Diabetes in Kolumbien

Kolumbien, Katharina Diekman zeigt einer Familie wie sie ihren Blutzucker messen können

Mit elf Jahren wurde bei Katharina Diekmann Diabetes Typ 1 diagnostiziert. Seitdem muss sie täglich ihren Blutzucker messen und sich Insulin spritzen. In Deutschland kein Problem. Anders sieht die Versorgung in Kolumbien aus, wo Katharina ein halbes Jahr lang lebte und arbeitete. 

Auch hier gibt es viele Menschen mit Diabetes – Injektionshilfen und Blutzuckermessgeräte kennen jedoch nur wenige. Ich habe seit fast 20 Jahren Diabetes und lebe sehr gut damit. Eigentlich hatte ich nie Probleme oder fühlte mich in meinem Alltag eingeschränkt. Möglich ist mir das vor allem, weil ich in Deutschland geboren wurde. Hier bin ich krankenversichert und kann kostenlos von den neusten Technologien und Entwicklungen profitieren. Blutzuckergeräte, Injektionshilfen sowie das nötige Insulin bekomme ich ohne großen Aufwand.

In meinem Leben bin ich immer viel gereist. Durch Europa, aber auch nach Nord- und Südamerika sowie nach Asien. Meine Geräte und Medikamente konnte ich überallhin problemlos mitnehmen. So auch, als ich vor gut drei Monaten nach Kolumbien aufbrach, um dort ein halbes Jahr lang im Bereich der Existenzsicherung für Binnenflüchtlinge zu arbeiten.

Katharina Dieckmann © privat

Katharina Dieckmann © privat

Versorgung verbessern

Seit Ende 2014 ist Katharina Diekmann wieder in Deutschland. Seitdem hat sie Vereine kontaktiert und sich mit Ärzten getroffen. Ihr Ziel: Sie möchte einen Weg finden, um Diabetiker in Kolumbien mit den notwendigen Hilfsmitteln zu versorgen. Eine Praxis, die Blutzuckermessgeräte zur Verfügung stellen würde, hat sie schon gefunden. Was jetzt noch fehlt, sind Blutzuckerteststreifen und Insulin.

In Kolumbien fiel mir schon zu Beginn auf, dass unglaublich viele Menschen Diabetes haben. Fast jeder, der sieht, wie ich meinen Blutzucker messe, erzählt mir, dass er selbst zwei oder drei Diabetiker in der Familie habe.

Ich habe also angefangen zu recherchieren und fand heraus, dass über zwei Millionen Kolumbianer – 7,1 Prozent der Bevölkerung – nach Angabe der Internationalen Diabetes Vereinigung (IDF) an Diabetes leiden. Das sind anteilig genau so viele wie in Deutschland. Allerdings ist die Versorgung in Kolumbien viel schlechter.

Besonders deutlich wird das Problem, wenn man die durchschnittlichen Ausgaben pro Diabetiker vergleicht. In Deutschland sind das bis zu 4.718 US-Dollar im Jahr, in Kolumbien gerade einmal 606 US-Dollar.

Anders als ich erkranken die Menschen in Kolumbien vor allem am Diabetes Typ II. Dieser ist nicht angeboren, sondern entwickelt sich unter anderem ernährungsbedingt. Der Konsum von Zucker, insbesondere von Panela (Zuckerrohr) scheint mir ein wesentliches Problem zu sein. Zuckerrohr ist ein Nahrungsmittel, das in der kolumbianischen Esskultur fest verankert ist.

In Deutschland verbraucht eine Person um die 32 Kilogramm Zucker im Jahr, also etwas 0,6 Kilogramm pro Woche. In Kolumbien essen die Menschen bis zu 33 Kilogramm Zucker. Dazu kommen rund 34 Kilogramm Panela. Auch Säfte, Kaffee und Süßigkeiten scheinen hier deutlich stärker gesüßt zu sein als in Deutschland.

Anders als unser weißer Kristallzucker, der durch den Prozess des Raffinierens fast aller Nährstoffe beraubt ist, enthält die unverarbeitete Panela zwar viele Vitamine und Mineralstoffe. Bei einem zu hohen Blutzuckerspiegel hilft das allerdings auch nichts.

Schlechte Versorgung

Vor allem in den ländlichen Regionen gibt es kaum Aufklärung. Was sind die Gründe für die Entstehung von Diabetes? Wie kann ich ihn vermeiden oder durch eine Umstellung der Ernährung in den Griff bekommen? Die Antworten sind den meisten unbekannt. Natürlich könnten die Betroffenen sich auch einfach im Internet informieren. Frei nach dem Motto „Vive digital“ hat die Regierung allen Kolumbianern versprochen, ihnen einen freien Zugang zum Netz zu ermöglichen und angefangen kostenlose Computerräume einzurichten. In den Dörfern funktioniert die Verbindung jedoch nicht immer einwandfrei. Und das Interesse an Computern ist gerade bei älteren Menschen – denjenigen, die häufig vom Diabetes Typ II betroffen sind – nicht besonders hoch.

Eines der größten Probleme ist meiner Meinung nach jedoch das Fehlen der nötigen Hilfsmittel. So sind hier alle von meinen Messgeräten fasziniert. Durch weiteres Nachfragen verstand ich, dass die meisten Diabetiker, egal ob jung oder alt, keine Möglichkeit haben, ihren Blutzucker regelmäßig selbst zu messen. Kolumbien hat zwar eine staatliche Krankenversicherung, die alle Diabetiker ohne weitere Kosten behandelt, allerdings bezahlt sie nur die Basisbehandlung. Es gibt zwar ein Gesetz, dass jedem Diabetiker ein Blutzuckermessgerät sowie monatlich 100 Lanzetten und 100 Teststreifen zuspricht – in der Praxis scheint mir das jedoch kaum umgesetzt. In der Konsequenz können viele Betroffene nur schätzen, wie hoch ihr Blutzucker ist. Genaue Werte erhalten sie nur, wenn sie einen Termin beim Arzt haben.

Diabetes wird verharmlost

Zudem habe ich von vielen Angehörigen älterer Diabetiker gehört, dass viele ihre Erkrankung nicht wirklich ernst nehmen und ihr Essverhalten nur wenig umstellen. Einige haben zwar gehört, dass sie nicht mehr so viel Zucker essen und sich dafür mehr bewegen sollten – ihr Verhalten ändern sie jedoch trotzdem nicht. Wie gefährlich Diabetes sein kann, egal, ob Typ I oder II, ist vielen nicht bewusst.

Autorin: Katharina Diekmann

* ebenfalls Angaben der Internationalen Diabetes Vereinigung (IDF)

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