Myokarditis: Sport tut nicht immer gut

Pathologie Herzmuskelentzündung / © Gladden W. Willis/OKAPIA

Pathologie Herzmuskelentzündung / © Gladden W. Willis/OKAPIA

Ob Grippe, Durchfall oder Erkältung: Wer sich nach einer virusbedingten Erkrankung nicht genug schont, riskiert eine Herzmuskelentzündung. Schlimmstenfalls kann die tödlich enden. Gesund werden und nix tun ist so ziemlich das beste Mittel zur Vorbeugung.

Eine Magen-Darm-Grippe oder eine Erkältung ist für viele lästig, wird aber letztendlich als banal abgetan. Im Prinzip liegt man damit auch nicht falsch – mit einer Einschränkung: Der Infekt muss vollständig ausheilen, ehe man sich wieder körperlich betätigt. Sonst besteht die Gefahr, dass die Viren auf das Herz übergreifen und eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) auslösen.

„Besonders gefährdet sind Sportler, die ihr Training wieder aufnehmen, obwohl der Infekt noch gar nicht richtig auskuriert ist“, sagt Professor Volker Schächinger. Er ist Direktor der Medizinischen Klinik I: Kardiologie, Angiologie, Intensivmedizin am Herz-Thorax-Zentrum des Klinikums Fulda. Durch den viralen Infekt ist das Herz empfänglich für eine Ausweitung des Virenbefalls von den Atemwegen oder vom Darm auf die Herzmuskelzellen. Wird das Herz in dieser empfindlichen Phase mit körperlichen Aktivitäten belastet, droht eine Entzündung des Herzmuskels.

Oft gibt es keine spezifischen Beschwerden

Die Pumpkraft eines entzündeten Herzmuskels ist eingeschränkt, die Folge ist eine Herzschwäche. Nur unzureichend fließt dann lebenswichtiges Blut mit seinen Nährstoffen in den Körper. „Schlimmstenfalls kann das zu Herzversagen durch Kammerflimmern und damit zum Tod führen“, erklärt Professor Stefan-Martin Brand. Er ist Direktor des Instituts für Sportmedizin am Universitätsklinikum Münster. Es kann aber auch sein, dass die Herzmuskelerkrankung chronisch wird. Das heißt, die Entzündung besteht weiter, das Herz verliert massiv an Pumpkraft – obwohl die Viren längst nicht mehr im Körper sind. Das kann unbehandelt auf kurz oder lang ebenfalls zur Herzschwäche oder gar zum plötzlichen Herztod führen.

„In den westlichen Industrieländern wird die Herzmuskelentzündung meist durch Viren verursacht“, erläutert Ingrid Kindermann. Sie ist Kardiologin am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar. In selteneren Fällen kann sie aber auch durch Bakterien, Parasiten oder Drogen wie etwa Kokain ausgelöst werden.

Das Tückische: Es gibt keine spezifischen Beschwerden einer Myokarditis. „Betroffene haben in aller Regel die gleichen Symptome, die auch bei Infekten vorkommen“, sagt Schächinger, der auch Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung ist. Das sind etwa Abgeschlagenheit oder Gliederschmerzen.

Sich körperlich schonen

„Insofern ist die Gefahr groß, dass ein Betroffener erst gar nicht zum Kardiologen geht und die Herzmuskelentzündung somit unerkannt bleibt“, fügt Brand hinzu. Alle Alarmglocken sollten schrillen, wenn jemand neben Grippe-Symptomen zusätzlich über Atemnot, Brustschmerzen oder Herzrhythmusstörungen klagt. In solchen Fällen besteht Verdacht auf Myokarditis. An einem Arztbesuch führt dann kein Weg vorbei.

Um Hinweise auf eine Herzmuskelentzündung zu finden oder sie auszuschließen, machen Ärzte bei dem Patienten ein Elektrokardiogramm (EKG). Zeigen sich dabei Veränderungen in der Herzkurve oder viele Extra-Herzschläge, können das Hinweise auf eine Myokarditis sein. Neben dem EKG werden noch weitere Untersuchungen gemacht. Dazu gehört eine Blutuntersuchung. Dabei werden neben allgemeinen Entzündungswerten auch spezielle Laborparameter in den Blick genommen, die eine Schädigung des Herzmuskels nachweisen. Per Herz-Ultraschall, der sogenannten Echokardiographie, lässt sich zudem feststellen, ob etwa das Herz des Patienten eine Pumpschwäche zeigt.

„Stellt der Arzt schließlich die Diagnose ‚virusbedingte Herzmuskelentzündung’, dann ist für den Patienten in erster Linie körperliche Schonung angesagt“, betont Kindermann. Ansonsten besteht die Gefahr von lebenslangen Schäden am Herzmuskel, aber auch an den Herzklappen. Im Gegensatz zu einer durch Bakterien verursachten Myokarditis werden bei einer virusbedingten Herzmuskelentzündung keine Medikamente verabreicht. „Sportler dürfen etwa sechs Monate lang nicht trainieren“, hebt Schächinger hervor. Ihr volles Tagesprogramm sollten Betroffene erst nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt wieder aufnehmen.

Grippe sorgfältig auskurieren

In seltenen Fällen ist das Herz durch Myokarditis derart geschwächt, dass es kaum noch seine Funktion wahrnehmen kann. „Dann kann es zu einer Herztransplantation kommen“, berichtet Brand.

Alkohol sollten Patienten mit einer Herzmuskelentzündung möglichst meiden, da es den Herzmuskel schädigen kann. Wird die Myokarditis rechtzeitig erkannt und hält sich der Betroffene streng an die ärztlichen Anweisungen, dann bestehen oft gute Aussichten, dass die Erkrankung ohne Folgen ausheilt. „Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass ein Patient, der einmal eine Herzmuskelentzündung hatte, ein erhöhtes Risiko hat, erneut daran zu erkranken“, betont Schächinger.

Wer eine Herzmuskelentzündung von vornherein vermeiden möchte, sollte eine Grippe immer sorgfältig auskurieren. „Das dauert im Schnitt zwischen zwei und vier Wochen“, erklärt Brand. In dieser Zeit sollte jegliche körperliche Anstrengung vermieden werden. Statt Treppen zu steigen sollte man möglichst den Aufzug nehmen. Und vor allem gilt folgende Regel, wie Brand betont: „Grippe verbietet Sport.“

Von Sabine Meuter (dpa)