Nicht einmal ein Drittel der deutschen Arbeitgeber macht seinen Mitarbeitern Angebote zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Viele sehen es als Zukunftsthema, mit dem sie sich erst in einigen Jahren beschäftigen müssen. Dabei werden bereits heute mehr als 70 Prozent der Pflegebedürftigen durch – oftmals berufstätige – Angehörige versorgt.
Bereits heute wird ein Großteil der 2,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland von ihren Angehörigen zu Hause gepflegt. Rund zwei Drittel der Pflegenden gehen dabei weiter arbeiten. Damit wird die Pflege zunehmend zum Zweitberuf – eine Entwicklung, die in der Folge auch die Arbeitgeber betrifft. Doch nur die wenigsten interessieren sich dafür. Knapp 65 Prozent der Arbeitgeber sehen zwar Handlungsbedarf, aber noch nicht aktuell. Sie wollen erst in ein paar Jahren aktiv werden, wenn die Zahl der Pflegebedürftigen weiter gestiegen ist, so das Ergebnis einer repräsentativen Befragung der Arbeitsgruppe berufundfamilie der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung.
Studie
Die Umfrage wurde im Auftrag der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung vom Marktforschungsinstitut GfK durchgeführt. Befragt wurden 500 Arbeitgeber und Beschäftigte ab 35 Jahren.
Stefan Becker, Geschäftsführer von berufundfamilie, kann das nicht nachvollziehen. “Mit dieser Haltung verpassen die Arbeitgeber eine wichtige Chance, sich rechtzeitig für die Zukunft aufzustellen”, findet er. Zudem seien die Folgen der zunehmenden Belastung von Mitarbeitern durch Beruf und Pflege in vielen Unternehmen schon heute deutlich spürbar.
Bereits im Jahr 2011 hatte das “Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik” (FFP)* prognostiziert, dass Unternehmen, die ihren pflegenden Angestellten keine geeigneten Unterstützungsangebote anböten, mit durchschnittlichen Mehrausgaben von bis zu 14.000 Euro pro Mitarbeiter rechnen müssten.
Hauptkostentreiber seien dabei die erhöhten Fehlzeiten und Krankschreibungen sowie die sinkende Leistungsfähigkeit der Beschäftigten aufgrund der Doppelbelastung. “Alles Ausgaben, die ein Arbeitgeber vermeiden könnte, würde er sich mehr für die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter interessieren”, so Becker.