Einschnitt im Leben

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In kaum einem anderen Land Europas ist die Kaiserschnittrate derart hoch wie in Deutschland. Eine Entwicklung, mit der sich nun die bundesweite Ausstellung “Kaiserschnitt – goldener Schnitt? Bilder rund um die Geburt” beschäftigt.

Jedes dritte Kind wird in Deutschland mittlerweile per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. Damit hat sich die Rate dieser Operationen in den letzten zwanzig Jahren fast verdoppelt. Die bundesweite Ausstellung Kaiserschnitt – Goldener Schnitt?, die aktuell im Hamburger Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus zu sehen ist, zeigt nun, wie Frauen mit dem Thema umgehen, und setzt sich kritisch mit dem Anstieg der Anzahl der Operationen auseinander.

26 Künstlerinnen stellen ihren persönlichen Blick auf das Erlebnis Geburt dar und geben anhand ihrer Werke Einblick, welche Wirkung die Entbindung auf sie selbst und ihr künstlerisches Schaffen hat.

Die Ausstellung

“Kaiserschnitt ­­– Goldener Schnitt? Bilder rund um die Geburt” ist ein bundesweites Gemeinschaftsprojekt. Es basiert auf der Kooperation des Arbeitskreises Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) und dem Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstförderer e.V. (GEDOK). Die Ausstellung ist noch bis zum 25. Februar 2015 im amalieFORUM des Hamburger Ev. Amalie Sieveking-Krankenhauses zu sehen. Dann zieht sie weiter nach Berlin.

Oft ist die Geburt per Kaiserschnitt unnötig

“Medizinisch notwendig ist der Eingriff nur, wenn die Gesundheit der Mutter oder die des Kindes gefährdet sind”, erklärt Wolf Lütje, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Hamburger Krankenhauses. In der Praxis sei dies jedoch gerade mal bei 15 Prozent der Geburten der Fall.

Laut dem Faktencheck Kaiserschnitt der Bertelsmann Stiftung sei die Zunahme vor allem auf eine Neubewertung von Geburtsrisiken zurückzuführen. So könne bei einer Beckenendlage des Kindes beispielsweise durchaus über einen Kaiserschnitt nachgedacht werden – zwingend notwendig sei er jedoch nicht. Das Gleiche gelte für Frauen, die schon einmal per Sectio (lat. für Kaiserschnitt) entbunden haben. Auch bei ihnen werde in der Regel operiert – medizinisch erforderlich ist dies jedoch auch hier nicht immer.

Der Faktenscheck begründet die veränderte Risikobewertung vor allem mit dem Anstieg von Haftungsrisiken in der Geburtsmedizin sowie mit der abnehmenden Erfahrung der beteiligten Geburtshelfer und Geburtshelferinnen, die gerade in der Betreuung komplizierter Spontangeburten zu wenig Routine hätten.

Die Angst der werdenden Mutter

Ein weiterer Grund für die Zunahme der Operationszahlen sieht Lütje auch in der Angst der werdenden Mütter vor der natürlichen Geburt. “Auf diese Angst sollte in Form einer umfassenden Betreuung und Aufklärung eingegangen werden, ohne sogleich auf den Kaiserschnitt als vermeintlich einfachen Ausweg zu verweisen”, meint der Chefarzt.

Dieses Problem zeigt sich auch in der Arbeit von Helga Santel. Ihr Bild zeigt eine junge Mutter nach dem Eingriff. Die Frage, die sie sich stellt, lautet: “War ich zu voreilig? War es notwendig?” Zweifel, die durch eine ausgiebige Beratung vor der Operation vielleicht zu vermeiden gewesen wären.

Die Ausstellung übt jedoch keine pauschale Kritik am Kaiserschnitt. Vielmehr geht es Organisatoren und Künstlerinnen darum, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren und Frauen wie Ärzte und Ärztinnen auf die Entwicklung aufmerksam zu machen.