Abführmittel

© dpa - Report

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Mehrere 100 Millionen Euro geben Deutsche jährlich für Abführmittel aus. Die einen nehmen sie gegen Verstopfungen, die anderen, um Gewicht zu verlieren oder zur Entschlackung. In beiden Fällen sollte man den Gebrauch jedoch nicht übertreiben.

Abführmittel kennt jeder. Egal ob als synthetisches Präparat aus der Apotheke oder als natürliches Produkt aus dem Reformhaus oder dem Supermarkt: Alles was abführend wirkt, kann auch als solches bezeichnet werden. Im Fachjargon nennt man Abführmittel übrigens auch Laxanzien oder Laxativa (lat. laxativum, „lockern“).

Wie hoch der Verbrauch von Abführmitteln tatsächlich ist, bleibt offen. In der Apotheke sind die Präparate nicht rezeptpflichtig. Jeder, der eine Abführtablette haben will, bekommt sie. Auch im Supermarkt lässt sich schwerlich feststellen, ob der Mann an der Kasse seine 500 Gramm Trockenpflaumen verteilt über einen Monat isst, oder ob er sie innerhalb weniger Stunden verschlingt und dann auf die Toilette rennt. Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass wir Deutschen recht häufig zum Abführmittel greifen – vielleicht sogar etwas zu häufig: Bei Frauen soll es fast jede dritte sein; bei älteren Menschen dürften es sogar noch mehr sein. Die Verdauung läuft bei jedem Menschen unterschiedlich – bei Älteren ist sie jedoch oft verlangsamt und lässt die Darmentleerung mitunter ein paar Tage länger auf sich warten.

Abführmittel … Wer genau bist Du jetzt?

Als Abführmittel lässt sich im Grunde jeder Stoff bezeichnen, der zur Volumen- oder Häufigkeitszunahme des Stuhlgangs führt. Schon Ballaststoffe können, da unser Dünndarm sie nicht spalten kann, bei übermäßigem Verzehr abführend wirken. Vollkornprodukte würde zwar niemand ernsthaft zu den Laxanzien zählen, doch tatsächlich sind die Grenzen zwischen verdauungsanregendem Nahrungsmittel und Abführmittel fließend.

Ähnliches gilt für den Verzehr von Leinsamen, Weizenkleie, indischen Flohsamenschalen oder Milchzucker – isst man von ihnen (zu) viel, treibt es einen bald zur Toilette. Auch eine gezielte Einnahme von Karlsbader-, Bitter- oder Glaubersalzen wirkt abführend. Die Salze gehören zu den sogenannten Osmolaxanzien. Anders als Ballaststoffe sind sie stark hydrophil (altgriech.  ὕδωρ hýdor, „Wasser“ und φίλος phílos, liebend“). Das bedeutet: Sie binden das Wasser im Darm und fördern dadurch den Stuhlgang.

Nach einem anderen Prinzip funktionieren Faulbaumrinde, Rhabarberwurzel und Sennesblätter. Bei ihnen sind es die Anthrachinone, ein Naturstoff, der nicht künstlich hergestellt werden muss, die abführend wirken. Auf der einen Seite hemmen sie die Wasseraufnahme des Darms, auf der anderen stimulieren sie seine Muskulatur. Beides zusammen lockert den Stuhl.

Lange Zeit wurde auch Rizinusöl gerne als Abführmittel verwendet. Von diesem Öl raten Experten inzwischen jedoch ab – Nebenwirkungen wie Magen- und Darmkrämpfe seien einfach zu häufig.

Verstopfung … aber woher?

Verstopfungen können verschiedene Ursachen haben. Der häufigste Grund ist ein ungesunder Lebensstil: Zu wenig Bewegung, eine schlechte Ernährung, zu wenig Wasser, schon wird der Darm träge und kann der Stuhlgang verhärten. Ältere Menschen, die oft zu wenig trinken oder aufgrund von Krankheiten viel liegen müssen, sind daher besonders anfällig für eine erschwerte und zu seltene Darmentleerung. Dauern die Verstopfungen zu lange an, verursachen sie Beschwerden im Unterbauch. Es bilden sich Divertikel, die man sich am besten als Aussackungen der Darmwand vorstellt, und der Darm entzündet sich. Der Gebrauch von Abführmitteln kann zwar helfen, Entzündungen und Divertikeln zu verhindern. Langfristig kann der Darm jedoch nur durch eine gezielte Ernährungs- und Lebensumstellung wieder in Schwung gebracht werden.

