Schluckauf

Schluckauf

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Am Niederrhein heißt er „Hickepick“, in Österreich und Bayern der „Schnackerl“ und Schweizer nennen ihn den „Gluggsi“. Von wem wir reden? Vom Schluckauf. Doch wozu braucht unser Körper diesen seltsamen Atemreflex eigentlich?

Ehrlich gesagt für gar nichts – zumindest nicht, wenn wir die ersten paar Lebensmonate hinter uns gebracht haben. Im Mutterleib könnte der Schluckauf (lat. singultus „Schluchzen“, „Röcheln“) tatsächlich geholfen haben, das Atmen zu trainieren und die Lunge vor dem Eindringen von Fruchtwasser zu schützen; nach der Geburt sorgt der Reflex dafür, dass keine Milch in die Lunge gelangt. Ungeborene hicksen daher täglich und auch Neugeborene beschäftigen sich rund 2,5 Prozent ihrer Zeit mit dem Glucksgeschäft. Für Erwachsene ist die Hickserei jedoch vor allem eines: nervig.

Wie kommt es zum Schluckauf?

Schuld am Gluggsi ist unser Zwerchfell. Die kugelförmige Muskelplatte trennt Brust- und Bauchhöhle voneinander und sorgt dafür, dass unsere Atmung funktioniert – hierfür braucht das Zwerchfell allerdings Entspannung.

Beim Schluckauf scheint dem Muskel allerdings eine Laus über eine seiner vielen Sehnenfasern zu flitzen und seine innere Ruhe zu stören. Das Ergebnis: Das Zwerchfell verkrampft. Aus Reflex atmen wir tief ein, die Stimmritze (Kehldeckel) schließt sich und die nun einströmende neue Luft prallt auf den geschlossenen Kehldeckel. Durch diese Kollision entsteht das typische „Hicks“-Geräusch.

Schluckauf auf Chinesisch

Eine ganz poetische Umschreibung für unser Hicksen fanden übrigens die Chinesen. Der Volksmund bezeichnet ihn hier als „Das Fell des Bauches spielt das Spiel der tanzenden Wogen.“

Warum zieht sich das Zwerchfell zusammen?

Gesteuert wird der sensible Muskel vom sogenannten Nervus phrenicus, dem Zwerchfellnerven. Manchmal mischt sich auch der Nervus vagus, der unter anderem für die Verdauung zuständig ist, in das Spiel mit ein. Beide Nerven verlaufen vom Hirnstamm in Richtung Bauchraum und lassen sich durch äußere Reize stimulieren – etwa durch Alkohol, Nikotin, zu viel Kohlensäure, eiskaltes oder zu schnelles Essen. Was genau die beiden Nerven dazu veranlasst, das Zwerchfell aus dem Takt zu bringen, darüber wird unter Wissenschaftlern noch diskutiert.

Es gibt aber auch Krankheiten, die unser Zwerchfell zum Hicksen einladen, etwa chronisches Sodbrennen oder ein Magengeschwür. Auch eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder des Kehlkopfes können zu Schluckauf führen. In der Regel ist der Gluggsi allerdings harmlos und hat keine krankhaften Ursachen.

Was hilft gegen chronischen Schluckauf?

Gegen chronischen Schluckauf helfen in der Regel muskelentspannende Medikamente. Alternativ oder ergänzend wird Betroffenen oft ein Atemtraining oder eine Verhaltenstherapie empfohlen. Hier sollen sie lernen zu entspannen und ihr Zwerchfell wieder unter Kontrolle zu bringen.

Wie kann ich das Hicksen stoppen?

Die Luft anhalten, mit Wasser gurgeln und sich etwas in die Nase stecken, dass diese zum Niesen bringt – das empfahl zumindest der griechische Komödiendichter Aristophanes vor gut 2400 Jahren. Das Niesen, so die Hoffnung, sollte den Menschen vom Schluckauf heilen.

Bis heute haben sich die Methoden, die dem Schluckauf ein Ende bereiten, glücklicherweise weiterentwickelt. Mittlerweile raten Experten zur sogenannten “Supra-supramaximale-Einatmung”, einer Art Schnappatmung. Das heißt: Tief einatmen, die Luft zehn Sekunden anhalten, noch ein wenig mehr einatmen, fünf Sekunden halten – wer jetzt schon blau anläuft, hat ein Problem, denn es geht noch weiter –, ein drittes Mal einatmen und weitere fünf Sekunden warten. Der Sinn des Ganzen: Der Hicksende wird abgelenkt, beruhigt sich und das Zwerchfell kann sich wieder entspannen.

Mit dem Prinzip Ablenkung operieren auch die klassischen Hausmittel. Hier reichen die Ratschläge vom schnöden Wassertrinken bis hin zu der Empfehlung, an sieben Männer mit Glatze zu denken. Was das Hickskonzert ebenfalls beenden soll, ist Sex – das legt zumindest eine Veröffentlichung des kanadischen Fachblattes „Canadian Family Physician“ (CFP) nahe. Ob man dem Fallbericht trauen will, ist jedoch jedem selbst überlassen.

Wie lange ist hicksen noch normal?

Oft dauert der Schluckauf nur wenige Minuten. Aber auch ein 48-Stunden-Gluggskonzert gilt noch als normal. Wenn der Singultus allerdings länger als zwei Tage anhält oder häufig wiederkehrt, handelt es sich um einen chronischen Schluckauf – dann ist ein Arztbesuch fällig. Schluckauf-Weltrekordhalter ist laut Guinness Buch der Rekorde übrigens Charles Osborne. Der Amerikaner hickste sich angeblich 68 Jahre lang durch sein Leben – Sex hat ihm offenbar nicht geholfen.