#MyPhantomPain: „Der Schmerz ist wie ein Sturm“

Menschen, denen ein Körperteil amputiert wurde, leiden häufig unter Phantomschmerzen. Wie unterschiedlich die Schmerzen sich äußern, lässt sich auf Instagram unter dem Hashtag #MyPhantomPain nachlesen.

Viele Menschen, denen nach einem Unfall oder aufgrund einer Krankheit das Bein oder der Arm amputiert wurden, haben Phantomschmerzen. Das heißt, ihr amputiertes Körperteil tut weh, obwohl es gar nicht mehr da ist. Wie unterschiedlich sich Phantomschmerzen anfühlen und was gegen sie helfen kann, darüber berichten junge Bloggerinnen auf Instagram unter dem Hashtag #MyPhantomPain.

Auf die Idee mit dem Hashtag kam die 27-jährige Cacsmy Brutus. Warum? „Phantomschmerzen haben nicht ein Narrativ“, erklärt sie dem Medienportal BuzzFeed in einem Interview – wie sie selbst lange Zeit glaubte. Deshalb entschloss sie sich, Geschichten von Betroffenen zu sammeln. Ein Einblick:

1. Cacsmy Brutus

#MyPhantomPain feels like getting electrocuted repeatedly. Sometimes this pain wakes me up in the middle of the night and I spend hours awake in agonizing pain. Sometimes it’s so painful I feel like the only way I could possibly stop it is by stabbing myself. Following advice on the internet, I’ve tried massaging the area or taking medication but nothing works. #MyPhantomPain is like a storm, all I can do is wait for it to pass. – Mama Cax ————————————————— If you have not yet, check out the new blog post where @amputeen @amputee_kat @ash_unique_chick @ariellevienneau @emilyannegray_ @janijuana &@laceyisyourfriend share their stories about living w/ phantom pain/sensation in the hopes of helping other amputees going through similar experiences. 👄 Side note : can we talk about this lipstick matching my leather jacket 💁🏿 #alleleswomen #mamacax #afrobionic #phantompain 📸: @alejandrocerdena ____________________________________

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Im Alter von 14 Jahren diagnostizierten die Ärzte bei Cacsmy Brutus einen speziellen Knochentumor, ein sogenanntes Osteosarkom. Da keine Behandlung anschlug, musste ihr rechtes Bein amputiert werden. Heute arbeitet die 27-Jährige US-Amerikanerin als Model und bloggt unter dem Pseudonym Mama Cax über Fashion, Lifestyle und ihr Leben.

Wie sich ihr Phantomschmerz anfühlt: Als würde sie wiederholt Stromschlägen ausgesetzt werden. Manchmal sind die Schmerzen so stark, dass sie glaubt, sie müsste sich selbst erstechen, damit es endlich aufhört.

Sie folgte Ratschlägen aus dem Internet, versuchte die Schmerzen mit Massagen zu lindern, nahm Medikamente – doch nichts half. Bis heute bleibt ihr Phantomschmerz ein „Sturm“ und alles, was sie gegen ihn tun kann, ist abzuwarten, bis er vorüber ist.

 

2. Emily Gray

#MyPhantomPain felt like a large fishing hook had been pierced through my big toe with the sensation of it being pulled down through the ground. Like a fish continuously being reeled in. Soon after I had my amputation I would lie on the ground crying in pain. However, I found that when I was able to distract my mind from the pain it would slowly subside and the hook would eventually “release”. Swimming then became my method of distraction. The exercise forced my brain to concentrate on other neurological pathways while also acting as a coping mechanism to the emotional stress of having just gone though an cancer and an amputation. For more stories on #MyPhantomPain check out @mamacaxx blog! Link is in my bio✌🏻

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Im Alter von elf Jahren diagnostizierten die Ärzte bei Emily Gray Knochenkrebs. Damit sich der Tumor nicht in ihrem Körper ausbreitet, musste ihr linkes Bein amputiert werden. Gut 14 Jahre später nahm sie an zum ersten Mal an den Paralympics teil.

Wie sich ihr Phantomschmerz anfühlt: Als würde ein riesiger Angelhaken durch ihren großen Zeh gestochen und dann Richtung Boden gezogen werden.

Überkommt Gray dieser Schmerz, hilft es ihr sich abzulenken. Am besten durchs Schwimmen: Die Bewegung im Wasser zwingt ihr Gehirn, sich zu konzentrieren und sich nicht auf den Schmerz zu fokussieren.

 

3. Kathleen Hawkins

#Myphantompain feels like a niggling itch on a toe that isn’t there, a shock of nerves that shoots from nowhere and takes over your brain. It can be a few seconds or all day and it can be hard to concentrate on anything else. Lying in bed is particularly triggering, it’s as bough my body relaxes and says “WOAH your legs aren’t there anymore, had you forgotten?!” It can be cats scratching at my legs, or a vivid feeling of my toes burying into sand. I find that breathing helps, really massaging through the nerves. Another tactic is running warm water from a shower head over my stumps. 🔹🔹🔹🔹 Please check out @mamacaxx who has blogged the experiences of amazing amputee women and their experience of #myphantompain the link is in my bio.

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Am 4. Dezember 2007 wachte Kathleen Hawkins mitten in der Nacht auf – ihr war schlecht und sie musste sich übergeben. Am nächsten Tag ging es der damals 19-jährigen Studentin so richtig mies und sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Diagnose: Meningitis. Zwei Monate musste Hawkins im Hospital bleiben, dann wurden ihr beide Füße plus Unterschenkel amputiert. Heute arbeitet die 29-Jährige als Reporterin bei der BBC sowie als Tänzerin.

Wie sich ihr Phantomschmerz anfühlt: Wie ein nagendes Jucken an einem Zeh, der nicht mehr da ist, wie ein Nervenschock, der aus dem Nichts schießt und das Gehirn übernimmt. Manchmal dauert das unangenehme Gefühl nur wenige Sekunden, manchmal einen ganzen Tag. Der größte Auslöser ist, wenn Hawkins sich einfach nur ins Bett legt und entspannt. Dann ist es, als würde ihr Körper sagen: „Wow, deine Beine sind nicht mehr da, hast du das vergessen?“

Was der jungen Frau hilft, wenn die Phantomschmerzen kommen: Atmen, Massagen und warmes Wasser aus dem Duschkopf über die Stümpfe laufen zu lassen.

 

4. Lacey Jai Henderson


Im vierten Schuljahr wurde in Lacey Jai Hendersons rechtem Knie eine seltene Krebsart diagnostiziert. Die Chemotherapie konnte den Tumor nicht zurückdrängen und sie entschied sich, ihr Bein abnehmen zu lassen. Durch ihren Vater, selbst Spitzensportler und renommierter Leichtathletiktrainer, fand Henderson zum Leistungssport. Ausschlaggebend war eine Wette: Ihr Vater behauptete scherzhaft, sie könne mit ihrer Prothese niemals Stabhochspringen, Henderson hielt dagegen. Im Jahr 2011 gewann die mittlerweile 28-Jährige aus Denver bei den US-Leichtathletik-Meisterschaften ihre erste Silbermedaille.

Wie sich ihr Phantomschmerz anfühlt: Wie Feuerameisen, die erst an ihrem Fuß und dann an ihrem Bein hochkrabbeln. Wenn sie krank ist, friert oder ihre Periode hat, nimmt der Schmerz zu. Henderson versucht daher, auf ihren Körper zu achten und ihr Immunsystem zu schützen.

Weitere Berichte von Betroffenen gibt es auf Brutus Blog „My Life on One“ unter: https://mamacax.com/2016/11/30/myphantompain