Tuberkulose ist in Deutschland selten geworden. Und damit, so stellen Experten fest, nimmt auch das Wissen über die Krankheit ab. Zehn Fragen und Antworten.
1. Was ist Tuberkulose?
Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien ausgelöst wird. Der Erreger heißt Mycobacterium tuberculosis. Tuberkulose ist mit Medikamenten heilbar. Unbehandelt kann die Krankheit tödlich verlaufen. Weltweit, besonders in armen Regionen der Erde, sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiter rund 1,5 Millionen Menschen pro Jahr – oft wegen fehlender oder schlechter medizinischer Versorgung. Problematisch ist nach Einschätzung von Fachleuten etwa die Lage in Teilen Afrikas, Osteuropas und Zentralasiens. Trotz aller Bemühungen, die Infektionskrankheit bei uns ganz zu besiegen, erkranken auch in Deutschland immer noch Menschen neu. Als Abkürzung für Tuberkulose sprechen manche kurz von „TB“ oder „TBC“.
2. Wie läuft die Ansteckung bei Tuberkulose?
In der Regel wird die Krankheit von Mensch zu Mensch übertragen. Bei der bekanntesten Form, der Lungentuberkulose, geschieht das etwa beim Husten oder Niesen. Feinste Tröpfchenkerne, die Erreger enthalten, gelangen in die Luft. Andere Menschen können sie einatmen. Allerdings braucht es für die Übertragung der Krankheit in der Regel eine größere Zahl von Erregern und eine längere Zeit des Kontakts zum Kranken. „Eine Ansteckung erfolgt nicht so leicht wie bei anderen über die Luft übertragbaren Krankheiten. Das Ansteckungsrisiko nach einmaligem kurzem Kontakt ist sehr gering“, sagt die Tuberkulose-Expertin Lena Fiebig von Robert Koch-Institut (RKI).
3. Welche Tuberkuloseformen gibt es?
Die Lungentuberkulose ist mit Abstand die häufigste Form. Die Krankheit kann aber auch andere Organe betreffen – etwa die Nieren, Lymphknoten, Knochen oder Gelenke. Wenn die Lunge nicht mitbetroffen ist, spielt die Übertragung über Luft keine Rolle – und es besteht kein oder nur ein geringes Übertragungsrisiko.
4. Wird jeder Infizierte krank?
Nein. Die WHO hat einmal geschätzt, dass weltweit rund jeder dritte Mensch den Erreger in sich trägt. Aber nur 5 bis 10 von 100 Infizierten würden im Laufe ihres Lebens überhaupt krank.
Solange die Infizierten gesund bleiben, spricht man von einer latenten tuberkulösen Infektion. Dabei wird der Erreger von der Abwehr des Körpers erfolgreich bekämpft und unter Kontrolle gehalten. Der Mensch ist nicht ansteckend. Schreitet die Infektion voran, kann es zur „geschlossenen“ Lungentuberkulose kommen. Das ist eine Erkrankung mit Entzündungsherd in der Lunge, der aber keinen Anschluss an die Atemwege besitzt. Auch diese Form ist nicht ansteckend. Gefährlich für andere ist dagegen die Form, die man „offene“ Tuberkulose nennt – also bei der Bakterien in die Luft entweichen.
Tuberkulose in Deutschland
Die Zahl der Tuberkulosefälle hat sich 2015 in Deutschland deutlich erhöht. Ein erheblicher Teil des Anstiegs geht darauf zurück, dass Gesundheitsämter wegen der großen Flüchtlingszahlen mehr Reihenuntersuchungen machten und so mehr Kranke aufspürten. Das zeigen Zahlen des für Infektionskrankheiten zuständigen Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin. Danach verdreifachte sich die Zahl der Erkrankungen, die bei Untersuchungen von Asylsuchenden im Zuge der Aufnahme in Unterkünfte entdeckt wurde. Das RKI registrierte hier rund 1250 Fälle (Stichtag: 1. März 2016). 2014 waren es gut 400 gewesen. Die Zahl der Erkrankungen insgesamt kletterte in Deutschland um rund 30 Prozent im Vergleich zu 2014 auf über 5850 (Stichtag: 1. März). Experten gehen trotzdem weiter davon aus, dass das Ansteckungsrisiko für Tuberkulose in der Allgemeinbevölkerung sehr gering bleibt.
