenkassen bieten ihren Versicherten Zusatzleistungen wie eine Kostenbeteiligung an alternativen Arzneimitteln als Wahltarife an. “Wahltarife können für jene eine Chance sein, die von privaten Versicherern aus Altersgründen oder wegen Erkrankungen abgelehnt wurden”, erklärt Steckkönig. Allerdings beträgt die Mindestbindungspflicht für manche Wahltarife ein Jahr, für andere drei Jahre.

Der Zusatzschutz gilt auch nicht lebenslang, und die Kasse kann Wahltarife bei Unterkalkulation jederzeit streichen. “Es kann also passieren, dass Versicherte jahrelang in einen Wahltarif einzahlen, ohne je von dessen Leistungen zu profitieren”, erläutert PKV-Pressereferent Dirk Lullies.

Was die einzelnen Zusatzversicherungen wirklich leisten

Zahnzusatzversicherung: Kronen, Brücke, Implantate – die Behandlung beim Zahnarzt kann richtig ins Geld gehen. Mit dem Festzuschuss, den gesetzlich Krankenversicherte von ihrer Kasse bekommen, lassen sich die Unkosten oft bei weitem nicht decken. Viele Kassenpatienten setzen daher auf eine private Zusatzversicherung beim Zahnersatz, mit der sich Mehrkosten zumindest teilweise auffangen lassen.

Aus Sicht von Rita Reichard von der Verbraucherzentrale NRW kann eine solche Zusatzversicherung unter Umständen sinnvoll sein. “Auch hier ist jedoch eine genaue Prüfung der angebotenen Tarife unerlässlich, da unterschiedliche Leistungen angeboten werden und kaum eine Versicherung den vollen Anteil übernimmt.”

Krankenhauszusatzversicherung: Wer als Kassenpatient im Krankenhaus in den Genuss einer Chefarztbehandlung und eines Einzelzimmers kommen will, benötigt eine Krankenhauszusatzversicherung. Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW lohnt sich das allerdings nicht immer. “So übernehmen viele Versicherer keine Behandlungskosten in einer Privatklinik, wenn kein Vertragsverhältnis mit der gesetzlichen Kasse des Patienten besteht”, sagt Reichard. Verbraucher sollten außerdem vor Abschluss der Versicherung genau klären, bis zu welcher Höhe Chefarzthonorare erstattet werden.

Krankenhaustagegeldversicherung: Hierbei geht es um einen Tagessatz für einen Klinikaufenthalt. Mit dem Geld können etwa Fernseh- oder Telefongebühren bezahlt werden. “Die Versicherung zahlt nur für die Tage, die ein Patient im Krankenhaus stationär verbringt”, erklärt Reichard. Notwendig ist sie nicht.

Krankentagegeldversicherung: Beschäftigte erhalten nur in den ersten sechs Wochen Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Bei längerer Krankheit zahlt die gesetzliche Krankenversicherung Krankengeld. In aller Regel sind Betroffene damit finanziell abgesichert. Insofern lohnt sich nach Überzeugung der Verbraucherzentrale NRW für Beschäftigte der Abschluss einer Krankentagegeldversicherung oft nicht. Selbständige und Freiberufler sollten dagegen auf jeden Fall Einkommensausfälle im Krankheitsfall absichern.

Auslandsreiseschutz: “Die Auslandsreise-Krankenversicherung ist unter den Zusatzpolicen ein Muss”, erklärt Steckkönig von der Stiftung Warentest. Selbst innerhalb der Europäischen Union ist der Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausreichend. “Für einen medizinisch notwendigen Rücktransport kommt sie nicht auf”, so Steckkönig. Gleiches gilt für manche Behandlungskosten.

Auslandsreise-Krankenversicherungen werden häufig im Paket mit anderen Zusatzversicherungen etwa für Zahnersatz oder Brillen angeboten. “Günstiger sind solche Zusatzversicherungen einzeln”, betont Steckkönig.

Von Sabine Meuter (dpa)