Schwitzen

© picture-alliance/maxppp

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Als noch so ziemlich jeder Mensch für sein Brot hart arbeiten musste, waren verschwitzte Körper in miefiger Kleidung etwas Alltägliches. Heute rümpft man eher betroffen die Nase, es sei denn, der Schweiß ist Folge einer sportlichen Betätigung oder er fließt in der Sauna. Aber wozu brauchen wir dieses Sekret eigentlich?

Hauptsächlich zur Regulation unserer Körpertemperatur. Denn unser Körper ist ein Workaholic. Tagtäglich – auch in der Nacht – rackert er sich ab und ist damit beschäftigt, Nahrung in Energie umzusetzen. Etwa die Hälfte der Energie wandelt er dabei in Wärme um. Damit wir durch die Arbeitswut unseres Körpers keinen Schaden nehmen und auch bei 40 Grad im Schatten nicht heiß laufen, ist Schwitzen angesagt.

Wie reguliert Schweiß unsere Körpertemperatur?

Das macht er auf zwei Arten. Erstens: Bei der Produktion des Sekrets verbrauchen wir einen erheblichen Teil der überschüssigen Wärme. Zweitens: Ist der Schweiß erst einmal auf unserer Haut angekommen, verdunstet er und kühlt sie ab. Die Flüssigkeit ist also so etwas wie unsere körpereigene Klimaanlage – und das Gute ist: Sie ist umsonst.

Wie entsteht das Sekret?

Hergestellt wird die wässrige Flüssigkeit in den Schweißdrüsen. Diese befinden sich unterhalb der Epidermis (Oberhaut) in der sogenannten Lederhaut. Von dort winden sie sich spiralförmig bis an die Hautoberfläche.

Wozu wir Schweiß sonst noch brauchen …

… zur Regulation unseres Wasser- und Elektrolyt-Haushalts. Schweiß hält die Haut feucht und stärkt ihren Wasser-Lipid-Mantel – durch den Harnstoff und die Milchsäure, die im ekkrinen Schweiß enthalten sind.

Außerdem hält das Sekret den Säureschutzmantel der Haut aufrecht und unterstützt damit die Abwehrfunktion gegen Bakterien und andere Krankheitserreger. Im ekkrinen Schweiß konnten zudem spezielle Antikörper nachgewiesen werden, die der Immunabwehr dienen.

Der Schweiß wird im Inneren der Drüsen produziert – genauer gesagt im endoplasmatischen Retikulum (ER). Damit das kühlende Nass auf die Haut gelangt, sitzen an den Drüsenausgängen sogenannte Myoepithelzellen. Sie sind winzig, sehen aus wie kleine Körbchen – weswegen sie auch „Korbzellen“ genannt werden – und sind Spezialisten in Sachen Schweißtransport. Ziehen sie sich zusammen, drücken sie die Flüssigkeit aus den Drüsen heraus und sorgen dafür, dass das Sekret die Achterbahnfahrt an die Hautoberfläche schafft.

Warum müffelt Schweiß so?

Tut er gar nicht – zumindest nicht, wenn er frisch ist. Von Haus aus ist Schweiß geruchlos und besteht zu 99 Prozent aus Wasser – deshalb die nervig feuchten Flecken auf unseren Klamotten. Das letzte Prozent ist ein Potpourri aus verschiedenen Salzen, Zucker, Milchsäure, Harnstoff, Fettsäuren und vielem mehr.

Schuld an dem mitunter üblen Gestank sind die Bakterien, die sich auf unserer Haut tummeln. Verdunstet der Schweiß zu langsam, heißt es für sie Partytime: Als hätten die kleinen Schlingel monatelang nichts zu essen bekommen, stürzen sie sich auf die Fettsäure, Harnreste und Zuckerteilchen im Schweiß – Wasser und Salz lassen sie hingegen links liegen – und fangen an zu schlemmen. Während sie die Stoffe zersetzen, entsteht Buttersäure – und die stinkt.

Besonders kuschelig finden die Bakterien es übrigens unter den Achseln. Hier ist es dunkel und warm und in dem behaglichen Milieu lässt es sich prima auf den nächsten Festschmaus warten.

