Ob Zahnbürste mit Griffbügel oder Mini-Webcam an der Brille – für Menschen mit Behinderung gibt es immer mehr Hilfsmittel, die das Leben leichter machen. Die Messe Rehacare zeigt neueste Alltagshelfer.
Für Menschen mit Handicap gibt es heutzutage zum Teil verblüffend einfache Hilfsmittel, die den Alltag erleichtern. Aber auch Computer, Smartphone und Apps sind auf dem wachsenden Markt für Pflege und Rehabilitation nicht mehr wegzudenken. Die internationale Messe Rehacare in Düsseldorf stellt bis Samstag neueste Hilfsmittel für junge und alte Menschen vor. Einige Beispiele für praktische Alltagshelfer:
1. Die Vorleserin an der Brille
Sie liest Zeitung und Bücher vor, erkennt Gesichter und die Verpackung des Lieblingstees. Zwölf Gramm wiegt die Mini-Webcam mit Lautsprecher, die an der Brille befestigt wird. Mit dem Finger zeigt ein sehbehinderter Mensch auf einen Artikel oder eine Buchseite, und schon fängt eine Frauenstimme an vorzulesen.
Die OrCam-Lesehilfe ist über ein Kabel mit einem Handsteuergerät so groß wie eine Fernbedienung verbunden. In einer Entfernung bis zu drei Metern kann die Kamera zuvor gespeicherte Gesichter erkennen und sagt den Namen der Person. Bis zu 50 Meter Entfernung liest sie auch Schilder. Im Supermarkt kann die Minikamera bis zu 150 zuvor gespeicherte Produkte erkennen. Das 4200 Euro teure Gerät der Stuttgarter Firma Help Tech ist seit August auf dem Markt.
2. Design-Rollator
Gehhilfen müssen nicht kastig, unhandlich und schwarz sein, sie dürfen auch erdbeerrot und aerodynamisch daherrollen. Aus dem Hightech-Material Carbon, das auch im Flugzeugbau und Rennsport zum Einsatz kommt, ist ein neuer Leicht-Rollator gefertigt. Das 4,5 Kilo schwere Gerät ist von weitem kaum als Gehhilfe zu erkennen und soll nach Angaben der Hersteller dazu beitragen, die Nutzung von Rollatoren zu „entstigmatisieren“. Die Griffe stehen nach vorn, damit der Nutzer beim Gehen keinen Buckel macht. Der Carbon-Rollator der Firma TOPRO ist ab Oktober im Fachhandel für 569 Euro erhältlich.
3. Bagger für Rollstuhlfahrer
Wer etwa nach einem Unfall im Rollstuhl sitzt, kann unter bestimmten Bedingungen künftig trotzdem im Gartenbau oder in der Landwirtschaft arbeiten. Ein finnischer Baumaschinenhersteller hat einen Multifunktionslader behindertengerecht umgebaut. Der Rollstuhl wird hydraulisch auf Höhe des Fahrersitzes gehievt, ohne Hilfe kann der Nutzer umsteigen. Sein Rollstuhl kann huckepack mitfahren. Gesteuert wir die Maschine mit einem Joystick oder Fußsteuerung. Der rund 20 000 Euro teure Multifunktionslader kann nach Angaben der Hersteller mit rund 40 Anbaugeräten ausgestattet werden – von der Baggerschaufel bis zum Rasenmäher.
4. Essroboter
Der Roboterarm mit angestecktem Plastiklöffel nimmt Kartoffeln und Erbsen vom Teller und bugsiert das Essen vorsichtig zum Mund des hilfsbedürftigen Menschen. Ist das die Zukunft der Pflege etwa im Heim, wo die Pflegezeit in Minuten gemessen wird? Der Roboter „iEat“ kann von der pflegebedürftigen Person eigenhändig per Knopfdruck gesteuert werden, aber auch automatisch füttern.
Arthur Blom, Geschäftsführer der niederländischen Firma Assistive Innovations, räumt ein: „Einige Leute mögen den Roboter überhaupt nicht, aber andere finden ihn gut.“ So könne ein Familienmitglied bei der häuslichen Pflege gleichzeitig seine Mahlzeit einnehmen, während der Roboter den Partner füttere. Im Pflegeheim könne ein alter Mensch außerdem selbst entscheiden, ob er schnell oder langsam essen wolle und den Roboter entsprechend einstellen. Damit sei er nicht mehr von möglicherweise gestressten Pflegern abhängig. Der 4900 Euro teure Roboterarm ist seit April auf dem Markt.
5. Zahnbürste mit Griffbügel
Manchmal sind es ganz einfache Dinge, die helfen, den Alltag mit Behinderung zu meistern. So kann ein simpler Bügel an der elektrischen Zahnbürste Menschen mit Greifproblemen – etwa nach einem Schlaganfall – wieder die tägliche Mundhygiene ermöglichen. Die Hand wird unter den Bügel geschoben – die Zahnbürste kann nicht mehr wegrutschen. Der Griffbügel lässt sich um die Zahnbürste drehen, so dass man mit dem Bürstenkopf überall hinkommt. Die „t.brush“ der Firma Gripability ist allerdings noch in der Entwicklung und hat noch keinen Preis.
Von Dorothea Hülsmeier (dpa)