Erbrechen und Schwindel: Gehirnerschütterung ist keine Bagatelle

© picture alliance/Presse-Bild-Poss

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Es passiert beim Sport, aber auch beim Fahrradsturz: Wenn der Kopf etwas abbekommt, kommt es schnell zu einer Gehirnerschütterung. Betroffene sollten sich unbedingt untersuchen lassen – auch wenn sie sich nach kurzer Zeit wieder fit fühlen.

Beim Sport fliegt einem der Ball mit Wucht vor den Kopf, beim Sturz von der Leiter oder vom Fahrrad schlägt der Kopf heftig auf den Boden: Das kann eine Gehirnerschütterung zur Folge haben. Als Bagatelle sollte man das nicht abtun. Zwar ist äußerlich meist nichts – oder allenfalls eine Platzwunde oder ein blauer Fleck – zu sehen. Doch das Tückische: Im Gehirn kann es zu sehr gefährlichen Blutungen kommen.

„Ist jemand nach einer Kopfverletzung bewusstlos, dann ist das ein klares Anzeichen für eine Gehirnerschütterung“, erklärt Professor Peter Sefrin von der Notarztarbeitsgemeinschaften Deutschlands (BAND). Wenn der Betroffene das Bewusstsein innerhalb weniger Minuten wieder erlangt, kann er sich in aller Regel nicht daran erinnern, was die Kopfverletzung ausgelöst hat.

Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma: Notarzt rufen

Weitere Symptome können Erbrechen, Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel sein. Hält die Bewusstlosigkeit bei dem Verletzten länger als fünf Minuten an, sollten bei Umstehenden alle Alarmglocken schrillen: Bei dem Patienten besteht der Verdacht auf ein schwereres Schädel-Hirn-Trauma. „Er oder sie ist dann ein Fall für den Notarzt“, betont Sefrin, der Facharzt für Anästhesiologie ist. Wird der Patient nicht innerhalb einer Stunde nach der Kopfverletzung untersucht und behandelt, kann dies zu bleibenden Hirnschäden oder sogar zum Tod führen.

Bei Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma lotet der Arzt unter anderem aus, ob der Patient weiter gehende Schäden wie Bewusstseinsstörungen hat. Gegebenenfalls wird eine Computertomographie gemacht. Werden dabei Blutungen im Gehirn festgestellt, werden diese im Rahmen einer Operation gestillt oder mindestens entlastet. „Je schneller eingegriffen wird, desto günstiger ist es für den Patienten“, sagt Professor Peter Schmittenbecher von der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie.

Ein Schädel-Hirn-Trauma bleibt mitunter nicht ohne Folgen. Betroffene können Probleme beim Sprechen und in Bewegungsabläufen haben sowie eine Konzentrationsschwäche zeigen. „Häufige Schädel-Hirn-Traumata stehen im Verdacht, für Krankheiten wie Parkinson oder Demenz verantwortlich zu sein“, erklärt Uwe Meier vom Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN).

„Bei einer Gehirnerschütterung muss der Patient für 24 Stunden ins Krankenhaus“

Aber selbst eine leichte Gehirnerschütterung ist nicht unbedingt harmlos. Der Betroffene sollte in jedem Fall den Notarzt rufen oder einen Arzt aufsuchen und sich gründlich untersuchen lassen – um mögliche Blutungen auszuschließen, die als Folge der Kopfverletzung auch später auftreten können. „Bei einer Gehirnerschütterung muss der Patient für 24 Stunden ins Krankenhaus“, erklärt Sefrin. Dort wird er an einen Monitor angeschlossen und überwacht. Während dieser 24 Stunden muss der Betroffene strikte Ruhe einhalten. Zeigen sich in dem Zeitraum keine Auffälligkeiten, wird der Patient entlassen.

Inwiefern er sich dann wieder Belastungen aussetzen kann, ist individuell verschieden und sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Kinder und Jugendliche sollten mindestens eine Woche an keinerlei anstrengenden Aktivitäten teilnehmen, rät Schmittenbecher, der Direktor der Kinderchirurgischen Klinik am Klinikum Karlsruhe ist. Dazu gehört auch: kein Fernsehen und kein Handy oder Smartphone. „Das Gehirn sollte keinerlei Reizen ausgesetzt werden, sondern die Möglichkeit haben, sich zu erholen“, betont der Kinderchirurg. Ist das Verhalten innerhalb der ersten Woche auffällig, etwa weil der Patient wirr redet, muss er wieder zum Arzt.

Selbst wer sich nach einer Gehirnerschütterung subjektiv wieder fit fühlt, hat den Vorfall nicht unbedingt ausgestanden. So kann die geistige Leistungsfähigkeit länger gemindert sein. „Beispielsweise bleibt die Erinnerungslücke an den Vorfall, der die Gehirnerschütterung ausgelöst hat, allenfalls verkürzt sie sich“, sagt Neurologe Meier. Auch Aufmerksamkeitsstörungen sind möglich.

Kontaktsportarten steigern das Risiko

Vor allem Kontaktsportarten bringen das Risiko für Gehirnerschütterungen mit sich. Und: „Es gibt Hinweise, aber keine gesicherten Fakten, dass Kopfballspiel schädlich für das Gehirn von Kindern und Jugendlichen sein kann“, erklärt Schmittenbecher. Hintergrund für diese These ist die Annahme, dass der Schädel bei Heranwachsenden noch nicht so fest ist.

Schmittenbecher rät, dass Kinder und Jugendliche vorsichtshalber nicht an einem gezielten intensiven Kopfballtraining – also wiederholte Kopfbälle in kurzer Zeit – teilnehmen sollten. Das heißt aber nicht, dass Heranwachsende gar keine Kopfbälle machen sollten. „Wenn es dazu im Laufe eines Spiels ein- oder zweimal kommt, dann ist das auch aus medizinischer Sicht vertretbar“, so der Kinderchirurg.

Ein erhöhtes Risiko für Hirnerkrankungen haben Boxer, die keinen Kopfschutz tragen, aber im Ring häufig am Kopf verletzt werden. Wer diese Sportart ausübt, sollte sich einmal im Jahr von einem Neurologen untersuchen lassen. Zeigen sich dabei Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit, kann frühzeitig gegengesteuert werden. Auch Unfälle beim Fahrradfahren bergen die Gefahr von Kopfverletzungen. Um dem vorzubeugen, gilt vor allem eins: „Radfahrer sollten unbedingt einen Helm tragen“, betont Schmittenbecher.

Von Sabine Meuter (dpa)