Neben Lebensstilfaktoren gibt es auch Medikamentengruppen, die bei längerer Einnahme zu Verstopfungen führen können, beispielsweise bei bestimmten Psychopharmaka und Antiepileptika. Hier kann die Einnahme eines Abführmittels in der Tat notwendig sein, um die Beschwerden zu lindern. Treten solche Nebenwirkungen auf, sollten die Betroffenen jedoch mit ihren Arzt sprechen.

Verstopfungen können aber auch psychische Gründe haben: So manchem fällt es schwer, auf Reisen eine fremde Toilette zu benutzen, oder er kneift beim ersten Urlaub mit dem Freund aus Schamgefühl die Pobacken zu lange zusammen. Staut sich der Stuhlgang jetzt auf und wird fest, kann das Pressen ohne ein lösendes Mittel schmerzhaft werden. Da hilft nur locker lassen – und zwar bevor sich „die Fronten“ verhärten.

Abführmittel zur Reinigung und Diät?

In Deutschland werden Abführmittel jedoch nicht nur zur Behandlung von Verstopfungen eingesetzt, häufig dienen sie auch der „Reinigung“ und Entschlackung. Eine Anwendung, die unter Experten umstritten ist, da sie neben dem „Säubern“ auch wichtige Bakterien aus der Darmflora spült. Wertvolle Mikroorganismen, die vor krankheitserregenden Keimen schützen, werden dem Körper entzogen.

Daneben gibt es immer wieder Menschen, allen voran Frauen, die Abführmittel zum Abnehmen benutzen. Eine Methode, die schon rein physiologisch nicht funktioniert. Was bei der Prozedur verloren geht, sind Wasser, wichtige Nährstoffe und der Darminhalt. Das Fettgewebe wird jedoch nicht angegriffen. Auch wenn die Waage kurzzeitig etwas anderes behauptet: Die Kilos bleiben.

Niemals an Abführmittel gewöhnen!

Ungesund wird es, wenn die Einnahme von Abführmitteln zur Gewohnheit wird. Hierdurch verliert der Körper wichtige Mineralien wie Kalium und Natrium, der Elektrolythaushalt gerät aus dem Gleichgewicht und im schlimmsten Fall können sogar Herz-Rhythmus-Störungen auftreten. Daneben kann ein zu langer Gebrauch zu chronischen Entzündungen der Darmschleimhaut führen und die Entwicklung eines Reizdarmsyndroms begünstigen. Ein anderes Risiko ist, dass sich der Körper, allen voran der Schließmuskel, an das abführende Hilfsmittel gewöhnt und es irgendwann nicht mehr ohne geht. Deshalb gilt: Länger als 14 Tage sollte niemand ein Abführmittel einnehmen – so steht es auch auf den meisten Beipackzetteln.

Weiterhin ist zu beachten: Die Einnahme von Abführmitteln kann die Wirkung von Medikamenten verringern. Gerade ältere und chronisch kranke Menschen, die auf die zuverlässige Wirkung ihrer Arznei angewiesen sind, müssen dies bei der Einnahme bedenken. Das Gleiche gilt für Frauen, die mit der Pille verhüten: Auch ihre Wirkung kann durch das Abführmittel außer Kraft gesetzt werden!

Was bleibt jetzt noch zu sagen?

Abführmittel sind nicht gefährlich. Allerdings sollte man auf die Dosierung achten und sie nicht all zu regelmäßig einnehmen. Abführmittel können zwar das Symptom lindern – die Ursache der Verstopfung behandeln sie jedoch nicht. Auch sollte man sich lieber zweimal fragen, ob man das Abführmittel wirklich braucht. Oft kommt der Darm nach drei bis vier Tagen von ganz allein wieder in Schwung und hilft es die Ernährung umzustellen.