„Bei uns ist die Tuberkulose eine sehr seltene Krankheit. Sie wird in absehbarer Zeit auch durch den Zuzug von Migranten nicht zu einer häufigen Infektionskrankheit in Deutschland werden“, sagte der Tuberkulose-Forscher Professor Christoph Lange vom Forschungszentrum Borstel in Schleswig-Holstein. Das RKI hatte bereits im Oktober festgestellt, dass der hierzulande langjährig rückläufige Trend für Tuberkulose beendet sei. Schon 2013 und 2014 waren die Gesamtwerte leicht gestiegen.
5. Was gibt es für Besonderheiten bei Kindern?
Kinder sind besonders gefährdet, aber zugleich in der Regel für andere weniger ansteckend: „Sie sind empfänglicher für eine Infektion und haben ein erhöhtes Risiko, zeitnah nach einer Infektion eine aktive Tuberkulose zu entwickeln und schwer zu erkranken“, erläutert RKI-Expertin Lena Fiebig. „Wegen ihres schwächeren Hustenstoßes und einer geringeren Erregerzahl geht von Kindern ein geringeres Ansteckungsrisiko aus.“ Sorgen macht Ärzten oft, dass man die Tuberkulose bei Kindern schlechter als bei Erwachsenen erkennt, da die Symptome oft weniger eindeutig sind.
6. Welche Methoden zum Erkennen der Krankheit gibt es?
Häufig kommen Patienten mit typischen Anzeichen einer fortgeschrittenen Krankheit zum Arzt: etwa mit lange andauerndem Husten, vor allem mit Auswurf, nächtlichem Schweiß und Gewichtsverlust. Ein anderer Weg: Die Gesundheitsämter suchen aktiv nach der Krankheit in Risikogruppen, etwa bei Menschen, die Kontakt zu TB-Kranken hatten, und bei Asylsuchenden.
Bei dem Versuch, eine Tuberkulose wirklich zu finden, helfen verschiedene Checks. Zentral ist das Röntgen der Lunge. Außerdem gibt es den Nachweis der Bakterien im Auswurf mit dem Mikroskop. Und mit Hilfe des Anzüchtens der Erreger – dabei wird über mehrere Wochen eine Kultur angelegt. Weitere Verfahren sind ein Hauttest (Tuberkulin-Hauttest) und ein Bluttest, der Interferon-Gamma-Test. Beide messen eine Immunreaktion auf den Erreger. Sie können aber nicht unterscheiden, ob ein Mensch nur infiziert oder an einer Tuberkulose erkrankt ist.
7. Wann und wo wurde die Tuberkulose entdeckt?
Der deutsche Mediziner und Nobelpreisträger Robert Koch (1843-1910) wies den Erreger nach und hielt darüber am 24. März 1882 einen Vortrag. Dieser Tag ist heute Welttuberkulosetag. Damals war die Infektion in Europa noch eine Volkskrankheit.
8. Wie wird behandelt?
Tuberkulose wird in der Regel mit einer Kombination aus mindestens vier Antibiotika behandelt, von denen zwei über mindestens sechs Monate eingenommen werden müssen. Anfangs kommen die Kranken in die Klinik, später werden sie daheim betreut. Zwei bis drei Wochen nach Beginn einer Therapie sind die Patienten meist nicht mehr ansteckend. Eine unvollständige oder zu kurze Einnahme der Medikamente ist gefährlich. Sie kann bewirken, dass die Erreger unempfindlich gegen diese Mittel werden – eine Multiresistenz kann entstehen.
9. Was ist anders bei multiresistenter Tuberkulose?
Bei multiresistenter Tuberkulose wirken die beiden wichtigsten Medikamente, die Ärzte in der Therapie einsetzen, nicht mehr. Die Bakterien sind widerstandsfähig dagegen. Dies macht die Behandlung länger und schwieriger. RKI-Expertin Lena Fiebig erläutert: „Diese Patienten müssen besonders gut während der Therapie begleitet werden. Die Therapie dauert meist bis zu zwei Jahre, teilweise sogar länger. Eine multiresistente Tuberkulose ist schwerer behandelbar, und die Therapie kann mit mehr unerwünschten Arzneimittelwirkungen einhergehen.“
10. Was kostet die Behandlung?
Weil Tuberkulosefälle sehr unterschiedlich sind, können die Kosten für Krankenhaus, Medikamente und Betreuung stark auseinandergehen. Die Behandlung eines normalen Falls kann nach Expertenanalysen mehrere Tausend Euro kosten. Bei einer multiresistenten Form werden es schnell mehrere Zehntausend Euro oder mehr.
Von Petra Kaminsky (dpa)