Was haben die Duftdrüsen mit dem Schwitzen zu tun?

Tatsächlich besitzen wir zwei Arten von Schweißdrüsen: Die sogenannten ekkrinen Drüsen sind – wie wir gerade gelernt haben – für die Wärmeregulation zuständig. Die legen los, wenn es draußen heiß ist oder wir uns körperlich auspowern. Daneben gibt es jedoch noch die apokrinen Drüsen, eine spezielle Form der Schweißdrüsen, die nichts mit der Regulation unserer Körpertemperatur zu tun haben – und die sind richtige Stinker.

Sie befinden sich in unserer Unterhaut (Subcutis) und treten nur im Bereich der Brustwarzen, der Achselhöhlen und im Genitalbereich auf. Hier haben sie es sich neben unseren Haarfollikeln – kleinen Bläschen, die unsere Haarwurzeln in der Haut verankern – gemütlich gemacht. Haben wir Angst, sind wir gestresst von der Arbeit oder einfach nur „a bit horney“ (engl. „geil“), sondern die Drüsen ein milchig-trübes Sekret ab, das vor allem mit Eiweißen und Fetten durchtränkt ist. An die Hautoberfläche gelangt die leicht zähe Flüssigkeit über den Haarschaft, wobei sie sich mit dem dort klebenden Talg vermischt. Außerdem sind in dem Schweiß einige pheromonähnliche Stoffe enthalten – und Pheromone sind Duftstoffe, die in der Nase kitzeln.

Die apokrinen Drüsen werden übrigens erst während der Pubertät aktiviert.

Wenn Schweiß gar nicht mehr aufhört zu fließen …

… steckt vermutlich eine Hyperhidrose (griech. ὑπέρ hypér „noch mehr, über“) dahinter, eine Krankheit, die die unkontrollierte Überproduktion von Schweiß bezeichnet. Experten sprechen von einer Hyperhidrose, wenn in einer unserer Achselhöhlen mehr als 100 Milligramm Schweiß innerhalb von fünf Minuten produziert werden. Je nachdem, wie ausgeprägt die Krankheit ist, lässt sie sich konservativ, etwa mit kalt-warmen Wechselduschen, oder mit Medikamenten behandeln. Hilft das alles nichts, können die Schweißdrüsen auch chirurgisch entfernt werden (siehe Text „Was bei krankhaftem Schwitzen hilft”).

Wenn der Schweiß gar nicht erst fließt…

… steckt vermutlich eine Anhidrose dahinter, also die Unfähigkeit zu schwitzen. Diese ist in der Regel die Folge einer Hauterkrankung, eines Diabetes oder einer Erbkrankheit (ektodermale Dysplasie oder Morbus Fabrys). Die Behandlung ist abhängig von der diagnostizierten Ursache.

Warum schwitzen wir im Alter weniger?

Weil auch unsere Schweißdrüsen mit den Jahren keine Lust mehr haben, so viel zu arbeiten, ausgelaugt sind und wie wir lieber in der Sonne chillen wollen. Das Ergebnis: Sie fahren ihre Produktion runter und wir müssen im Sommer verstärkt darauf achten, dass wir nicht überhitzen.

Regelmäßiger Sport, ein Gang in die Sauna oder der Genuss eines schön scharfen Chilis statt der abendlichen Packung Chips kann jedoch helfen, unsere Schweißdrüsen auf Trab zu halten.

Kann man Schwitzen tatsächlich trainieren?

Ja. Das sieht man auch an Spitzensportlern. Kommen wir Normalos auf gerade mal 500 Milliliter Schweiß pro Tag, schaffen sie es auf bis zu zwei Liter pro Stunde und beginnen auch im Alltag schneller zu schwitzen.

Einen ungewöhnlichen Weg zur Schweißerzeugung ging übrigens Heiko Maas. Für eine Fotoserie im SZ Magazin („Interview ohne Worte“) ließ sich unser für seinen stets tadellosen und modisch-gepflegten Auftritt bekannter Bundesjustizminister einen Schweißtropfen ans Kinn montieren. Und zwar einen künstlichen.